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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde
Autoren: Nele Neuhaus
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schien verwirrt.
    »Sind Sie Frau Esther Schmitt?«, fragte Bodenstein.
    »Ja. Was ist denn eigentlich hier los?« Sie drängte sich an Pia und Bodenstein vorbei und zog scharf die Luft ein, als sie das verwüstete Wohnzimmer sah. Sie wandte sich um, streifte die Tasche mit dem Laptop von der Schulter und legte sie achtlos auf den klebrigen Küchentisch. Über einem zerknitterten Leinenrock trug sie ein gemustertes Tunikakleid, die nackten Füße mit schmutzigen Zehen steckten in Ledersandalen, die bequem, aber wenig elegant aussahen.
    »Wir müssen Ihnen eine traurige Mitteilung machen«, sagte Bodenstein. »Heute Morgen haben wir die Leiche Ihres Lebensgefährten gefunden. Es tut mir sehr leid.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis seine Worte Esther Schmitts Gehirn erreichten.
    »Ulli ist tot? O Gott«, sie starrte Bodenstein ungläubig an, dann setzte sie sich auf die Kante eines Küchenstuhls. »Wie ist er ... gestorben?«
    »Das wissen wir noch nicht genau«, antwortete Bodenstein. »Wann haben Sie das letzte Mal mit Herrn Pauly gesprochen?« Die Frau verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Am Dienstagabend«, ihre Stimme klang tonlos. »Ich war seit Montag in Alicante auf einem Vegetarier-Kongress.«
    »Gegen wie viel Uhr haben Sie am Dienstag mit Herrn Pauly telefoniert?«
    »Spät. Es war ungefähr zehn. Ulli wollte am Computernoch die Flyer für die Trassenbegehung fertig machen, aber kurz vor meinem Anruf hatte er mal wieder Besuch von seiner Exfrau.«
    Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, aber sie gestattete sich keine Träne.
    »Sollen wir jemanden anrufen?«, fragte Pia.
    »Nein«, Esther Schmitt erhob sich und blickte sich um. »Ich komm schon klar. Wann kann ich hier aufräumen?«
    »Wenn die Spurensicherung alles untersucht hat«, erwiderte Bodenstein. »Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie uns mitteilen könnten, ob irgendetwas fehlt.«
    »Wieso?«
    »Vielleicht hat dieses Durcheinander gar nichts mit dem Tod Ihres Lebensgefährten zu tun«, gab Bodenstein zu bedenken. »Wir vermuten, dass er am späten Dienstagabend starb. Danach wird das Haus einen ganzen Tag lang offen gestanden haben.«
    Die Hunde bellten im Hof. Autotüren schlugen zu, wenig später erschienen die Beamten der Spurensicherung in der Küchentür.
    »Ich verstehe«, Esther Schmitt blickte ihn aus geröteten Augen an, dann zuckte sie die Schultern. »Ja, ich sage Ihnen Bescheid. Sonst noch etwas?«
    »Uns würde interessieren, mit wem Ihr Lebensgefährte in der letzten Zeit Ärger oder Probleme hatte«, Bodenstein reichte Esther Schmitt seine Visitenkarte. Sie warf einen flüchtigen Blick darauf, dann hob sie den Kopf.
    »Es war kein Unfall, nicht wahr?«, fragte sie.
    »Nein«, erwiderte Bodenstein, »wahrscheinlich nicht.«
     
    Pia erreichte die Villa an der Kennedyallee in Sachsenhausen, in der das Rechtsmedizinische Institut untergebracht war, um halb drei. Das Innere des Gebäudes war ihr vertraut. Inden sechzehn Jahren ihrer Ehe hatte sie unzählige Stunden in den Sektionsräumen im Keller des Instituts zugebracht, denn Henning gehörte zu der Sorte Wissenschaftler, die sich ganz und gar ihrem Beruf und ihren Forschungen verschreiben. Staatsanwältin Valerie Löblich war kurz vor Pia eingetroffen. Die Leiche von Pauly lag entkleidet unter der hellen Lampe auf dem Metalltisch, die abgetrennten Körperteile hatte Hennings Assistent Ronnie Böhme anatomisch korrekt dazugelegt. Der Verwesungsgeruch war atemberaubend.
    »Wurden die Gliedmaßen von dem Mähwerk abgetrennt?«, erkundigte Pia sich, nachdem sie Kittel und Mundschutz angezogen hatte.
    »Ja, eindeutig«, Kirchhoff beugte sich über die Leiche und begutachtete die Haut Zentimeter um Zentimeter durch ein Vergrößerungsglas. »Er war allerdings schon eine Weile tot, bevor das passiert ist. Nach einer ersten oberflächlichen Untersuchung bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass die Leiche innerhalb der letzten vierundzwanzig Stunden mindestens einmal umgelagert wurde. Todesursächlich waren sicherlich die Kopfverletzungen. Da drüben sind die Röntgenbilder.«
    Er nickte zum Leuchtkasten hinüber.
    »Könnte er mit dem Fahrrad gestürzt sein?«, fragte die Staatsanwältin, eine attraktive Brünette in den frühen Dreißigern. Trotz der Hitze draußen trug sie einen schicken Blazer, einen superkurzen, engen Rock und Seidenstrümpfe.
    »Hören Sie mir eigentlich zu? Ich habe doch gerade gesagt, dass die Leiche umgelagert wurde«, Kirchhoffs Stimme hatte einen gereizten
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