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Morpheus #2

Morpheus #2

Titel: Morpheus #2
Autoren: Jilliane Hoffman
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Papierkram für eine Nutte, die ein überlasteter, übellauniger Richter am nächsten Morgen ohnehin wieder laufen ließ.
    «Knast – nein danke, du Scheißlatino», murmelte sie mit halb geschlossenen Lidern. Sie stolperte auf die Straße, wo sie von einem vorbeirasenden Mus-tang nur knapp verfehlt wurde. Auf das Reifenquiet-schen folgten lautes Hupen und eine Kanonade von Kraftausdrücken.

    «Leck mich am Arsch!», schrie die Nutte noch einmal über die Schulter und wankte endlich davon.
    Als Chavez der torkelnden Gestalt hinterhersah, begann das kleine Funkgerät an seiner Schulter zu knistern. «Alpha 816. Achtunddreißig, fünfunddrei-
    ßig, mit Messer in Seitengasse, Nordost, 79. Straße und Biarritz Drive, hinter der Atlantic Cable Company. Männlicher Weißer, Mitte fünfzig, grauer Bart.
    Beschwerde wegen Ruhestörung.»
    Achtunddreißig stand für eine verdächtige Person. Fünfunddreißig stand für betrunken. Beide zusammen ergaben den politisch korrekten Polizeico-de für einen Obdachlosen. Es stand für Abschaum, und das hieß, dass sie Victor Chavez hinschickten.
    Victor dachte darüber nach, was aus seinem Alltag geworden war. Langweilige Drecksarbeit. Er scheuchte Nutten von der Straße, Junkies zurück in ihre Löcher, Penner auf die nächste Parkbank. Und wenn er damit fertig war, durfte er einen Ehemann von seiner Frau wegzerren, die der gerade zu Brei geschlagen hatte. Als Nächstes rief man ihn dann zu einem Unfall, wenn ein besoffener Idiot den Weg von Miami Beach nach Hause nicht mehr gefunden hatte. Es war noch nicht mal ein Uhr morgens und er hatte erst zwei Stunden hinter sich.
    Victor hasste Nachtschichten. Er hasste es, von den Bossen des Miami Beach Police Department kontrolliert zu werden wie ein dummer Junge, und das praktisch jede Minute seiner Zehn-Stunden-Schicht. Er hasste die miesen Streifen und die Penner, die ihm den Rücksitz voll pissten, und er fragte sich, wann er seine Strafe wohl endlich abgebüßt und die Rechnung mit seinem Sergeant beglichen hätte.
    Seit dem Cupido-Fall musste er Nachtschicht schieben, bekam keine Überstunden mehr und hatte jeden Feiertag Dienst. Wie lange sollte das noch so gehen? Er hielt es jedenfalls nicht mehr lange aus. Nächste Woche würde er zu Sergeant Ribero gehen und normale Arbeitszeiten verlangen, normale Polizeiarbeit. Nicht diesen Pipikram, Obdachlose und Spinner aufsammeln. So hatte er sich das nicht vorgestellt, als er vor fast vier Jahren Cop wurde.
    Zur Not würde er eben zum Hialeah P.D. wechseln, wo sein Bruder war. Vielleicht könnte er dort nach ein paar Jahren endlich zum Detective aufsteigen.
    Scheiß auf Meer, Strand und Sonne. Viel von der Sonne sah er hier ohnehin nicht.
    Er drückte auf den Knopf des Funkgeräts und antwortete. «Alpha 816. QSL von der 20. und Collins.» QSL war der Code für: «Ich übernehme», doch in Victors Fall bedeutete es: «Okay, okay, ich übernehme die verdammte Drecksarbeit.»
    Nicht mehr lange. Genau genommen hatte er den Cupido-Fall gar nicht versaut. Immerhin war er derjenige gewesen, der den Hurensohn angehalten hatte, als er mit dem toten Mädchen im Kofferraum über den MacArthur Causeway gebrettert war. Und das war nur eine der elf Frauen gewesen, die der aufgeschlitzt hatte. Aber leider war in den Augen seines Sergeant und der verklemmten Staatsanwältin eine aufgeschlitzte Leiche im Kofferraum einen Scheißdreck wert. Die Fahrzeugkontrolle, seine Fahrzeugkontrolle, war «faul» gewesen, und dafür musste er nun seit drei Jahren büßen. Aber nicht mehr lange.

    Zufrieden mit seinem Entschluss, stieg Victor Chavez in den Streifenwagen. Zufrieden mit der Vorstellung, dass sein Job ihm vielleicht schon in einem Monat wieder Spaß machen würde. Auch wenn er dafür auf die Barrikaden steigen musste.
    Dann schaltete er das Blaulicht ein und machte sich auf den Weg in Richtung 79. Straße und Biarritz Drive, um irgendeinen armen Schlucker aus der Gasse zu verjagen, die wahrscheinlich sein Zuhau-se war.

DREI

    Es war nichts zu sehen von hier, doch der Mann im Dunkeln meinte die Feiernden drüben am Ocean Drive hören zu können, wenn er die Ohren spitzte.
    Nur wenige Kilometer die Straße hinunter. Das auf-geputschte Stimmenwirrwarr von Hunderten von Leuten, das durch die schwüle Luft getragen wurde, das Geklapper von Dutzenden von Restaurantter-rassen, das Stampfen der Bässe aus den Bars und Clubs und natürlich das gereizte Hupen und Motor-heulen der Porsches, Mercedes und Bentleys,
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