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Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Morgen wirst Du frei sein (German Edition)

Titel: Morgen wirst Du frei sein (German Edition)
Autoren: Claudia Martini
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Schuppen und suchte dort nach Fett oder Öl. Ich fand eine Flasche mit Kettenschmiere, die ich für Theas Fahrrad verwendet hatte, und nahm sie mit zurück zur Kellertür.
    Es funktionierte. Behutsam schob ich die Tür so weit auf, dass ich hindurchschlüpfen konnte. Ich drehte den alten Lichtschalter und konnte in dem schwachen, flackernden Licht die Umrisse von Regalen und Schränken erkennen.
    Dort stand er, Vaters Waffenschrank. Ich hatte ihn vom Dachboden heruntergeschleppt, um oben Platz zu schaffen. Hier im Keller lagerten Gegenstände, die ich nicht wegwerfen, doch auch nicht im Haus haben wollte. Waffen zum Beispiel.
    Ich holte den Schlüssel aus seinem Versteck und stand dann vor Vaters Gewehren. Ich hasste Schusswaffen, kannte mich aber als Sohn eines Jägers damit aus. Das bedeutete, ich war kein guter Schütze, beherrschte aber die Technik.
    Eine Flinte, so überlegte ich, würde mir zwar das Zielen ersparen, die große Streuung des Schrots allerdings könnte auch Susan in Gefahr bringen. Ich wusste nicht, wie weit sich die beiden Frauen voneinander entfernt aufhielten. Saßen sie am Tisch? Vielleicht bedrohte Thea Susan mit einem Messer? Das Risiko, die beiden erst trennen zu müssen, wollte ich nicht eingehen. Ich wollte nicht reden, sondern handeln. Und das schnell.
    Ich nahm einen Drilling aus dem Schrank und suchte in einer mit einem Vorhängeschloss gesicherten Kiste nach passender Munition. Dann lud ich das Gewehr und ging nach draußen. Vom Keller aus konnte man nicht ins Haus gelangen, so musste ich mich zur Haustür schleichen.
     
    Als ich aufschloss, hörte ich Theas erregte Stimme.
    »Du musst verstehen, dass ich ihn dir nicht überlassen kann. Er ist mein Sohn, ich habe ihn erwählt. Nichts und niemand darf meinem Glück als Mutter entgegenstehen!«
    Geräusche. Ich wartete. Lauschte.
    »Ich werde ihn mitnehmen. Er ist alles, was ich habe. Wir werden weggehen, dorthin, wo uns niemand trennen kann.«
    Susan sagte etwas. Thea lachte laut auf.
    »Was interessiert mich dein ungeborenes Kind? Ich hatte selbst ungeborene Kinder! Sie sind nicht mehr als Blinddärme, die man entfernt!«
    Ich drückte die Türe behutsam zu und schlich über den Flur.
    »Ich habe zu viel Zeit vergehen lassen, viel zu viel. Jetzt bin ich alt. Aber es ist noch Gelegenheit zur Korrektur. Ich werde alles korrigieren, mein ganzes Leben!«
    Ich war an der Wohnzimmertür angekommen, schaute vorsichtig um die Ecke. Susan saß am Esstisch, Thea ging umher. In der Hand hielt sie ein großes Messer. Das Messer, mit dem sie meine Mutter getötet hatte. Ich legte das Gewehr an und trat einen Schritt vor.
    »Lass das Messer fallen!«
    Thea erschrak nicht. Sie blieb stehen, drehte sich langsam um und schaute mich an.
    Ich schaute in zwei unnatürlich glänzende Augen, die mich fixierten wie ein Raubtier seine Beute. Mag sein, dass ich sah, was ich sehen wollte, doch vor mit stand eine Irre.
    Diese Frau ist krank, Chris! Sie kann nichts dafür, versuchte ich, mich zu beruhigen. Doch ich wollte nicht verstehen, ich wollte nicht vernünftig sein, ich wollte diese Frau ein für alle Mal loswerden!
    Mein Finger krümmte sich stärker um den rechten der beiden Abzüge des Drillings.
    »Lass das Messer fallen!«, wiederholte ich.
    Thea trat einen Schritt auf mich zu.
    »Christian. Da bist du ja! Alles wird gut, Junge. Jetzt wird alles gut.«
    Ich wich zurück, senkte den Lauf des Gewehrs. Einen Zentimeter nur, vielleicht nur Millimeter. Doch sie spürte meine Unsicherheit.
    Und kam näher.
    Susan keuchte. Ich warf einen Blick zu ihr. Sie saß kreidebleich mit weit aufgerissenen Augen aufrecht auf dem Stuhl und starrte auf die Szenerie.
    Eine Bewegung vor mir. Thea stand nur noch zwei Schritte weg. Ich zuckte zusammen, hob die Waffe, richtete sie auf Theas Brust.
    Ihre Augen irritierten mich. Sollte sie nicht therapiert sein? Medikamente bekommen? Mir schien, als sei sie weiter denn je von Normalität entfernt. Oder nahm ich erst jetzt wirklich wahr, wie verrückt diese Frau war?
    Sie hob das Messer. »Lass uns reden.«
    »Ich will nicht reden! Wie kommst du überhaupt hierher? Wie bist du aus der Klinik rausgekommen?«. Ich wich weiter zurück.
    »Mich hält man nicht fest«, summte Thea, meine Augen fixierend. Das Gewehr in meinen Händen schien sie nicht wahrzunehmen.
    »Verschwinde endlich aus meinem Leben!«, brüllte ich. »Du hast genug Unheil angerichtet!«
    »Ich habe dich befreit ...«
    »Du hast mir alles genommen! Du hast
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