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MordLust

Titel: MordLust
Autoren: John Sandford
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der massigen Kathedrale vorbei, zur Summit.
    Die Summit Avenue trug ihren Namen zu Recht. Sie begann hoch oben auf einer steilen Uferkante des Mississippi und blickte auf St. Paul hinab, und das nicht nur aus geografischer Höhe, sondern auch rein ökonomisch gesehen. Die reichsten Männer in der Geschichte der Stadt hatten Villen entlang der Summit Avenue gebaut, und einige von ihnen lebten immer noch dort.
     
    Oak Walk war eine zweistöckige rote Backsteinvilla mit einem Portikus aus weißen Säulen, die etwas weiter von der Straße zurückgesetzt lag als ihre riesigen Nachbarn. Er war buchstäblich
schon tausendmal auf dem Weg in die Innenstadt daran vorbeigefahren, ohne dass ihm das Haus besonders aufgefallen wäre. Als er näher kam, begann sich der Verkehr vor ihm zu stauen, dann sah er die TV-Übertragungswagen, die vielen Personen auf dem Bürgersteig und schließlich die Barrikaden aus Holz. Die Summit Avenue war gesperrt, und Cops leiteten den Verkehr von dem Mordhaus weg, um die Kathedrale herum.
    Lucas hielt seinen Ausweis aus dem Fenster, fuhr bis an die Absperrung heran, rief dem Cop, der den Verkehr dirigierte, »SKA« zu und wurde um die Barrikade herumgewunken und die Straße hinuntergeschickt.
    Die Einfahrt von Oak Walk war mit Polizeiwagen zugestellt. Lucas ließ den Porsche auf der Straße stehen und ging an einem uniformierten Cop mit einem deutschen Schäferhund vorbei. »Hey, Superbulle«, sagte der Cop. Lucas nickte, sagte »George«, stieg die Eingangsstufen hinauf und ging durch die offene Tür.
     
    Direkt hinter der Tür war eine Vorhalle, in der ankommende oder weggehende Gäste ihre Mäntel abgeben oder einsammeln konnten, oder wo man auf einer Bank sitzen und auf die Limousine warten konnte. Von der Vorhalle gelangte man in eine prachtvolle Eingangshalle, die sich bis zur Rückseite des Hauses erstreckte, und gleich hinter der Tür standen dort zwei fast zwei Meter hohe Bronzefiguren, die Lampen mit jeweils sechs Birnen in die Höhe hielten.
    Geradeaus führte auf jeder Seite eine geschwungene Treppe in die erste Etage. Zwischen den Treppen hing in etwa sechs Metern Höhe ein Kristallkronleuchter über der Eingangshalle.
    An den blassrosa tapezierten Wänden der Eingangshalle würden normalerweise Gemälde hängen, hauptsächlich Porträts, aber auch ländliche Szenen, einige aus dem amerikanischen
Westen, andere offenkundig französisch. Und auf dem Parkettfußboden hätte eigentlich eine perfekt angeordnete Reihe von Perserteppichen bis zur rückwärtigen Tür reichen müssen.
    An den Wänden hingen jedoch keine Gemälde mehr, aber Lucas wusste, dass sie da gewesen waren, weil sie jetzt – die meisten mit dem Gesicht nach oben, manche mit dem Gesicht nach unten – wild durcheinander auf dem Fußboden lagen. Die Teppiche waren verrutscht, als hätte jemand daruntergeguckt. Lucas hatte keine Ahnung, weshalb. Die Glastüren einer großen Porzellanvitrine waren zerbrochen. Eine ganze Reihe Ziergefäße stand noch drinnen auf den Brettern, und die Scherben von weiteren Gefäßen lagen auf dem Fußboden, als hätten die Vandalen nach etwas gesucht, das in den Gefäßen versteckt war. Was könnte das gewesen sein?
    Etliche Möbelstücke waren umgeworfen worden. Schubladen lagen auf dem Boden, daneben Kerzen und Kerzenhalter, Nippsachen, Tischwäsche, Fotoalben und Schuhkartons, in denen Fotos gewesen waren. Die Fotos waren jetzt wie vom Baum gefallene Blätter überall verstreut; ein großer Teil davon war schwarzweiß. Außerdem lagen dort Silberbesteck, drei oder vier goldfarbene Sporttrophäen und etwa ein Dutzend Plaketten. Eine der Plaketten lag mit dem Gesicht nach oben vor Lucas’ Füßen. Darauf stand: »Dieser Schlüssel wurde für besondere Verdienste um die Stadt am 1. März 1899 überreicht. Er öffnet alle Türen von St. Paul.«
    In der Halle wimmelte es von Cops, die wie Büroangestellte damit beschäftigt waren, Papiere durchzusehen und zu plaudern. Zwei Personen stiegen gerade die Treppe zur ersten Etage hinauf. Sie schleppten eine knallgelbe Plastikkiste mit ihrer Ausrüstung.
     
    Lieutenant John T. Smith war in einem Raum, der offensichtlich das Musikzimmer gewesen war, weil hier zwei Flügel
und eine Orgel standen. Smith saß mit dem Rücken zu einem Steinway-Flügel aus Mahagoni auf einer Klavierbank und sprach in ein Handy. Er blickte auf die Füße und Beine einer toten schwarzen Frau, die mit dem Gesicht nach unten auf einem Perserteppich in einem Flur lag, der
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