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Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Titel: Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman
Autoren: Granger Ann
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gefangen, in Gefühle verstrickt, die sie erschreckten, die sie nicht verstand, die sie gleichzeitig himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt machten. Sie hatten ein bezauberndes, nach außen hin harmonisches Trio abgegeben, die hübsche Ehefrau und Mutter, ein schönes Baby und der stolze junge Vater und Ehemann. Meredith hatte ihnen direkt gegenübergestanden, an eine Säule gedrückt, sich hinter dem hohen gemeißelten Taufbecken aus Stein verbergend, sie hatte sterben, in die holprigen Steinplatten versinken wollen, die den Fußboden der uralten Kirche bildeten, sie wäre am liebsten direkt hinabgesunken in die darunterliegende Krypta, um sich dort den Toten zuzugesellen, die aller fleischlichen Pein entronnen waren. Damals hatte sie geglaubt, der schlechteste Mensch auf Erden zu sein.
    Der Vikar stellte den Paten die übliche Frage: »Wollt ihr, im Namen dieses Kindes, dem Teufel und all seinen Werken widersagen, dem eitlen Pomp und falschen Glanz dieser Welt mit all ihren Begierden und den Begierden des Fleisches, auf daß ihr ihnen weder folgen noch euch von ihnen leiten lassen werdet?« Obwohl sie sich noch so sehr anstrengte, es zu verhindern, war ihr Blick in die Höhe gezogen worden, sie war, über das Taufbecken hinweg, Mikes Augen begegnet und hatte das Gefühl gehabt, daß alles, was in ihrem Herzen war, ihr jetzt wie ein Brandzeichen auf der Stirn stehen mußte, so daß alle es lesen konnten.
    »Antworte!« hatte sie der Vikar unwirsch aufgefordert.
Undeutlich hatte sie gemurmelt: »Ich widersage« und konnte bis zum heutigen Tag nicht verstehen, warum nicht sofort ein Blitzstrahl sie getroffen und getötet hatte, dort, auf den abgetretenen Steinplatten. Sogar jetzt, mit Eves Brief und Karte in der Hand, war ihr, als könne sie das Kerzenwachs riechen und die erdige Feuchte, die in alten Steinen sitzt, und den Staub in den Betkissen. Sie hörte im Geist das Wasser spritzen, das weitärmelige Chorhemd des Priesters rascheln und das überraschte, leise Piepsen des Kindes in seiner Armbeuge.
Zuweilen, sagte Meredith sich später, wächst man aus der jugendlichen Verwirrung heraus, manchmal aber reift sie zu einer Verwirrung heran, die noch im Erwachsensein Bestand hat, und man kann sich ihr nur entziehen, indem man flieht. Einen anderen Ausweg gibt es nicht. Zu gegebener Zeit nahm Meredith ihr Wanderleben auf. Von Posten zu Posten, von Land zu Land. Jetzt war sie hier, britische Konsulin, fünfunddreißig Jahre alt und sehr gut in ihrem Job. Meredith, so sagten alle, ist eine Karrierefrau. Aber sie war auch ein Flüchtling.
Das Schicksal hat jedoch die häßliche Unart, sich an unsere Rockschöße zu hängen. Jetzt war der wimmernde Säugling zur Frau herangewachsen und wollte heiraten. Das boshafte Schicksal mußte auf diesen Tag gewartet haben und führte jetzt, während es Meredith mit einem höhnischen Grinsen beim Lesen der Karte zusah, in der Ecke des Wohnzimmers einen gespenstischen kleinen triumphalen Tanz auf. Und es war, unleugbar, ein ziemlicher Schock, so plötzlich festzustellen, wie schnell die Jahre verflogen waren.
»Mann«, murmelte Meredith, »wie alt ist sie eigentlich?« Sie zählte schnell mit den Fingern nach. Neunzehn. »Verdammt, ich hab ihr zum Achtzehnten kein Geburtstagsgeschenk geschickt. Wann feiert man jetzt seine Großjährigkeit? Mit achtzehn oder einundzwanzig? Ich werde ihr etwas unglaublich Tolles zur Hochzeit schenken müssen. Wen um alles in der Welt heiratet sie überhaupt?«
Eine genauere Inspektion der Karte enthüllte, daß es sich um einen gewissen Jonathan Lazenby handelte. Wegen des Hochzeitsgeschenks würde sie sich von Eve beraten lassen müssen. Das letzte, was sie ihrer Erinnerung nach ihrem Patenkind geschickt hatte, war ein Kinderbuch gewesen. Sie begann den Brief zu lesen.
Du wirst doch versuchen zu kommen, nicht wahr, Merry? Eves ausladende Handschrift schwankte, mal nach links, mal nach rechts kippend, über die Seite, fiel hin und wieder sogar über den Rand und ließ dann Worte auf eine kuriose Weise unvollendet. Wir sind eine so kleine Familie. Wir haben überhaupt keine richtigen Verwandten, und die Lazenbys werden vermutlich in Armeestärke auftreten. Es wird eine ganz bescheidene Hochzeit, nur Familie, weißt du, und es wäre Sara peinlich, wenn unsere Seite der Kirche leer bliebe. Sie heiratet in unserer kleinen Dorfkirche, die praktisch nicht mehr benutzt wird und eigens geöffnet werden muß. Ich hoffe sehr, es riecht nicht muffig nach feuchten
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