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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit
Autoren: Valerie Frankel
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sehr blonde Haare. Sie trug einen rosagrauen Nickyanzug von Liz Claiborne, der sie in ein glücklich lächelndes Häschen mit rosa Brille verwandelte.
    »Sie ist so hübsch!« sagte Walter, Max’ Vater, der einen Trainingsanzug mit roten Rennfahrerstreifen entlang den Beinen trug. Die Familienähnlichkeit war beeindruckend, aber ich konnte es nicht zulassen, mir Max in diesem Aufzug vorzustellen.
    »Und Sie beide sind auch recht attraktiv«, antwortete ich voller guter Absicht. Die Eltern Greenbaum blickten verwirrt. Den Tisch etwas weiter hinunter saß Großpapa, Whiskey schlürfend und dem Aussehen nach zu urteilen tatsächlich jemand, der zwei Herzinfarkte hinter sich hatte. Seine schweigende Frau sah aus wie die Ehefrau eines Mannes, der zwei Herzinfarkte gehabt hatte, durchaus auch wie diejenige, die sie verursacht hatte. Max lächelte voller Hoffnung (mit funkelnden Augen), und ich versuchte fummelnd, mir eine Zigarette anzuzünden. Ich hatte jetzt schon das Gefühl, der Abend würde in einer Katastrophe enden.
    Ich blickte mich in dem Laden um. Die Bemühungen des Innenarchitekten, das Restaurant aussehen zu lassen wie die Innenräume eines Schiffes, waren genauso gelungen wie die Wahlkampagne von George Bush bei den letzten Präsidentschaftswahlen. Der Teppich war meergrün. Taucheranzüge, ausgestopfte Schwertfische und Gemälde mit Motiven vom Walfang hingen an den dunkelblauen Wänden. Kilometer von Fischnetzen, die Jahrzehnte auf hoher See benutzt worden und entsprechend salzverkrustet waren, wanden sich an den Wänden des Restaurants entlang. Im Hintergrund hörte man das Gurgeln der beeindruckenden Aquarien, die mit tropischen Fischen gefüllt waren. Ein verlegener Kellner mit einer Augenklappe kam an den Tisch. Ich wollte komisch sein und fragte ihn, ob wir ins Horn blasen könnten. Er wurde rot.
    Max’ Mutter sagte: »Ich glaube nicht, daß er weiß, was mit >blasen< gemeint ist.« Ich fragte mich, ob sie das denn wußte.
    Der Kellner überbrachte kurz darauf schlechte Nachrichten: Die Hummerschwänze waren gerade ausgegangen. Es gab einige Unruhe, und wir alle mußten unsere Bestellung neu überdenken. Ich streckte über den Tisch meine Hand aus und berührte Max. Er zuckte zurück, als sei er von einem Ballonfisch gestochen worden. Ich hatte den Fehler begangen, an ein wundes Nagelhäutchen zu stoßen (Max kaut an den Fingernägeln). Ich war peinlich berührt — Bev hatte gesehen, wie er seine Hand zurückzog. Vielleicht denkt sie, er kann mich nicht ausstehen. Vielleicht kann er mich wirklich nicht ausstehen. Sei doch nicht lächerlich, dachte ich. Ich sah auf und beobachtete, wie Max sich mit seinem Vater unterhielt. Er schien überhaupt nicht bemerkt zu haben, daß ich diesem vorübergehenden und dennoch sehr heftigen Anfall von Unsicherheit erlegen war. Wie kann er es wagen, meine Gedanken nicht jederzeit zu ahnen, dachte ich. Mein Hals verkrampfte sich, und ich verschluckte mich an meinem Wein.
    Die Unterhaltung, ein Monster mit fünf Köpfen, drehte sich um Autounfälle und Krebs (oder schlicht »diese schreckliche Krankheit«), um Tratsch über Berühmtheiten und den schlechten Geschmack anderer Leute. Alle sprachen gleichzeitig. Ich beschäftigte mich, indem ich mir Mozzarellastäbchen und Knoblauchbrot in den Mund stopfte. Während einer Pause in dem Geplänkel sagte Bev: »Max, deine Freundin hat ja ganz schön Appetit.« Sie hatte das wohl nett gemeint.
    Endlich kam der Hauptgang. Ich hatte Flunder bestellt. Meine Backkartoffel war in Alufolie eingewickelt. Max’ Steak sah ungefähr so halbgar aus, wie es meine Pläne waren, aus dem nächsten Bullauge zu springen. Er ließ es aber nicht zurückgehen, da er keinen Ärger machen wollte. Bev fragte: »Willst du es noch etwas länger gebraten haben? Ich rufe sofort den Kellner.«
    Max sagte: »Es ist völlig in Ordnung.«
    »Es ist zu rot, du wirst Sodbrennen davon bekommen«, warnte sie ihn. »Laß es zurückgehen. Ich werde noch nicht anfangen zu essen. Ich warte auf dich.«
    Walter fragte: »Was ist denn los? Braucht es noch etwas Feuer?«
    »Es ist vollkommen in Ordnung«, wiederholte Max.
    »Es ist blutrot, ihm wird übel werden davon«, sagte Bev zu Walter.
    »Mehr Feuer wäre besser.« Sie nickten im Chor. Max, auch noch ein Zappelphilipp, schnitt sich fast in die Hand, als er protestierend mit dem Steakmesser in der Luft umherwedelte. Seine Mutter blickte mich bittend an.
    Ich sagte: »Wenn du noch mehr Feuer brauchst« — eine
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