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Morgenstadt - wie wir morgen leben

Morgenstadt - wie wir morgen leben

Titel: Morgenstadt - wie wir morgen leben
Autoren: Hans-Joerg Bullinger
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gewünschtes Ziel bringen sollen, befindet sich planerisch noch im Anfangsstadium.
    Das Projekt hat Stadtplaner auf der ganzen Welt aufgerüttelt und begeistert und einen Schub für ganzheitliches Denken bei der urbanen Planung ausgelöst. Allerdings erhebt sich auch Kritik von berufener Seite: Stadtplaner Albert Speer & Partner fragen beispielsweise, „was der Begriff ‚nachhaltig‘ in diesem Zusammenhang verloren hat, denn die geringe Einwohnerzahl steht in keinem Verhältnis zu den Kosten. Würden Planer das Masdar-Konzept auf die ca. 1,5 Milliarden Menschen anwenden, die in den nächsten 10 Jahren dem ‚Club Erde‘ beitreten, dann wären für diese Art von Nachhaltigkeit etwa 600 Billionen Dollar fällig – ziemlich viel, verglichen mit dem Weltbruttosozialprodukt, das im Jahr 2007 bei 65,5 Billionen Dollar lag … Fraglich ist, ob es überhaupt vernünftig ist, Städte in der Wüste zu bauen, ohne Hinterland, das sie versorgen könnte.“ 154 Gerd Hauser vom IBP meint dazu: „Deshalb beziehen wir beispielsweise beim Deutschen Gütesiegel für nachhaltiges Bauen die Ökonomie in die Betrachtung mit ein.“
    Masdar ist ein Experiment, und man kann aus den dort gemachten Erfahrungen lernen: Es gibt beispielsweise noch kein umfassendes klimaneutrales Wasserkonzept, Trinkwasser wird aus den Meerwasserentsalzungsanlagen an der Küste gekauft, die Solaranlagen müssen vorerst von Hand (und mit möglichst wenig Wasser) von den Salzkrusten befreit werden, die sich so nahe am Meer darauf bilden. Dennoch gehen wichtige Impulse von Masdar aus.
DAS PRINZIP DER KLEINEN ZENTREN
    Wie wird die Stadt der Zukunft aussehen? „Bunt“, so hofft Stadtplaner Wolfram Putz, „und pluralistisch. Ich will keine Orte, wo tagsüber nur gearbeitet wird und die abends menschenleer sind. Viel schöner sind doch gewachsene und bewährte Stadträume, wie etwa die Piazzas in Italien, an denen man wohnen und arbeiten kann, einkaufen, Kaffee trinken und plaudern und abends ausgehen. Eine durchmischte Stadt ist immer angenehmer als eine funktional getrennte, sozial segregierte Stadt.“
    Das vor uns liegende Jahrhundert gehört weltweit voraussichtlich einer Art von dezentralen Megacities: Sie sind aus mehreren Großstädten zusammengewachsen und haben deshalb nicht nur einen einzigen Stadtkern, sondern entsprechen einem städtischen Archipel mit vielen „Inseln“. „Es sind die größten und komplexesten vom Menschen erzeugten Strukturen, die je erschaffen wurden“, glaubt der Kulturökologe HerbertGirardet, Forschungsdirektor der World Future Council Initiative in London. Begünstigt werden diese Superstrukturen, weil die Nutzung der Kommunikationstechnik preiswerter geworden ist, sowie durch ausgefeilte Transportsysteme und kulturelle Veränderungen im Lebens- und Arbeitsstil. Beispiele für diese Metropolen gibt es schon heute: Hongkong wächst mit den chinesischen Großstädten am Delta des Perlflusses zusammen, und zwischen Tokio und Osaka gibt es kaum mehr ein unbebautes Fleckchen. Rund 70 Millionen Menschen leben in dieser Megalopolis.
    Auch Deutschland hat übrigens eine solche Region: den Ballungsraum Rhein-Ruhr mit 12,8 Millionen Menschen. Dort gibt es schon eine Vielzahl von Initiativen auf dem Weg zu umweltfreundlichen, nachhaltigen Städten. So hat beispielsweise Bottrop einen Wettbewerb des Initiativkreises Ruhr gewonnen und trägt nun offiziell den Titel InnovationCity. Damit ist sie Modellstadt für den Klimaschutz und soll internationalen Vorbild- und Vorzeigecharakter haben. Ziel des Projekts ist es, das gesamte Ruhrgebiet mittel- bis langfristig zu einer Niedrigenergieregion zu machen. 155 Das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT koordiniert die Entwicklung von wissenschaftlichen Projekten. Um die Bürger mit ins Boot zu holen, gibt es eine intensive Beratung: Welche Umbauten für das Eigenheim sind sinnvoll, was kostet das, welche Zuschüsse gibt es? Auch Handwerker werden vermittelt. Dies ist ein wichtiger Teil des Projekts, denn letztlich müssen alle Bürger an der Morgenstadt mitbauen. 156
    An den Megacities zeigt es sich, ob Ansätze, die sich in kleineren Städten als erfolgreich erwiesen haben, auf große Metropolen übertragbar sind. Und so zynisch es auf den ersten Blick klingen mag: Trotz ihrer Defizite bei Hygiene und Sicherheit haben Slums manchen auf dem Reißbrett geplanten Städten einiges voraus. Sie sind organisch gewachsen, ihre Wege und Straßen dienen vor
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