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Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Titel: Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
Autoren: Brigitte Kanitz
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Leute kamen näher. Ein Halbkreis schloss sich eng um Hanna. Wo war Luises freundliches Gesicht? Nicht mehr zu sehen. Und Westermann? Irgendwo hinter ihr. Johannsen? Verschwunden, wie es schien.
    Hanna bekam plötzlich Atemnot. Hatten sich die armen rothaarigen Frauen im Mittelalter so gefühlt, kurz bevor sie auf dem Scheiterhaufen lichterloh brannten? Verdammt!
    »Ich bin brünett!«, rief Hanna.
    Jemand kicherte. Es klang nach Luise. Verräterin!
    »Seid ihr wirklich sicher, dass ihr das machen wollt?«, erklang eine Frauenstimme. »Vielleicht hat sie den Verstand verloren. War ja auch viel Stress für die arme Deern.«
    Arme Deern? So war Hanna zuletzt von ihrem Vater genannt worden, wenn sie sich als kleines wildes Mädchen ein Knie aufgeschlagen hatte. Sie bekam jetzt kaum noch Luft und spürte, wie ihr der kalte Schweiß ausbrach. Immerhin. Irgendjemand empfand Mitleid für sie, nicht bloß blanken Hass.
    Wenn sie bloß besser atmen könnte. Dann würde sie den Leuten schon Bescheid stoßen!
    Ihr Gesichtsfeld verengte sich, leuchtende Punkte tanzten plötzlich vor ihren Augen.
    Jemand packte sie von hinten an den Hüften und hob sie hoch.
    Hanna schrie auf.
    Im nächsten Moment plumpste sie auf Alfreds breiten Rücken.
    »Festhalten, Chefin«, sagte Westermann und ließ sie los.
    Hanna krallte die Hände in die Mähne.
    Ogottogott, war das rutschig hier oben! Alfred würde doch jetzt nicht loslaufen, oder? Nein, unmöglich. Dazu hätte er ein paar Leute niedertrampeln müssen, und so etwas lag nicht in der Natur der Pferde. Glaubte sie zumindest. Wenigstens bekam sie wieder Luft.
    Etwas anderes fiel ihr ein.
    »Du setzt dich jetzt nicht hin, Alfred. Ist das klar?«
    Der Schimmel spitzte die Ohren. Er verstand. Hanna fühlte sich ein bisschen sicherer. Sie ruckelte vorsichtig hin und her, um eine bequemere Stellung zu finden. Schwierig.
    Jemand aus der Menge rief: »Wie hieß noch die Nackte auf ihrem Schimmel?«
    »Lady Godiva«, wusste ein anderer. »Irgendwo im alten England, glaube ich.«
    Ja, danke, dachte Hanna. Ich bin aber nicht nackt. Nur leicht derangiert.
    Aus ihrer erhobenen Position warf sie böse Blicke in die Runde und setzte gerade zu einer gepfefferten Bemerkung an, als Bäckermeister Möller um Ruhe bat.
    Stille legte sich über den Dorfplatz, nur unterbrochen von Alfreds vergnügtem Schnauben.
    »Keinen Mucks, Dicker«, sagte Westermann, der ihn am Halfter hielt. »Unser Bürgermeister will eine Rede halten.«
    Bürgermeister? Das hatte Hanna noch nicht gewusst. Na, es war auch noch keine Zeit gewesen, die Honoratioren von Hasellöhne offiziell kennenzulernen. Sie biss die Zähne aufeinander, bereit, sich zu verteidigen, wenn Möller sie jetzt fertigmachen wollte. Zur Not würde sie Alfred die Hacken in die Flanken schlagen und eben doch ein paar Leute niederreiten. Pferdeinstinkt hin oder her. Hanna machte sich bereit.
    Plötzlich entdeckte sie Johannsen. Er stand direkt am Brunnen und schaute sie an. Es war allein sein ruhiger Blick, der sie davon abhielt, etwas Unüberlegtes zu tun. Gleichzeitig erinnerte sie sich daran, dass sie gar nicht reiten konnte.
    Möller redete inzwischen, aber sie bekam nur den Rest seiner Ansprache mit: »… ist es uns eine Freude, Ihnen die Ehrenbürgerschaft von Hasellöhne anzubieten.«
    Was? Wovon redete der? Und warum drängte er sich jetzt so energisch durch die Menge, kam auf sie zu und reichte ihr die Hand? Sie hielt den Blick fest auf Johannsen gerichtet. Der Rest der Welt existierte mal für einen Moment nicht.
    Hand ausstrecken!, rief ihre innere Stimme aufgeregt. Die Wurstfinger vom Bäckermeister drücken!
    Dessen Gesicht verfinsterte sich jetzt, und er ließ den Arm sinken.
    Endlich begriff Hanna.
    »Tut mir echt leid, Herr Möller. Aber wenn ich Alfreds Mähne loslasse, falle ich runter.«
    Jemand lachte. Dann noch jemand und noch jemand. Das Gelächter breitete sich aus wie ein Herbststurm über der Heide, bis sich alle Leute schier ausschütten wollten.
    Alfred begann, nervös zu tänzeln.
    Ogottogott!
    Hanna rutschte.
    Westermann fing sie auf. Schon wieder die falsche Männerbrust.
    »Lass mich los«, zischte sie.
    »Fühlt sich aber gut an, Chefin«, erwiderte er und lachte so dröhnend, dass sie die Erschütterungen bis in die Fußspitzen spürte.
    Hanna schwieg und starrte zu ihm hoch.
    »Ist ja schon gut.« Sanft ließ er sie zu Boden gleiten.
    Alfred senkte seinen Kopf, um sich kraulen zu lassen.
    »Du kannst nichts dafür«, erklärte
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