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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell
Autoren: Rebecca Hunt
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hoher tierischer Quietschton entwich.
    »Gut«, sagte Esther. Ein Fisch schnappte sich platschend einen Käfer.
    Sie versuchte, mehr aus Mr. Chartwell herauszuholen. »Und an wie viele Tage denken Sie so?«
    »Weiß nicht«, sagte Mr. Chartwell.
    »Und der Grund ist Ihre Arbeit?«
    »So ist es«, sagte er.
    »Und Sie zahlen mir eintausend Pfund?«
    »So ist es.«
    »Unabhängig davon, wie lange Sie bleiben, zahlen Sie mir eintausend Pfund?«
    »Richtig.«
    »Das ist allerdings viel Geld … «
    »Allerdings.« Er unterzog etwas im Gras einem prüfenden Lecken.
    Esther versuchte ihm eine Brücke zu bauen. »Ihre Tätigkeit muss außerordentlich einträglich sein … «
    Mr. Chartwell leckte unverdrossen weiter.
    Esther wartete, doch er dachte offenbar gar nicht daran, damit aufzuhören. Seine Hinhaltetaktik machte sie wütend. Das war Absicht, dass er ihr nicht antwortete! Na warte, Freundchen, damit kommst du nicht durch! Sie beugte sich vor, auf die Knie gestützt. »Mr. Chartwell, bei allem Respekt, aber ich weiß nicht das Geringste über Sie. Meinen Sie nicht, ich sollte etwas mehr über Sie wissen, wenn Sie hier einziehen wollen?«
    »Ach, Sie wollen mehr über mich wissen?«, sagte Mr. Chartwell und ließ die Zunge heraushängen. »Na schön, ich mag keine Rote Beete.«
    »Aha«, entgegnete Esther leicht angesäuert. »Und das Übrige? Was ist mit allem Übrigen? Sie haben mir nicht gesagt, was Sie beruflich machen, wie Sie mit Vornamen heißen, was Sie hier treiben, gar nichts. Ich weiß nicht einmal, was Sie für ein Wesen sind. Ich finde, Sie sind mir eine Erklärung schuldig.«
    Mr. Chartwell setzte eine Miene höchstgradiger Geringschätzung auf. »Ihrer Meinung nach können Sie als Vermieterin also von mir verlangen, dass ich Ihnen meine gesamten Lebensumstände offenlege?«
    Verunsichert von seinem Angriff, sagte Esther: »Ich finde es nicht so furchtbar, Sie danach zu fragen. Ich finde, jeder an meiner Stelle wäre – «
    »Und kann ich dann erwarten, dass Sie mir im Gegenzug alles über sich erzählen?«, unterbrach Mr. Chartwell.
    »Wieso das denn?«
    Er sah ihr ins Gesicht.
    Esther zuckte die Achseln. »Ich denke schon.«
    »Sie werden mir ehrlich von Ihrem Leben erzählen?«
    »Es ist kein Geheimnis«, sagte sie. Aber es war eines.
    Mr. Chartwells borstige Augenbrauen zuckten, während er sich das durch den Kopf gehen ließ. Eigentlich waren es weniger Augenbrauen als daumenabdruckgroße Büschelchen über den Augen, aber ihre mimische Wirkung war dieselbe. Ein Marienkäfer landete auf seinem Schenkel, und das Bein trat unwillkürlich aus.
    »Na schön«, sagte er schließlich. »Normalerweise tue ich das nicht, aber ich kann in diesem Fall eine Ausnahme machen, unter der Bedingung, dass Sie diese Informationen streng vertraulich behandeln.«
    »Selbstverständlich«, sagte Esther. Sie spürte, dass er sie abermals musterte, und statt seinem Blick zu begegnen, tat sie so, als wäre etwas mit ihrem Wein nicht in Ordnung, tauchte den Finger ein, um eine imaginäre Fliege zu entfernen, und besah sich das Glas dann abermals von allen Seiten.
    Mit einem Knurren rappelte sich Mr. Chartwell auf. Er stellte sich diesmal nicht auf die Hinterbeine, sondern zog es vor, einfach auf allen vieren zu laufen. Er konnte zwar problemlos auf zwei Beinen gehen, doch es sah plump aus, als hätten ihn unsichtbare Hände unter den Armen gefasst. Esther musste dabei an ein Kind denken, das eine Katze hochhielt, damit sie auf den Hinterpfoten tanzte.
    Sie folgte ihm. »Möchten Sie nicht lieber draußen bleiben? Es ist doch noch warm.«
    Mr. Chartwell drehte ihr sein Profil zu. »Ich kann nicht riskieren, dass jemand mithört.« Er langte nach oben, drehte den Türknauf, und als er hineinging, füllte er den Türrahmen aus.

8
    19 Uhr 30
    M r. Chartwell quetschte sich auf einen Holzstuhl an dem resopalbeschichteten taubenblauen Tisch. Der Holzstuhl ächzte und knarrte unter seinem Gewicht. Die gelbe Küchenwand in seinem Rücken war ein passender Hintergrund zu seinem pechschwarzen Fell. Mit hypernervös verkrampfter Haltung setzte sich Esther ihm gegenüber. Seine Einwilligung, Auskunft zu geben, hatte eine geradezu elektrische Atmosphäre im Raum geschaffen. Doch während die Spannung Esther zu schaffen machte, war Mr. Chartwell still wie ein in tiefe Kontemplation versunkener Mönch.
    Um nicht von Hunger abgelenkt zu werden, hatte Esther eine Käseplatte mit Kräckern hingestellt. Sie war noch unberührt. Unter dem
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