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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche
Autoren: Marcia Muller
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Kostakos noch lebt. Und wenn sie nicht mehr
lebt, versuche ich, herauszubekommen, was tatsächlich mit ihr passiert ist.«
    »Warum müssen Sie dann den ganzen Mist
über mich wissen?«
    »In meinem Beruf weiß man nie, welche
Information einmal wichtig werden könnte. Ich möchte etwas über Ihr Leben
wissen, und zwar bis zu der Minute, als Sie heute morgen hier hereinkamen.«
    Das schien ihn zufriedenzustellen. Er
nickte, zog tief die Luft ein und sagte: »Okay. Wo soll ich anfangen?«
    »Bei dem Punkt, als Sie die Schule
verließen und in Schwierigkeiten gerieten. Aber zuerst möchte ich mein
Bandgerät anstellen.« Ich holte es aus der Aktenmappe und stellte es auf. Bobby
sah es unschlüssig an, protestierte aber nicht. Nach einer Sprechprobe ließ ich
das Band anlaufen und lehnte mich zurück.
    »In Ordnung«, sagte ich, »reden Sie
nur. Keine Eile und nichts auslassen — wenn nötig, komme ich nächste Woche
wieder. Wir haben viel vor.«
    Als Bobby zu reden anfing, sah ich auf
meine Hände. Sie lagen offen im Schoß, die Finger leicht gekrümmt. Eine Schale,
in der vielleicht sein Leben lag.
     
     
     

2
     
    Mein Besuch bei Bobby Foster war das
Ergebnis eines improvisierten Picknicks mit Jack Stuart, unserem
Strafrechtsexperten bei All Souls. Er hatte am Tag zuvor plötzlich mittags vor meiner
Tür gestanden — es war der Mittwoch dieser letzten, wie angehängten Woche des
Jahres, die einzig und allein dazu gut ist, diejenigen von uns zu frustrieren,
die von den Weihnachtstagen die Nase voll haben und begierig darauf warten, daß
sich das Leben wieder normalisierte.
    Für diese tote Zeit hatte ich mir
vorgenommen, endlich und endgültig meinen Plan (ich vermied es, ihn einen
Neujahrsvorsatz zu nennen) in die Tat umzusetzen und die Veranda hinter meinem
Haus auszubauen. Ich hatte im letzten Sommer damit angefangen, die Wände setzen
zu lassen, um so ein zweites Schlafzimmer zu gewinnen, aber auf halbem Wege war
mir das Geld ausgegangen. Im Oktober hatte ich meine Pfandbriefe verkauft und
Geld aufgenommen, um die Sache hinter mich zu bringen und noch einige
notwendige, im Grunde aber nebensächliche Reparaturen vornehmen zu lassen. Dann
hatten mich die Weihnachtseinkäufe und die Feiertage wieder abgehalten. Es war
eine einigermaßen produktive Woche gewesen, aber dann war auch ich von der
allgemeinen Mattigkeit angesteckt worden, die sich überall ausbreitete.
Außerdem hatte keiner von den Handwerkern, die wegen Kostenvoranschlägen bei
mir gewesen waren, sich wieder gemeldet. Als Jack läutete, wanderte ich gerade
mit halbherzigen Mordgedanken gegen ein paar Brombeersträucher, die sich
breitgemacht hatten, durch den Garten. Wäre er nicht aufgetaucht, hätte ich in
spätestens einer Viertelstunde vor Langeweile die Hände gerungen.
    Daher war ich froh, in seinen Kombi
klettern und in den nahe gelegenen Gien Park fahren zu können. Jack hatte eine
Einkaufstüte bei sich, vollgestopft mit französischem Weißbrot, Käse und
Salami, und dazu eine Flasche recht ordentlichen Wein, die er unverkennbar aus
dem Vorrat von All Souls für die alljährliche Silvesterparty stibitzt hatte.
Ich hatte ein paar Prospekte eingesteckt, die ich studieren wollte. Als wir am
äußersten Ende des Gien Canyon angekommen waren, holte ich eine alte Decke aus
dem Kofferraum des Kombis und setzte mich neben einen dicken Baumstumpf, um zu
lesen. Jack machte sich daran, die Felswand des Canyon zu erklettern.
    Jack war ein begeisterter Kletterer,
aber leider kein besonders guter. Er hatte sich dieses Hobby zugelegt, um den
Schmerz zu sublimieren, den ihm seine Scheidung im letzten Jahr bereitet hatte.
Meiner Meinung nach hätten es allerdings etwas mehr psychischer Schmerz und
etwas weniger körperliche Qualen auch getan. Anfang November hatte er sich bei
einer Klettertour in den Pinnacles bei einem Sturz drei gebrochene Rippen
geholt. Erst jetzt kam er langsam wieder in Form. Die Gefahren hier im Gien
Canyon, hatte er mich wissen lassen, seien unter »Schwierigkeitsgrad eins«
einzustufen, was bedeute, daß ein Unfall nicht gleich zu Dauerschäden führen
müsse. Das war auch gut so, denn dies waren die ersten Feiertage seit seiner
Scheidung, und er sublimierte gerade bis zum Exzeß. Ihm zuzuschauen, machte
mich nervös, also konzentrierte ich mich auf den Prospekt, in dem ich gerade
blätterte.
    Der Prospekt stammte von irgendeiner
Organisation namens Educational Swap Meet — einer lockeren Expertenvereinigung
von eigenen Gnaden,
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