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MORDMETHODEN

MORDMETHODEN

Titel: MORDMETHODEN
Autoren: Mark Benecke
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trennten sich die Lebenswege vollkommen, weil er sich jetzt trotz Aufforderung an nichts mehr beteiligte«.
    Nach der Schulentlassung arbeitete Denke in der väterlichen Wirtschaft. Die Neigung, für sich allein zu sein, steigerte sich immer mehr. Er war verschlossen und blieb jedem Verkehr mit Altersgenossen wie auch mit anderen fern. Das Gasthaus besuchte er nie. Als er 22 Jahre alt war, entfernte er sich heimlich aus dem Elternhause. Ein Dreivierteljahr blieb er verschollen. Kein Lebenszeichen erhielten seine Angehörigen. Nachforschungen durch diese ergaben schließlich, dass er längere Zeit Steine geklopft hatte und dann als Handlanger in einem Baugeschäft tätig war. Nach Hause zurückgekehrt, äußerte er sich zu niemandem über den Grund seines Fortlaufens wie über seine Erlebnisse. Er blieb verschlossen und gleichgültig wie immer.
    Nach dem Tode der Eltern, bei dem er sich auffallend kalt und teilnahmslos zeigte, wollten ihn seine Geschwister bei sich behalten, weil sie ihm nicht zutrauten, dass er sich allein durch das Leben schlagen würde. Er beschäftigte sich wohl in der Wirtschaft, doch nur wenig. Bald nach des Vaters Tode kam er immer unregelmäßiger nach Hause. Nachforschungen ergaben, dass er allein durch die Wälder gestreift war. Häufig blieb er bis Mitternacht fort. Schließlich kam er überhaupt nicht wieder. Einige Zeit darauf erschien er eines Abends mit einemGespann, lud, ohne irgendjemandem ein Wort zu sagen, seine Sachen auf und fuhr nach Münsterberg, wo er sich eine Wohnung gemietet hatte. Bald darauf kaufte er sich hier ein Grundstück. Bei dem Kauf wurde er sehr übervorteilt, sodass seine Geschwister für sein Vermögen bangten und, weil sie ihn für geistig beschränkt hielten, den Entmündigungsantrag stellten. In diesem heben sie hervor, dass Denke von ihnen stets für beschränkt angesehen wurde, und wiesen nach, dass er für das Grundstück etwa den dreifachen Preis gezahlt hat, als seinem Werte entspricht.
    In den Entmündigungsakten findet sich weiter ein Schreiben mehrerer Bürger, denen Denke lange Zeit bekannt war. In diesem wird darauf hingewiesen, die Unterzeichneten hielten es für ausgeschlossen, dass Denke mit seinem Vermögen ordentlich zu wirtschaften imstande sei. Der Entmündigungsantrag wurde indessen wieder zurückgezogen, insbesondere auf Anraten des Arztes, welcher unter anderem geäußert haben soll, dass solche Menschen wie Denke, wenn ihnen Derartiges widerfährt, »nicht selten einen Wutanfall bekommen, dass man seines Lebens auf der Straße nicht mehr sicher ist«. Auch nach Zurückziehung des Antrages erkundigte sich der Staatsanwalt noch viele Jahre nach dem Verhalten des Mannes.
    Nach diesem Entmündigungsversuch war Denke sehr misstrauisch gegen seine Familienangehörigen, im Allgemeinen war er aber verträglich. Er wurde nur leicht verstimmt, wenn ihn jemand musterte. Es ging nämlich das Gerücht, dass er »weder Mann noch Frau ist«. In vielem empfand er anders als normale Menschen, »so kannte er keine Furcht und keinen Ekel«. Seine Angehörigen hielten ihn für empfindungslos. Andere Personen, die mit ihm zusammenkamen, erwähnen nur immer wieder seine Verschlossenheit. Krankhaftes ist ihnen nie aufgefallen, niemals waren bei ihm Zeichen von Rohheit oder von Jähzorn zu beobachten.
    Zum Reden war er schwer zu bringen, doch entgegnete er hin und wieder, wenn ihn jemand hänselte, ganz treffend.Ein Fleischer, der bei seinem Vetter öfter schlachtete, sagt aus, »dass Denke beim Zerlegen des Tieres wie ein wissbegieriger Lehrling aufpasste«. Eine frühere Mieterin in seinem Hause gibt an, dass sie sich immer vor diesem scheuen Menschen gefürchtet habe und dessen Wohnung nie zu betreten wagte. Einen Grund vermag sie nicht zu sagen, »er war ihr unheimlich«.
    Verkehr mit seinen Geschwistern hatte er auch später nicht. Von zahlreichen Einladungen folgte er nur einer einzigen. Bei dieser aß er, wie von seinem Bruder erzählt wird, etwa zwei Pfund Fleisch, auch von anderen wird er als »Vielfraß« geschildert.
    Bei seinen Nachbarn war er als gutmütiger Sonderling bekannt, der von den Erträgen seines Gartens und dem Verkauf von Brotschüsseln lebte. Unter Landstreichern und Handwerksburschen galt er als mildtätig. Unbeschenkt ging selten einer von ihm. Er wurde allgemein »Vater Denke« genannt.
    In der Inflation verkaufte er seinen Besitz und lebte in einer Stube seines früheren Hauses. Alles im Haushalt besorgte er sich selbst, nur seine
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