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Mord inclusive

Mord inclusive

Titel: Mord inclusive
Autoren: Janice Hamrick
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gut ausgesehen hätte. Kyla und mir war er sofort aufgefallen. Wir konnten es gar nicht erwarten, seine Geschichte zu hören und herauszubekommen, weshalb er so einsam war, aber bisher hatte sich noch keine Gelegenheit dafür ergeben. Er schien sich etwas am Rande der Gruppe zu bewegen und sich mit niemandem wirklich einzulassen, was bestimmt etwas bedeutete. Während wir anderen schockiert beisammenstanden, war er einer der wenigen gewesen, der sich an Millie herangewagt hatte, als sie tot am Fuße der Pyramide lag. Ich sah ihn sogar mit der Polizei und dann mit Anni sprechen. Jetzt hatte er sich zu unserem Wortführer aufgeschwungen und laut gesagt, was alle dachten.
    Anni blickte uns an, und wir nickten mit den Köpfen wie die Wackelfiguren auf dem Armaturenbrett eines LKWs.
    »Dann machen wir das so. Wer möchte ins Innere der Pyramide hinabsteigen?«, fragte sie und fächerte einen Stapel buntbedruckter Tickets wie ein Spiel Karten in ihrer Hand auf.
     
    Eine halbe Stunde später stiegen wir wieder in den Bus und fuhren eine kurze Strecke zur Westseite der Pyramiden, wo eine ganze Herde Kamele auf uns wartete. Das war einer der Vorteile einer Gruppenreise: Wir mussten nie weit gehen und brauchten uns nicht selbst um ein Kamel zu kümmern. Anni ließ uns nicht sofort aussteigen, sondern gab uns ein paar Hinweise, was das Trinkgeld betraf, während wir uns wie die letzten Hinterwäldler an den Fenstern die Nasen platt drückten.
    Was wir da sahen, wirkte chaotisch. Dutzende Kamele lagen im Sand, die langen, knochigen Beine untergeschlagen. Sie hatten kleine, leuchtend grüne Büschel Futter vor sich, die sich scharf von dem ausgedörrten Boden abhoben. Auf ihren Höckern lagen gesteppte Decken, wie man sie zum Abdecken von Möbeln benutzt. Darauf befand sich ein riesiger Sattel, der vorn und hinten hoch und spitz auslief. Das Fell der wilden Wüstenkamele war fast weiß und nicht sandfarben, wie man es bei ihren Artgenossen findet, die als Haus- oder Zootiere dienen. Sie schauten zugleich schläfrig und verdrossen drein.
    Hinter der Kamelherde hatte man etwa zehn Pferde verschiedener Farbe aufgestellt, die sich neben den Wüstenschiffen klein und etwas kläglich ausnahmen. Die Botschaft war eindeutig: Echte Männer ritten Kamele, und nur jämmerliche Loser oder vielleicht ältere Nonnen fanden sich bereit, ein Pferd zu besteigen. Die Kameltreiber boten einen nicht weniger exotischen Anblick. Sie trugen die traditionelle Galabiya der Ägypter, das langärmelige blaue, graue oder schwarze Gewand, das wie ein weites Hemd von den Schultern bis zum Boden reicht. Dazu hatten die meisten weiße oder rot-weiße Tücher um den Kopf geschlungen, um sich vor der Sonne zu schützen.
    Als wir, von dem Anblick hingerissen, aus dem Bus stiegen, stürzten die Kameltreiber schreiend auf uns zu. Die Vordersten unserer Gruppe scheuten wie verschreckte Rehe. Dawn Kim wandte sich sogar um und wollte sich in das Fahrzeug retten, wurde aber von dem wackligen Charlie de Vance daran gehindert, der gerade dabei war, sein künstliches Knie in die richtige Stellung zu bringen, um die letzte Stufe hinabzusteigen. Anni steuerte uns geschickt in die Hände des Treibers, mit dem sie eine Absprache getroffen hatte, worauf die Übrigen sich enttäuscht zurückzogen.
    Aufgeregt folgten wir unserem Treiber. Die rotschopfigen Peterson-Jungen rannten voraus, begleitet von Warnrufen ihrer Mutter, sie sollten sich von den Tieren fernhalten. Flora und Fiona humpelten untergehakt voran und erklärten bei jedem Schritt, sie wollten nur gemeinsam ein Kamel besteigen. Jerry Morrison blieb mit seiner Tochter etwas zurück und rümpfte die Nase.
    »So dreckige Viecher«, knurrte er, »die haben bestimmt Flöhe.«
    »Na, weißt du, Daddy«, gab die Tochter zurück. Ich war ziemlich sicher, dass sie Kathy hieß und entschieden aus dem Alter heraus war, da man seinen Vater »Daddy« nannte.
    Im Stillen hoffte ich, die beiden hätten noch den Kulturschock zu verarbeiten und würden uns mit ihrer Nörgelei nicht die ganze Reise verderben. Außerdem wünschte ich mir, mit den Flöhen möge Jerry Unrecht haben.
    Ich bückte mich und zog meine Schnürsenkel fest. Ich wollte eine der Letzten sein, die ein Kamel bestieg. Möglichst weit weg von den Morrisons und dem Paar der Verwirrten.
    »Trödel nicht«, sagte Kyla und stampfte mit einem blank geputzten Lederschuh ungeduldig im Sand auf. Der trug auch schon eine feine Staubschicht, was mich diebisch freute. Ich
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