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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche
Autoren: Marcia Muller
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nie, nachträglich die Zeitungen aufzuarbeiten.«
    »Also, eines hat sich vor Gericht
herausgestellt, nämlich daß manche Leute nicht an Tracy Kostakos Tod glauben — dazu
gehört auch die eigene Mutter.«
    »Sie glauben, sie hat ihre eigene
Entführung vorgetäuscht?«
    »Ja. Sie sei freiwillig verschwunden
und benutze den Erpresserbrief als Trick, um die Leute von ihrer Spur
abzulenken.«
    »Warum sollte sie so etwas tun? Hatte
sie denn einen Grund, zu verschwinden?«
    »Das gehört zu den Dingen, die du für
mich herauskriegen sollst.«
    »Was ist mit den Blutflecken in dem
Auto?«
    »Noch so ein Trick.«
    »Klingt weit hergeholt.«
    »Mag sein. Aber Laura Kostakos glaubt
ganz fest, daß ihre Tochter noch am Leben ist — so sehr, daß sie Tracys
Mietanteil an dem Apartment weiterzahlt und ihr Zimmer für ihre Rückkehr
unverändert läßt.«
    »Vielleicht ist die Frau nicht mehr
ganz bei Verstand.«
    »Möglich. Die Kostakos haben sich vor
der Verhandlung getrennt.«
    »Du sagtest, manche Leute. Wer
glaubt noch an diese Version?«
    »Jay Larkey, der Besitzer des Clubs, in
dem sie gearbeitet hatte.«
    Larkey, ein Mann in den Fünfzigern, war
aus den Comedy Clubs von San Francisco hervorgegangen und zu einer landesweiten
TV-Berühmtheit geworden. Als seine Popularität nachließ, war er in die Stadt
zurückgekehrt und hatte selbst einen Club gegründet, um Comedy-Talenten auf
ihrem Weg nach oben die gleiche Chance zu bieten, die er gehabt hatte. »Sonst
noch jemand?«
    »Ihr Freund, Marc Emmons.«
    »Bei ihm ist es vielleicht
Wunschdenken.«
    »Aber es gibt noch jemanden. Ihre
Wohnungsgenossin, Amy Barbour. Sie hat zwar vor Gericht für die Anklage
ausgesagt, aber der Pflichtverteidiger hatte den Eindruck, daß sie nicht alles
gesagt hatte, was sie wußte.«
    Ich lehnte meinen Kopf an den
Baumstumpf. Die Eukalyptusblätter schimmerten in dem blassen Sonnenlicht. Zu
dem Eichelhäher oben in den Zweigen hatten sich noch ein paar andere gesellt.
Sie krächzten rauh — eine passende Hintergrundmusik zu der Tragödie, über die
wir sprachen.
    Ich fragte: »Was ist denn nach Bobby
Fosters Meinung Tracy Kostakos zugestoßen?«
    »Falls er dazu eine Meinung hat, behält
er sie für sich. Er will nichts weiter, als daß wir argumentieren, man hätte
ihn ohne Leiche nicht verurteilen dürfen. Ich hoffe, du kannst ihn davon
abbringen.«
    Es schien mir eine schier unglaublich
riskante Angelegenheit, eine zwei Jahre alte Spur aufzunehmen, die selbst
damals, als sie noch frisch war, die Ermittler ins Nichts hatte laufen lassen.
Und ich fürchtete, es wäre unnütze Mühe. Angesichts einer Verurteilung ohne
Leiche mußte sehr vieles gegen Foster gesprochen haben. Im Gegensatz zu einer
weitverbreiteten romantischen Vorstellung war die Zahl der zu unrecht
Verurteilten sehr gering. Ein bekannter Strafverteidiger hatte einmal
behauptet, 96 Prozent seiner Klienten seien schuldig im Sinne der Anklage
gewesen. Die anderen vier Prozent seien wahrscheinlich in einer anderen Sache
schuldig gewesen.
    Doch wenn Foster zu den vier Prozent
gehörte, dann durfte er nicht sterben...
    Ich seufzte. »Meine freie Woche ist
fast vorbei. Mir wurde ohnehin schon langweilig.«
    Auch Jack seufzte — vor Erleichterung.
»Danke. Ich weiß das zu schätzen. Wenn wir mit dem Essen fertig sind, fahren
wir zu All Souls, und ich gebe dir die Akten und das Video, von dem ich
sprach.« Er machte eine Pause. Ich sah ihn an und merkte, daß sein Blick sich
verdüstert hatte. »Ich muß dich warnen«, fügte er hinzu. »Was du zu hören bekommst,
wird dir nicht gefallen.«
     
    »Ich zog sie aus dem Wagen und ließ sie
am Rand von dieser Mulde fallen. Dann habe ich ihr einen Stoß gegeben, und sie
rollte den Hügel hinunter.«
    »Sind Sie auch hinuntergegangen? Um die
Leiche zu verstecken?«
    Die eine Stimme gehörte dem jungen
schwarzen Mann mit dem müden, überanstrengten Gesicht. Die andere gehörte
Inspektor Gallagher, aber er oder seine Kollegen waren nicht zu sehen. Die
Videokamera war nur auf Bobby Foster gerichtet, der ein Geständnis ablegte.
    »Nein, Mann, ich wollte nichts mehr von
ihr. War nur noch totes Fleisch für mich. Nur noch totes weißes Fleisch, das
man wegwirft.«
    »Und weiter?«
    »Das ist alles, Mann. Ich habe Ihnen
alles erzählt.«
    »Was ist mit dem Blut? In dem Wagen war
eine Menge Blut. Hatten Sie auch welches an sich?«
    Foster sah einen Augenblick ins Leere.
Verwirrt, dachte ich.
    »Blut. Genau. Überall hatte ich Blut.«
    Ich
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