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Mord inclusive

Mord inclusive

Titel: Mord inclusive
Autoren: Janice Hamrick
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sie ihr Kopftuch sorgfältig festgesteckt hatte, damit auch ja kein Millimeter von Hals und Haar zu sehen war. Darüber hatte sie ein T-Shirt mit dem Logo I like WorldPal gezogen. Jeans und Tennisschuhe vervollständigten ihr Outfit. In einer Hand hielt sie einen rosafarbenen Hello-Kitty-Schirm, der ihr nicht etwa als Schutz vor nicht vorhandenem Regen diente, sondern als Standarte, um ihre kleine Schar zusammenzuhalten. Wohin wir auch gingen, wir folgten Hello Kitty wie gehorsame Gössel der Mutter Gans.
    Nun setzte ein heftiger Wortwechsel auf Arabisch mit dem Polizisten ein. Das einzige Wort, das ich verstand, war »la«, was »nein« bedeutet. Anni sagte es ziemlich oft.
    Meine Cousine Kyla stellte sich mit besorgter Miene zu mir an den Steinblock. Sie achtet viel zu sehr auf ihre Kleidung, um sich an so ein staubiges Ding zu lehnen, aber heute stand sie besonders aufrecht einen Schritt neben mir, eindrucksvoll wie immer. Ihr langes dunkles Haar, nach Farbe und Fülle dem meinen gleich, aber mit elegantem Schwung, glänzte in der Sonne. Ich weiß nicht, wie sie es macht, aber ihre hellbraune Hose und ihr zitronengelbes Shirt sahen aus wie frisch gebügelt. Und während wir anderen die Köpfe hängen ließen, wirkte sie absolut cool und gefasst.
    Aber das war nur Fassade. Ich konnte sehen, dass sie sich Sorgen machte wie wir auch.
    »Was geht hier eigentlich vor?«, fragte sie im Flüsterton.
    »Ich denke, die nehmen uns gleich alle fest und werfen uns in einen türkischen Kerker.«
    »Sonst noch was?«
    »Keine Ahnung.«
    Sie warf mir einen Blick zu. Kyla mag aus der Entfernung schlank und elegant wirken, in Wirklichkeit aber ist sie ein Pitbull ohne Fell. Zu Hause in Austin, Texas, leitet sie ein Team von Software-Entwicklern, in dem es sehr organisiert, konzentriert und offen zugeht. Sie ist zutiefst davon überzeugt, dass sie jederzeit die Situation in den Griff bekommt. Mir macht es Spaß, sie regelmäßig darauf hinzuweisen, dass sie sich da irrt. Ich bin mir sicher, dass sie mich für weich und feige hält, denn sie hat es mir schon mehrfach ins Gesicht gesagt. Aber mit ihr kann man Pferde stehlen, und als ich sie zu dieser Ägyptenreise einlud, sagte sie ja, bevor ich den Satz zu Ende gesprochen hatte. Natürlich versuchte sie dann sechs Wochen lang, mich von einer Gruppenreise abzubringen und zu zweit loszuziehen, was der helle Wahnsinn gewesen wäre.
    Nach Ägypten zog es mich, solange ich denken kann. Ich wollte schon immer die Pyramiden sehen, die Mumien, den  Nil. Eine Traumreise sollte es werden, die Erfüllung eines Kindheitswunsches. Aber ohne den Schutz einer Gruppe und einen Reiseführer, der zumindest die Sprache beherrscht? In einem Land, wo an jeder Ecke Wachtposten mit Maschinenpistolen stehen und jeden Touristenbus begleiten? Niemals. Sollte mich Kyla doch für feige halten. Damit konnte ich leben. Nun hatte sich gezeigt, dass auch eine Gruppe keinen absoluten Schutz bot. Millies Tod war wohl kaum in dem Programm von WorldPal vorgesehen, und ich wusste, wenn er unsere Reise ernsthaft beeinträchtigte, würde mir Kyla das bis zum Ende meiner Tage unter die Nase reiben.
    Meine Gedanken kehrten zu dem Unfall zurück. Die Geschichte beschäftigte mich sehr, und das nicht nur, weil eine einsame Frau in mittleren Jahren tot war.
    »Was meinst du, wie ist sie überhaupt dort hinaufgekommen?«, dachte ich laut.
    Kyla maß den steinernen Koloss hinter mir mit einem Blick. Ihr Kopf ragte nur wenig darüber hinaus. »Ich würde das schon schaffen, wenn ich wollte«, erklärte sie.
    »Ich sicher auch, aber nur, wenn ein hungriger Löwe hinter mir her wäre. Sonst nicht. Und sie war ein ganzes Stück älter als wir.«
    Kyla dachte nach. »Aber sie war ziemlich drahtig«, wandte sie ein. »Schau dir doch Flora und Fiona an. Die kommen mir vor wie hundert, aber ich habe Fiona ihre Koffer schleppen sehen wie ein echter Lastträger.«
    Das überhörte ich. »Aber auch wenn sie dort hinaufgeklettert und heruntergefallen ist, wieso war sie gleich tot?« Mein Blick wanderte zu dem Häufchen Unglück hinüber, aber ich brachte es nicht über mich, es mir genauer anzuschauen.
    »Manchmal passieren die merkwürdigsten Dinge«, gab Kyla zurück.
    Möglich, dachte ich bei mir. Aber mir fielen keine ein.
    Nach und nach gesellten sich die anderen Mitglieder der Gruppe zu uns. Die jüngsten, zwei Burschen namens Chris und David Peterson, nahmen Anlauf und waren im Nu auf einem der steinernen Kolosse, womit sie uns
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