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Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Titel: Morgen wirst Du frei sein (German Edition)
Autoren: Claudia Martini
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erhob mich und rannte aus der Küche.
    Ich war ein Feigling, ein Versager, eine Niete.
    Meine Mutter hatte es gesagt. Immer wieder. Und Recht behalten.
     
    Irgendwann war ich am Esstisch im Wohnzimmer sitzend eingeschlafen. Als ich erwachte, schmerzte mein Nacken, die Hände, auf die ich den Kopf gelegt hatte, kribbelten. Ich schüttelte sie, stand auf und zog die Jalousien hoch.
    Es dämmerte.
    Ich blickte aus dem Fenster, schaute über die im Dunst des Morgens liegenden Felder. Ich war jetzt ruhiger, gefasster. Suchte nach einer Lösung. Grübelte, wog ab, verwarf. Kurz überlegte ich erneut, ob ich mich der Polizei stellen sollte, schob den Gedanken allerdings sofort von mir.
     
    Plötzlich war alles klar. Ich schüttelte den Kopf über meine peinliche Dummheit. Ich spürte, wie ich rot wurde. Fast musste ich lachen. Als ob ich in der Lage wäre, meine Mutter mit einem Messer zu zerlegen! Schon körperlich, das war mir jetzt bewusst, wäre dieser Kraftakt kaum zu schaffen. Mit dieser kurzen Klinge hätte ich nicht mehr als die zentimeterdicke Fettschicht durchdrungen. Meine Güte, was war ich nur für ein Idiot!
     
    Ich würde ein anderes Fahrzeug besorgen. Einen Kombi oder einen Lieferwagen. Freunde, die ich um ihr Auto hätte bitten können, besaß ich nicht. Also blieb nur eine Autovermietung.
    Ich griff nach den Gelben Seiten.
     
    Nachmittags war ich zurück. Ich war in die Stadt gefahren, hatte einen Mercedes Sprinter gemietet und im Baumarkt verschiedene Abdeckplanen gekauft, wie sie auf Baustellen Verwendung finden.
    Ich parkte den Lieferwagen vor der Haustüre. Dann ging ich in den Garten, um eine der Holzlatten zu holen, mit denen wir im Frühsommer das Netz über den Kirschbaum spannten. In einem Eimer entdeckte ich ein Paar Arbeitshandschuhe, die ich mitnahm. Ich warf die Latte in den Laderaum und wählte eine der Plastikplanen aus.
    Ich schloss die Haustüre auf, blieb auf der Schwelle stehen, lauschte. Kein Ton war zu hören.
     
    Im Flur zog ich die Handschuhe an, breitete die Plane aus und schleppte sie in die Küche. Es war mühsam, das störrische Plastik neben die mitten im Raum liegende Person zu ziehen. Als ich es endlich geschafft hatte, den Boden damit zu bedecken, versuchte ich, die Leiche auf die Folie zu wälzen und darin einzuwickeln.
    Es war kaum Platz in der Küche. Ich rückte den Tisch zur Wand, stellte die Stühle darauf, doch das verschaffte mir nur wenig Freiraum. Zudem stellte es sich als sehr schwierig heraus, einen Körper zu bewegen, der keinerlei Körperspannung mehr enthält.
    Ich zerrte und stemmte, drückte und schob.
    Als ich die Leiche endlich verpackt hatte, stand ich auf, betrachtete mein Werk. Zufrieden war ich nicht. Die Plane würde sich lösen, wenn ich sie packen und durch den Flur ziehen würde..
    Ich überlegte kurz und öffnete dann die Schublade, in der Kleinzeug vom Bindfaden über Kugelschreiber bis hin zur Paketkarte einen Platz hatte. Da lag sie, die Rolle mit braunem Klebeband, wie man es für Pakete verwendete.
     
    Es war bereits dunkel, als ich die Plane so gefaltet und verklebt hatte, dass die Leiche nicht mehr herausrutschen konnte.
    Ich war fix und fertig, doch eine Pause einzulegen war unmöglich. Der Transporter stand mir lediglich für 24 Stunden zur Verfügung, darauf hatte mich der Vermieter extra hingewiesen.
    Ich begann, an der Plane zu zerren. Sie bewegte sich nicht. Ich zog stärker, mit aller Kraft, stemmte mich gegen den Türrahmen. Mehr als ein paar Zentimeter schaffte ich nicht. Ich fand keinen Griffpunkt, rutschte immer wieder ab.
    Verzweifelt starrte ich zu Boden, stieß einen Fluch aus.
     
    Ein nicht zu fassender Gedanke, das Gefühl, etwas vergessen zu haben, arbeitete schon eine Weile hinter meinen bohrenden Kopfschmerzen. Dann brach er unvermittelt durch, und er war simpel: Im Schuppen neben dem Haus befanden sich Seile und Gurte.
     
    Kurz vor Mitternacht lag meine Fracht im Wagen. Ich drückte die Heckklappe zu.
    Ich zitterte vor Erschöpfung und Hunger, doch der Gedanke an Essen ließ sauere Übelkeit in meiner Brust aufsteigen. Hastig leerte ich eine Flasche Mineralwasser. Dann ging ich in mein Zimmer, holte mein Schweizer Taschenmesser sowie eine Taschenlampe und zog im Flur Regenjacke und Gummistiefel an.
    Sorgfältig verriegelte ich schließlich die Haustüre, setzte mich ans Steuer des Sprinters und fuhr Richtung Norden.
     
    Rund 20 Kilometer musste ich zurücklegen, dabei zwei Ortschaften durchqueren, um mein Ziel zu
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