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Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Titel: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung
Autoren: Eric Malpass
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seinem Quartier ankamen, präsentierte ihnen Mrs. Williams erregt die Hiobsbotschaft. «Oh, war der wütend, Mr. Grebbie. Laut schimpfend ist er davon.»
    Stan stand da und nagte an seiner Unterlippe. Dann straffte er seine hängenden Schultern. «Na, einen Vorwurf kann ich ihm da wirklich nicht machen.»
    Mrs. Williams ging in ihr Häuschen zurück, hochbefriedigt darüber, wie ihre Nachricht aufgenommen worden war. Stan sagte: «Rose, es tut mir sehr leid. Ich... ich fürchte, ich bin keine sehr amüsante Gesellschaft gewesen.»
    «Stan», sagte sie, «ich muß dir etwas gestehen. Es war meine Schuld, daß Gaylord das Ruder nicht zu fassen bekam. Ich hab ihn losgelassen.»
    Das schien ihn nicht recht zu überzeugen. «Nett von dir, Rose, daß du das sagst. Aber wenn ich es nicht zuerst verloren hätte ...»
    Sie wurde ganz ernst. «Ich habe es doch mit Absicht getan; weil ich dich hier behalten wollte. Das will ich damit
    sagen.»
    Er warf ihr einen Blick zu, daß ihr ganz Angst wurde. «Na, ich muß schon sagen, das war ja überaus rücksichtsvoll von dir.»
    «Aber du hast doch selber gesagt, du wolltest eigentlich gar nicht nach Irland.»
    «Das mag schon sein. Aber ich hasse und verabscheue es, Verabredungen nicht einzuhalten.» Er stand da und starrte zu den fernen Bergen hinüber. Sein graues Haar wehte im Abendwind. Auch sie blickte auf die Hügel in der Ferne. «Bleibst du nun hier?»
    «Ich glaube schon. Es bleibt mir ja nicht viel anderes übrig.»
    «Dann sehen wir uns sicher noch», sagte sie. «Gute Nacht, Stan.»
    «Gute Nacht», sagte er und ging ins Haus.
    Sie wanderte schweren Herzens nach Hause. Was für eine Situation!
    Wenn ein Mann einen nicht liebt, kann man wenigstens versuchen, ihn für sich zu gewinnen. Wenn er einen aber liebt und so wenig von sich selbst hält, daß er sich nicht getraut, einen Heiratsantrag zu machen, was kann man dann tun? Selber einen Heiratsantrag machen? Das hatte sie ja praktisch auch getan. Ohne jeden Erfolg. Ihr einziger Trost war, daß sie beide die nächsten vierzehn Tage in demselben Ort verbringen würden. So bleiben ihr zwei Wochen, in denen sie Stan Grebbie in den Hafen der Ehe einschleppen oder lotsen konnte.
     
    «Wir waren gerade dabei, das Los zu ziehen», sagte Gaylord am Ende seiner Wikinger Saga. Robinson Crusoe war nichts gegen ihn.
    «Was sollte denn ausgelost werden?» fragte Mummi.
    «Wer wem auf essen sollte natürlich.»
    «Wen», korrigierte Paps.
    Mummi warf Paps einen Blick zu. «Glaubst du auch nur ein Sterbenswörtchen?»
    Gaylord sagte: «Du kannst ja Tante Rosie fragen.» Er war beleidigt. Da passierte mal wirklich etwas Aufregendes - und sie weigerten sich einfach, es zu glauben. «Ich konnte von unserem Boot aus schon Irland sehen», sagte er.
    «Ein Wunder, daß du nicht die Wolkenkratzer von Manhattan gesehen hast», sagte Mummi.
    «Hab ich auch», sagte Gaylord, der keine Ahnung hatte, wovon sie sprach, aber zu allem bereit war. «Ganz in der Ferne», räumte er ein.
    «Also, wir warten jetzt erst einmal auf Tante Rosie, dann werden wir ja hören.»
    «Da kommt sie schon», sagte Paps.
    Aber es war der Telegrafenbote. Und im Telegramm stand: «Marigold heute früh gestorben, Vater.»
     
    Jocelyn war allein im Wohnzimmer. «Wo ist May?» fragte Rose.
    «Oben. Packen», sagte Jocelyn. «Tante Marigold ist gestorben.»
    Rose ließ sich schwer auf einen Stuhl fallen. «Wann fahren wir?»
    «Morgen früh», sagte Jocelyn. «Ich wollte eigentlich allein fahren, aber May besteht darauf, mitzukommen. Und Gaylord ist der Meinung, daß er den Tod eines Familienmitgliedes auf keinen Fall versäumen darf.» Er lächelte sie müde an.
    Rose sagte mit hoher, gepreßter Stimme: «Müssen wir wirklich fahren, Jocelyn?»
    Er sah sie überrascht an. «Ich glaube doch wohl. Der alte Herr mochte sie besonders gern, weißt du. Es wird ihm sehr nahegehen. Und außerdem auch sehr mitnehmen.»
    «Ja», sagte sie, wobei sie ihr Taschentuch zu einem harten festen Knäuel ballte. «Ja. Vater wird sie sehr vermissen.»
    «Es tut mir leid, Rose», sagte er und wunderte sich, wie niedergeschlagen sie war. «Aber ich glaube, wir müssen wirklich fahren.»
    «Ja, natürlich.»
    «Und schließlich ist ja Mr. Grebbie auch schon abgereist, nicht wahr?»
    «Nein», sagte sie. «Er bleibt nun doch hier. Deshalb... es kommt alles so schrecklich unerwartet.» In ihrem Gesicht arbeitete es krampfhaft. «Ich weiß, ich dürfte jetzt gar nicht daran denken, sondern nur an
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