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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde
Autoren: Nele Neuhaus
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waren, kam ihnen ein junger Mann von etwa zwanzig Jahren im Schlenderschritt entgegen. Er trug eine grüne Hose, derbe Arbeitsschuhe und ein weißes T-Shirt, wie alle Tierpfleger des Zoos.
    »Was ist denn da oben auf der Wiese los?«, fragte er den Zoodirektor. »Hab ich was verpasst?« Sander blieb stehen.
    »Wo kommst du denn jetzt her?«, fuhr er den jungen Mann an. »Um sieben Uhr geht's bei uns los und nicht erst, wenn du ausgeschlafen hast! Ich dachte, wir waren uns darüber einig, dass du hier keinen Sonderstatus hast.«
    Der Junge tat zerknirscht.
    »Kommt nicht wieder vor, Chef. Sorry.«
    Pia starrte ihn an. Er hatte ein bemerkenswert hübsches Gesicht, schulterlange dunkelblonde Haare, ungewöhnlich grüne Augen und eine Haut, um die ihn jedes Mädchen beneidet hätte. Sander erinnerte sich wohl in diesem Moment daran, dass er nicht alleine war.
    »Das ist Lukas van den Berg«, erklärte er Pia, »unser Praktikant. Lukas, das ist Kriminalkommissarin ...«
    »... Pia Kirchhoff«, ergänzte Pia.
    »Hallo«, Lukas van den Berg lächelte mit schneeweißen Zähnen.
    »Auf der Wiese oben wurde die Leiche von diesem Tierschützer gefunden«, sagte Sander nun, »diesem Pauly.«
    Das Lächeln verschwand mit einem Schlag aus dem Gesicht des Jungen. Er wirkte, als habe ihm jemand einen Fausthieb in den Magen versetzt.
    »Was? Ulli Pauly?«, fragte er sichtlich betroffen.
    »Ja, genau der. Mausetot«, der Zoodirektor ging weiter. »Hat uns mal wieder jede Menge Aufregung beschert.«
    »O Mann, das gibt's doch nicht«, Lukas war blass geworden. »Ich hab ihn vorgestern noch gesehen. Ich ... ich meine ... ach du Scheiße ...«
    Sander blieb wie angewurzelt stehen und drehte sich um.
    »Was soll das heißen: Du hast ihn vorgestern gesehen?«, fragte er.
    »Das kann nicht wahr sein«, der Junge legte in einer Geste des Entsetzens die Hände über Mund und Nase und schüttelte ein paar Mal den Kopf.
    »Hallo«, Sander ergriff ihn unsanft an der Schulter, »ich hab dich was gefragt! Wo hast du diesen Kerl gesehen? War er hier im Zoo?«
    »Nein, ich ... ach, Mann ... ich konnte es Ihnen ja nichtsagen, sonst wären Sie gleich zu meinem Vater gerannt«, Lukas' Stimme klang mit einem Mal trotzig, »ich find den Job hier ja ganz okay, aber ich brauch ein bisschen mehr Kohle, als ich hier kriege.«
    Sander ließ den jungen Mann los, als habe er sich die Finger verbrannt.
    »Ich glaub's ja nicht«, sagte er mit mühsamer Beherrschung. »Du arbeitest also immer noch in dieser ... dieser Öko-Kneipe! Und vielleicht programmierst du nachts auch noch die Webseiten mit den Hetzkampagnen für diesen Psychopathen! Kein Wunder, dass du morgens nicht aus dem Bett kommst!«
    »Ich krieg von meinem Vater keinen Cent!«, begehrte Lukas auf. »Und hier verdien ich auch nur ein Taschengeld! Was sollte ich denn machen? Ulli hatte nichts dagegen, dass ich hier arbeite ...«
    »Aber ich hatte etwas dagegen, dass du für diesen Typen arbeitest!«, schrie Sander so unvermittelt, als ob die Anspannung der letzten Stunden endlich ein Ventil gefunden hätte. »Du hast mir hoch und heilig versprochen, dass du nichts mehr mit ihm zu tun hast! Du hast mich angelogen!«
    »Ich wollte es Ihnen längst sagen!«, schrie Lukas zurück. »Aber Sie rasten ja immer gleich aus, wenn es um Ulli geht!«
    »Kannst du mir das etwa verdenken, nach all den Scherereien, die ich wegen dieses Typen hatte?«
    Pia stand neben den beiden Männern und drehte den Kopf wie eine Zuschauerin bei einem Tennismatch. Die vorbeigehenden Zoobesucher blickten neugierig herüber.
    »Geht das auch in einer zivilisierten Lautstärke?«, mischte sie sich ein. »Wir können im Büro weiterreden, ohne dass es jeder mitbekommt.«
     
    »Bitte lassen Sie mich mit ihm reden«, bat Pia den aufgebrachten Zoodirektor, als die Tür des Containers ins Schloss gefallen war. Sander musterte sie, dann stieß er einen Seufzer aus und nickte. Lukas hatte sich unterdessen auf einen Stuhl vor den Schreibtisch des Zoodirektors gesetzt, das Gesicht in den Händen vergraben. Pia setzte sich auf den zweiten Stuhl.
    »Vielleicht haben Sie sich ja auch nur geirrt«, murmelte der Junge und blickte Pia aus grasgrünen Augen verunsichert an, »und es ist gar nicht Ulli.«
    »Woher kanntest du Herrn Pauly?«, fragte Pia. Lukas schluckte und vermied es, Sander anzusehen.
    »Ich arbeite im Grünzeug«, sagte er tonlos und schob sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Das ist das vegetarische Bistro in Kelkheim, das
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