Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord ist auch eine Lösung

Mord ist auch eine Lösung

Titel: Mord ist auch eine Lösung
Autoren: Jean G. Goodhind
Vom Netzwerk:
den Cayman-Inseln. Aber ein kleines Techtelmechtel konnte nie schaden.
    Deswegen hatte sie ja auch nie wirklich laut protestiert, als ihre Tochter sich mit Steve Doherty, einem schlichten Polizeibeamten, anfreundete. Sie dachte sich, das würde schon wieder vorbeigehen, eine kurze Schwärmerei, über die ihre Tochter Hannah rasch hinwegkäme, wenn es nach Gloria ging.
    Dass er nun hier bei ihr vor der Tür stand und ziemlich verlottert, aber attraktiv und aufregend aussah, war wirklich eine Überraschung. Dass er ihr eine Frage stellen wollte, ängstigte sie. Wollte er sie etwa um die Hand ihrer Tochter bitten?
    »Was für eine Frage denn?«, erkundigte sie sich und schob die Tür ein Stückchen weiter zu, für den Fall, dass er hereinkommen wollte.
    »Es geht um Ihre Freundin Cybil Camper-Young.«
    »Oh!«
    |305| Erleichterung durchflutete Gloria. Er wollte also nicht ihre Tochter heiraten. Er war gekommen, um sie über ihre alte Freundin Cybil auszufragen.
    Ihr Lächeln war so breit wie der Grand Canyon.
    »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt, Herr Inspektor? Ich helfe doch der Polizei immer gern, wenn ich kann.«
    Gloria führte Steve in ihr Wohnzimmer, einen Raum, in dem geschliffenes Kristall, vergoldete Beistelltischchen und ein cremeweißer Teppich den Ton angaben.
    Sie forderte ihn mit einer eleganten Handbewegung auf, sich zu setzen. »Worum geht es also?«
    Doherty, der besorgt bemerkt hatte, dass die Sofakissen goldene Seidenbiesen und an jeder Ecke eine Quaste hatten und so in Reih und Glied angeordnet waren, dass sie alle in die gleiche Richtung zeigten, hockte sich nervös auf die Sofakante und presste die Knie fest zusammen.
    »Ich möchte Sie bitten, mir alles zu erzählen, was Sie über sie wissen. Ich habe mir sagen lassen, dass sie im Krieg in geheimer Mission gearbeitet hat.«
    »Wenn Sie den Zweiten Weltkrieg meinen, dann ganz gewiss nicht! So alt ist sie nicht!«, antwortete Gloria entrüstet. »Ich übrigens auch nicht!«
    »Ich dachte, sie hätte was mit Spionage, Secret Service und so zu tun gehabt.«
    »Ja. Im Grunde war sie Spionin. Sie hat uns immer erzählt, dass Iain Flemings Bücher eigentlich auf ihrem Leben basierten, nur dass er natürlich einen Mann aus ihr gemacht hat. Ich bin mir nicht sicher, ob das die Wahrheit war. Stellen Sie sich vor, eine Freundin von mir mit Lizenz zum Töten!«
    »Ja, kaum zu glauben«, sagte Doherty und lächelte schwach. »Aber damals war sie jünger.«
    »Ja, ungefähr sechsundzwanzig, glaube ich.«
    Doherty addierte die Jahre im Kopf. »Wollen Sie mir damit sagen, dass sie über siebzig ist? Wirklich?«
    Er konnte sein Erstaunen nicht verhehlen. Da musste sie sich doch irren!
    |306| »Ich irre mich nicht!«, erwiderte Gloria mit Bestimmtheit. »Sie ist etwa in meinem Alter, vielleicht ein, zwei Jahre älter. Ich habe mich natürlich besser gehalten als sie«, fügte sie selbstzufrieden hinzu, strich über ihr Haar und war offensichtlich auf der Jagd nach einem Kompliment.
    »Erklären Sie mir bitte, in welchem Krieg sie genau mitgemacht hat?«
    Gloria schaute ihn an, als wäre er ziemlich dämlich. »Na, im Kalten Krieg natürlich! Sie war in Russland. Es war alles streng geheim. Sie hat nie viel darüber geredet, aber in letzter Zeit sind ihr ab und zu mal ein paar Sachen rausgerutscht. Das durfte sie natürlich nicht verraten, aber sie verliert ja den Verstand.« Sie runzelte die Stirn. »Sie hat Demenz. Das hat mit ihrem Hirntumor zu tun. Es ist nur noch eine Frage der Zeit.« Sie schüttelte den Kopf. »Ihr Kopf ist nicht mehr, was er einmal war.«
    Doherty fand, dass er nun keine weiteren Fragen zu stellen brauchte. Jetzt musste er mit der alten Dame im Lobelia Cottage selbst sprechen. Während des gesamten Falls war er ruhig und selbstsicher mit dieser Prozession von Verdächtigen umgegangen. Die hatten sich alle für viel schlauer und hartgesottener gehalten als er. Wer hätte da gedacht, dass eine alte Dame in den späten Siebzigern nicht nur wirklich schlauer und hartgesottener war, sondern auch ein bisschen verrückt?
    Doherty verabschiedete sich von Honeys Mutter und machte sich auf den Rückweg zum Green River Hotel, um nachzusehen, ob Honey inzwischen zurückgekehrt war. Sie war noch nicht wieder da.
    »Vielleicht hat sie alte Freunde getroffen und trinkt mit ihnen Kaffee«, erklärte Lindsey fröhlich.
    Sie fügte nicht hinzu, dass es vielleicht ein neuerer Freund war, ein Franzose, der hier dank eines Austauschprogramms zu Besuch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher