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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition)
Autoren: Jed Rubenfeld
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erst im November 1909 statt (und das berühmte Feuer erst 1911). Ein weiteres Beispiel ist Mrs. Fishs fiktiver Ball im Waldorf-Astoria. In Wirklichkeit begann die Ballsaison 1909 in Manhattan erst später. Übrigens ist das hier beschriebene Waldorf-Astoria nicht das gleichnamige Hotel an der Park Avenue nördlich vom Grand Central Terminal. Das erste Waldorf-Astoria stand an der Ecke Fifth Avenue und Thirty-fourth Street; es wurde 1930 abgerissen, um Platz für das Empire State Building zu schaffen.
    Eine stärkere zeitliche Veränderung stellt meine Behandlung des Bruchs zwischen Jung und Freud dar, der sich in Wirklichkeit über einen Zeitraum von drei Jahren hinzog und erst 1912 mit der völligen Trennung endete. Ich habe die relevanten Ereignisse gerafft und einige von ihnen, die in Wirklichkeit anderswo stattfanden, nach Amerika verlegt. Dennoch haben sich die im Buch beschriebenen Szenen zwischen Freud und Jung – so erstaunlich sie auch scheinen mögen – offenbar tatsächlich abgespielt. Beispielsweise wurden die beiden Männer tatsächlich mitten in einem Streit über das Okkulte (bei dem Freud eine skeptische Position vertrat) von einem lauten und rätselhaften Knall unterbrochen, und Jung behauptete wirklich, dieses Geräusch telekinetisch durch »katalytische Exteriorisation« erzeugt zu haben. Auf Freuds spöttische Reaktion hin prophezeite Jung eine sofortige Wiederholung des Geräuschs, und unerklärlicherweise erfüllte sich seine Vorhersage auch. Diese Episode ereignete sich jedoch nicht im September 1909 in einem Zimmer des Hotel Manhattan, sondern im März desselben Jahres in Freuds Haus in Wien. Zutreffend ist auch, dass Freud in Jungs Beisein zweimal ohnmächtig wurde – einmal am 20. August 1909, am Tag vor der Abreise nach Amerika. Und Freuds enuretisches »Missgeschick« in New York wurde 1951 von Jung selbst enthüllt, wenngleich nicht auszuschließen ist, dass Jung die Geschichte nur erfunden hat, um Freud zu diskreditieren.
    Manche Leser fragen sich vielleicht, ob Freud und Jung die ihnen in Morddeutung zugeschriebenen Ansichten tatsächlich so geäußert haben. Die Antwort in fast allen Fällen ist: ja. Ein Großteil des Dialogs zwischen den beiden greift unmittelbar auf ihre Briefe und Schriften sowie andere veröffentlichte Quellen zurück. Beispielsweise sagt Freud im Buch: »Die Befriedigung einer ungebändigten Triebregung ist ungleich intensiver als die eines gezähmten Triebs.« Interessierte Leser können die hier paraphrasierte Aussage in Das Unbehagen in der Kultur nachschlagen, Band 14, Seite 437, der gesammelten Werke von Freud.
    Wie Freud-Kenner sicherlich bemerkt haben, basiert die Figur Nora auf Dora, der jungen Frau, die in Freuds umstrittenster Fallstudie beschrieben wird. Doras richtiger Name war Ida Bauer. Sie war keine Amerikanerin und wurde auch nicht von Freud in Amerika behandelt, wenngleich sie 1945 in New York starb. Nora ist durchaus nicht nur eine Blaupause von Dora, doch die Grundzüge von Noras Notlage – die Avancen des besten Freundes ihres Vaters, die Weigerung ihres Vaters, sich auf ihre Seite zu stellen, die Affäre ihres Vaters mit der Frau desselben Freundes – sind alle in Doras Fall zu finden. Die ödipale Deutung von Noras Hysterie, die Freud gegenüber Younger darlegt, entspricht – einschließlich der oralen Komponente – der tatsächlichen Deutung Freuds im Falle von Dora.
    Bürgermeister George B. McClellans Versuch, der Tammany Hall die Kontrolle über die Stadtverwaltung zu entreißen, ist bekannt. Und es ist sogar denkbar, dass McClellan eine wichtige Morduntersuchung im September 1909 persönlich überwacht hatte, weil er zu dieser Zeit die gesamte Polizeibehörde der Kontrolle des Bürgermeisteramts unterstellt hatte. Andererseits ist McClellans Interesse an der Nominierung für eine weitere Amtszeit reine Spekulation. In der Öffentlichkeit beharrte er stets darauf, dass er nicht für eine weitere Kandidatur zur Verfügung stand.
    Charles Loomis Dana, Bernard Sachs und M. Allen Starr sind historische Gestalten. Sie waren tatsächlich als Triumvirat bekannt und alle drei erbitterte Gegner Freuds und der Psychoanalyse. Ich möchte aber betonen, dass die ruchlosen Taten, die ihnen hier zumindest andeutungsweise unterstellt werden, frei erfunden sind. Aus dramaturgischen Gründen habe ich zudem Danas Reichtum und seine Blutsverwandtschaft zu der prominenteren Familie gleichen Namens übertrieben. Charles L. Dana stammte zwar offenbar von
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