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Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Titel: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung
Autoren: Eric Malpass
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Tante Marigold und Vater. Aber... ich war schon immer eine selbstsüchtige Person.»
    Jocelyn legte seinen Arm um sie. Arme, alte Rose, dachte er wieder einmal. Zum erstenmal hatte sich ihr das Schicksal freundlich gezeigt, und schon war alles wieder aus. «Du bleibst einfach hier», sagte er, «ich werde Vater das schon erklären. Du kannst das Häuschen haben. Und kümmerst dich einfach nicht darum, wenn man dich herzlos und selbstsüchtig nennt.»
    «Danke, Jocelyn», sagte sie, «aber das kann ich nicht.»
    «Das kannst du schon und solltest es auch», sagte er.
    Sie schüttelte den Kopf. «Ich glaube, ich will gar nicht, Jocelyn. Mir... mir ist nicht mehr danach zumute.»
    Er sah sie erstaunt an. «Läuft nicht alles so, wie du willst?»
    «Ich fürchte, nein. Vielleicht sind wir beide schon zu alt, um das Risiko einer Ehe auf uns zu nehmen. Ich... ich weiß es nicht.»
    «Ich bin trotzdem der Meinung, daß du hierbleiben solltest», sagte er ruhig.
    Sie schüttelte den Kopf. «Nein. Ich komme mit, Jocelyn. Er weiß ja, wo er mich finden kann, wenn ihm daran gelegen ist. Aber... ich glaube, er will es gar nicht.»
    Nach dem Abendessen ging sie zu Stan hinüber, um ihm zu sagen, daß sie abreisten. Aber Mrs. Williams erklärte, er sei früh zu Bett gegangen und sie halte es für ungehörig, irgend etwas zu unternehmen. Rose hinterließ ein paar Zeilen. Aber als sie am nächsten Morgen abfuhren, war Mr. Grebbie nicht etwa erschienen, um ihr Lebewohl zu sagen.
     

21
     
    In Chester unterbrachen sie die Reise. Gaylord, der seine zehn Shilling Feriengeld noch nicht ausgegeben hatte, starrte sehnsüchtig in die Schaufenster. Der Wunsch, diese zehn Shilling auszugeben, war überwältigend. Aber hier gab es keine interessanten Läden, nur Damenbekleidung und alte Möbel.
    Und plötzlich, in einem dieser Geschäfte mit alten Möbeln, entdeckte er es - und traute seinen Augen nicht. Mummi, Paps und Tante Rose, die zum Wagen zurückgehen wollten, waren ungehalten, daß Gaylord mit weitaufgerissenen Augen in das Schaufenster eines Antiquitätenladens starrte. «Los, Gaylord, komm schon», rief Mummi.
    Aber Gaylord hatte es, ausnahmsweise, die Sprache verschlagen. Er konnte seinen Blick nicht losreißen.
    «Das tut er nur, um uns zu ärgern», sagte Paps. «In einem solchen Geschäft kann es doch nichts geben, was ihn interessieren könnte.»
    Aber letzten Endes mußte der Berg zum Propheten zurückkehren. Paps sagte: «Gaylord, wir müssen noch hundert Meilen...»
    «Schaut doch bloß mal», sagte Gaylord und stieß mit dem Finger gegen die Scheibe.
    Und sie schauten. «Ach, du großer Gott», sagte Paps, «ein gläserner Briefbeschwerer.»
    «Ich wußte gar nicht, daß man sie im Laden kaufen kann», sagte Gaylord. Es war, als sei hier ein Regenbogen zu verkaufen.
    Aber Mummis Gehirn funktionierte wieder einmal hervorragend. Plötzlich formten sich einzelne Mosaiksteine zu einem Bild. «Wolltest du etwa so einen zu Weihnachten haben?» fragte sie.
    Aber Gaylord marschierte bereits in den Laden. «Wieviel... wieviel kostet bitte der Briefbeschwerer?» fragte er, vor Aufregung ganz außer Atem.
    «Zehn Shilling», sagte der Verkäufer. Und krönte den großen Tag, indem er hinzufügte: «Mein Herr.» So ein feiner Laden war das.
    Gaylord kramte in seinen Hosentaschen herum und breitete auf dem eleganten Verkaufstisch eine Sammlung von Muscheln, Bindfadenenden, Münzen, Bonbonpapier und Steinen aus. Mit dem Verkäufer suchte er zehn Shilling zusammen. Den Rest stopfte er wieder in die Tasche. Der Mann legte den Briefbeschwerer in ein kleines Kästchen, wickelte es umständlich ein und öffnete Gaylord die Tür, der wie ein König hinaussegelte. «Er hat mich genannt», berichtete er seinen erstaunten Eltern.
    Im Wagen öffnete er das Kästchen und blickte verzaubert hinein. Statt des Rathauses von Leeds zeigte sich in der Glaskugel ein Fluß mit Schwänen und Weiden, aber sonst war die Kugel genauso glatt, rund und schimmernd. Gaylord besah sie sich von allen Seiten und fand sie von allen Seiten gleich wunderschön. Und dann flüsterte eine böse listige Stimme in ihm: «Der wäre was für Willie.»
    Gaylord tat so, als hätte er nichts gehört, aber er fing an, sich ungemütlich zu fühlen. Da sagte Mummi: «Zeig doch mal her, Gaylord.»
    Er reichte Mummi die Glaskugel. Sie hielt sie vorsichtig in ihren schlanken Händen. «Das ist aber auch wirklich hübsch», sagte sie.
    «Ja», sagte Gaylord. Und wieder wisperte
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