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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche
Autoren: Marcia Muller
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letzten
Vorstellung auf dem Gehsteig vor dem Club gestritten hatte. Bobby hatte eine
Erklärung dafür: Tracy, die so ungern Auto fuhr, daß sie nicht einmal von ihren
Eltern einen Wagen geschenkt haben wollte, war etwas ängstlich gewesen, weil
sie zwei Blocks weiter im Dunkeln auf ihren Bus warten mußte. Also hatte sie
ihn gebeten, sie zu begleiten und mit ihr zu warten. Das hatte er abgelehnt — weil
Jay Larkey, der Besitzer des Clubs, berüchtigt dafür war, jeden Parkwächter zu
feuern, der seine Arbeit vernachlässigte — , und sie hatten sich gestritten.
Doch seine Geschichte klang nicht echt. Es war bekannt, daß Tracy einen
stattlichen Zuschuß von ihren Eltern bekam und sich leicht ein Taxi hätte
leisten können, wenn sie sich wirklich unsicher fühlte. Außerdem kannten sie
alle nur als eine Frau, die keine Angst hatte, nachts allein durch die Straßen
zu gehen. Es war wenig wahrscheinlich, daß sie Bobby gebeten hatte, aus diesem
Grund seinen Job zu riskieren — und schon gar nicht, wenn sie so gut befreundet
waren, daß sie sich jeden Mittwochnachmittag trafen, damit sie ihm als
Privatlehrerin bei den Vorbereitungen zur High-School-Reife half.
    Bobby Foster blieb bei seiner
Geschichte. Er weigerte sich stur, einen Anwalt zu nehmen, sträubte sich aber
auch gegen einen Lügendetektor-Test. Schließlich willigte er doch ein, und wenn
er auch nicht mit fliegenden Fahnen unterging, waren die Ergebnisse nicht so
schlüssig, daß die Ermittlungsbehörden das Interesse an ihm verloren hätten.
    Gegen Ende des Frühjahrs hatte sich das
FBI von der aktiven Beteiligung an dem Fall zurückgezogen. Die Ermittlungen der
Polizei von San Francisco schleppten sich dahin. Dann fiel im Juni der Frau von
Jay Larkeys Compagnon im Café Comédie — Foster war nicht mehr dort angestellt —
ein Notizbuch in die Hände, daß er im Aufenthaltsraum für die Angestellten
zurückgelassen hatte. Das hatte sie der Polizei übergeben. Er hatte es bei
seinen Examensvorbereitungen mit Tracy benutzt. Man fand darin mehrere
Aktskizzen einer Frau, die ihr ähnelten, und eine Reihe von
Rechtschreibfehlern, die zu denen in dem schlecht geschriebenen Erpresserbrief
paßten.
    Die Polizei ging vorsichtig vor. Sie
verhörte Foster noch einmal, nahm ihn aber nicht fest.
    Ende Juli fand man ungefähr siebzig
Meilen südlich von San Francisco in einer Schlucht in den Santa Cruz Mountains
einen dunkelblauen Volvo mit blutbespritzten Polstern. Der Besitzer hatte ihn
als gestohlen gemeldet — gestohlen vom Parkplatz des Café Comédie, und zwar in
der Nacht, in der Tracy verschwand. Eingeparkt hatte ihn Bobby Foster. Seine
Fingerabdrücke fanden sich im Innern des Wagens — und auch die von Tracy
Kostakos. Die Blutflecke auf dem Vordersitz paßten zu Tracys Blutgruppe und zu
ihrer Untergruppe.
    Erneut wurde Foster von der Polizei
verhört. Er behauptete zunächst, den Volvo nicht eingeparkt zu haben. Später
sagte er, er könne sich nicht mehr an diesen speziellen Wagen oder seinen
Fahrer erinnern. Er parke im Laufe einer Nacht so viele Wagen ein. Aber dann
gestand er schließlich doch, Tracy entführt und ermordet zu haben.
    »Du sagst, es ist ein schlimmes
Geständnis?« fragte ich Jack.
    Er nickte. »Ich habe ein Video davon.
Wenn du mir in dem Fall helfen willst, solltest du es dir ansehen und auch die
Unterlagen des Pflichtverteidigers und das Gerichtsprotokoll lesen.«
    »Was soll ich denn nun genau für dich
tun? Worauf stützt du deine Berufung?«
    »Auf die üblichen Formfehler. Aber
damit hast du nichts zu tun. Ich möchte, daß du dich um den Mord kümmerst.«
    »Um einen zwei Jahre alten Fall, zu dem
es bereits ein Geständnis gibt und auch ein Urteil? Also wirklich, Jack!«
    Er fuhr sich mit beiden Händen durch
das dichte graue Haar. »Ich weiß, es klingt verrückt, Shar, aber ich glaube
nicht, daß der Junge schuldig ist.«
    »Und was ist mit diesem Geständnis?«
    »Das hat er noch vor Beginn der
Gerichtsverhandlung widerrufen.«
    »Auf den Rat seines Anwalts.«
    »Noch bevor er einen hatte. Der Junge
war so dumm und wies jeden Rechtsbeistand zurück, weil er glaubte, man würde
ihn für schuldig halten, wenn er sich einen Anwalt nähme. Und von falschen
Geständnissen hast du ja schon gehört.«
    Ich schwieg.
    Jack fragte: »Hast du die Verhandlung
verfolgt?«
    »Nein. War sie nicht letzten Sommer?«
    »Im August. Es hat lange gedauert, bis
der Fall vor Gericht ging.«
    »Ich war zu der Zeit im Urlaub. Und ich
schaffe es
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