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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell
Autoren: Rebecca Hunt
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davonzuschlingern.
    Der Garten, ein schmales Handtuch, das so geblieben war, wie Michael es hinterlassen hatte, war mit liebevollem Eifer zur Üppigkeit gezwungen worden. In der Sommersonne strotzend und von Blumen überquellend, sah er aus wie ein aufgeplatzter Koffer. Birken wuchsen an einem Teich, in dem große rote Goldfische durch die Wasseroberfläche stießen und nach Insekten schnappten. Mr. Chartwell beobachtete sie mit gierigem Blick, die Ohren auf ihr Treiben gespitzt.
    Esther ließ sich auf der Bank nieder. Sie lehnte sich zurück, Staub von der Küchenfensterbank auf den Haaren, und trank. Der Wein war warm und widerlich süß, der reinste Sirup, aber ihr kam er recht. Sie schenkte sich nach.
    Mr. Chartwell war mit dem Studieren der Fische fertig und ging sich das Treibhaus anschauen, das im Durchgang an einer Hausseite versteckt war. Tomaten und Zucchini reiften darin, Blätter drückten an die Scheiben.
    »Schöne Tomaten«, sagte Mr. Chartwell.
    »Danke. Die habe ich selbst gezogen«, erklärte Esther, als ob sich das nicht von selbst verstände.
    »Was machen Sie mit ihnen?«, fragte Mr. Chartwell.
    »Ich weiß nicht. Essen, nehme ich an«, sagte Esther.
    »Genau«,sagteMr.Chartwell,alswäredaseinegroßeNeuigkeit.»IchweißeintollesChutneyrezept.VielleichtmöchtenSieeshaben?«
    Esther mochte es nicht haben. Sie wollte kein Rezept haben, das ihr ein Hund empfahl. Um ihn nur ja nicht zu kränken, lächelte sie schwach. »Danke. Das wäre schön.«
    »Ich weiß auch ein phantastisches Marmeladenrezept«, sagte Mr. Chartwell, als er die Erdbeerpflanzen erspähte, und kicherte im Voraus über den Witz, der ihm schon auf der Zunge lag. »Meine Marmelade ist überhaupt der Gipfel der Einmachkunst, man kann sie gar nicht genug loben. Ich sollte Ihnen ein Glas mitbringen, damit sie es aller Welt aufs Brot schmieren können … « Seine Schultern zuckten, als er sich glucksend von ihr abwandte.
    Dann trat er an die Bank.
    Esther erstarrte. Wollte er sich etwa neben sie setzen? Die Vorstellung war entsetzlich. Sie biss sich vor Schreck in die Backe und wäre am liebsten aufgesprungen. Sie dachte hastig mehrere Ausreden an, alle nicht zu gebrauchen, und merkte schockiert, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.
    Ihre Sorgen waren unbegründet. Mr. Chartwell stellte sein Weinglas ab und ließ sich auf alle viere fallen. Vor der Bank war ein langer kahler Streifen, wo das Gras abgewetzt und die Erde ausgetrocknet war. Er drehte sich ein paarmal auf dieser Fläche herum, scharrte ein wenig und kippte dann mit ausgestreckten Beinen auf die Seite. Die graslose Kuhle hatte genau die richtige Größe.
    »Ah, wie entspannend, hier auf dem Rasen zu liegen«, sagte er mit tiefer Befriedigung und schlug dabei mit dem Schwanz. Es gab ein Geräusch, wie wenn ein Hockeyschläger auf den Boden drischt. Er nahm sein Weinglas. Die fingerlose Pfote konnte den Stiel problemlos greifen, aber sein kastenartiges Maul mit den unbeweglichen Lippen machte es problematisch, daraus zu trinken. Der Wein wollte ihm beiderseits übers Gesicht strömen. Nach jedem Schluck musste er heftig mit den Kiefern arbeiten, um den Wein im Maul zu behalten, was ein ungehöriges Schmatzen erzeugte. Tröpfchen sprühten in die Luft, einige auf Esthers Füße.
    Sie lauschten dem Zanken der Vögel.
    »Haben Sie noch einmal darüber nachgedacht, was wir heute Morgen besprochen haben?«, fragte Mr. Chartwell.
    »Ich habe sogar sehr viel darüber nachgedacht«, antwortete Esther.
    »Und sind Sie zu einem Entschluss gekommen?«
    Esther nahm einen langsamen, zögernden Schluck Wein. »Nein, bin ich nicht.«
    »Aha«, sagte Mr. Chartwell in einem Ton, der zu verstehen gab, dass dies eine ungemein unbefriedigende Antwort war. »Weil ich nämlich die Frage meiner Unterkunft unbedingt schnellstmöglich klären muss.«
    »Haben Sie sich noch andere Zimmer angeschaut? In anderen Häusern?«, fragte Esther.
    »Ein paar, aber keines war so günstig wie dieses.«
    Mr. Chartwell wälzte eine Pfote im Staub, während er die Sache erklärte. »Was den Weg zur Arbeit betrifft, ist Ihr Haus unschlagbar günstig gelegen. Fünfzig Minuten von Haustür zu Haustür.« Er legte den Kopf auf den Boden, so dass sein Gesicht halb verborgen war. Das noch zu sehende Auge richtete sich auf Esther.
    Sie gab ein nachdenkliches Brummen von sich. »Und Sie sagen, es ist nur für wenige Tage? Danach ziehen Sie wieder aus?«
    »Wahrscheinlich.« Mr. Chartwell gähnte, wobei seiner Kehle ein
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