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Mord in Oxford

Mord in Oxford

Titel: Mord in Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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haben nie Zeit.«
    »Hatten wir eigentlich Barbara als mögliche Mörderin Yvonnes in Betracht gezogen?«
    »Du willst doch nur von deinem unreifen Gefühlsleben ablenken.«
    »Stimmt genau. Vielleicht ist Nick an dem Dienstag auch erst nach Frankreich abgereist, nachdem er Barbara genaue Instruktionen hinterlassen hatte. Sie hat sich dann in den Sturm hinausgeschlichen …«
    »… mit Roses Strickmütze und Lyndas Daunenjacke und hat Yvonnes Tür mit dem Schlüssel geöffnet, den sie gerade zufällig dabeihatte …«
    »Schon gut, schon gut, hast du vielleicht einen besseren Vorschlag?«
    »Ich habe etwas ganz anderes.« Camillas Stimme klang plötzlich merkwürdig. »Würde es dir etwas ausmachen, kurz anzuhalten? Mir ist auf einmal furchtbar schlecht.«
    Sie waren am Fluss entlanggelaufen und hatten fast den Punkt erreicht, wo der Pfad eine scharfe Biegung nach rechts machte und hinter einem Weidendickicht in den Postle mündete.
    »Sorry«, sagte Camilla, »aber ich …« Sie verschwand hinter einem Busch. Einen Augenblick lang hatte Kate den bösen Verdacht, dass Camilla sie austricksen wollte. Würde sie gleich mit einer der hier massenweise vorhandenen stumpfen Schlagwaffen aus dem Gebüsch springen? Aber Camillas Gesicht hatte eine ungesund grünliche Farbe angenommen, und der Schweißfilm auf ihrer Stirn hatte offenbar nichts mit der körperlichen Anstrengung der letzten Kilometer zu tun.
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst diesen blöden Keks nicht essen! Besser hättest du dich an Gavins Quellwasser gehalten.«
    »Hab ich doch. Und einen von Sophies Haferkeksen hab ich gegessen.«
    »Ganz schön dumm von dir! Du weißt genau, was passiert, wenn du unmittelbar vor einem Rennen etwas isst.«
    »Ich war der Meinung, dass sich mein Verdauungssystem allmählich daran gewöhnt hätte.«
    Vermutlich waren sie, ohne es zu bemerken, viel schneller gelaufen als die anderen Frauen, denn Kate sah weit und breit keine Menschenseele. Gavin war längst über alle Berge. Wenn Camilla keine Magenprobleme bekommen hätte, wäre ihnen ein gemeinsamer zweiter Platz sicher gewesen. Na, wenn schon, dachte Kate, wer will denn schon Zweiter werden?
    Camilla verschwand zum zweiten Mal hinter dem Busch. Kate hörte sie verzweifelt würgen.
    Als sie wieder zum Vorschein kam, sagte sie: »Ich mache nicht weiter, Kate. Von hier aus ist es nicht weit nach Fridesley. Gleich kommen die anderen Frauen vorbei, und in ein paar Minuten geht es mir bestimmt wieder besser. Aber es wäre doch eine Schande, wenn wir beide aufgäben. Lauf weiter, Kate. Lauf und biete Gavin eine anständige Konkurrenz.«
    Es gab wirklich nichts, was Kate für Camilla tun konnte, außer, sie mitleidig anzusehen. Wenn sie hingegen das Rennen beendete, hätte sie wenigstens die Chance, die anderen zu benachrichtigen. Bis Penny und Barbara kämen, würde noch eine geraume Zeit vergehen, von Sophie ganz zu schweigen. Sie konnte also genauso gut weiterlaufen. »Ganz sicher?«, fragte sie halbherzig.
    »Ganz sicher.«
    »Nach dem Rennen kommen wir und holen dich ab«, versprach Kate. »Ich sehe zu, dass unser fliegender Gavin so schnell wie möglich zurückkommt und nach dir sieht.«
    Mit diesen Worten setzte Kate sich in Bewegung. Sie lief den Treidelpfad am Fluss entlang, bis die scharfe Rechtskurve zum Postle hin sie Camillas Blicken entzog. Nur im Unterbewusstsein nahm sie die Gestalt wahr, die sich aus dem niedrigen Weiden- und Erlendickicht löste und mit erstaunlicher Geschwindigkeit auf sie zurannte. Ihre Schritte waren leise und schnell, ihre Hand, die Kates Handgelenk packte und auf den Rücken drehte, war stark, und der Arm, der sich mit festem Würgegriff um ihre Kehle legte, war unglaublich muskulös.
    Kates Blick wurde trüb. Sie konnte nur noch den Himmel über ihrem Kopf sehen. Aber die Stimme erkannte sie sofort.
    »Wir zwei machen jetzt einen kleinen Spaziergang, Kate, meine Liebe. Wir gehen zum Postle. Schreien kannst du dir sparen. Hier hört dich sowieso niemand.«
    Sophie.

23. KAPITEL
    P
    apageien, dachte Kate. Rote und grüne Papageien. Ein schläfriger, grauer Papagei in einer Ecke des Zimmers, ein lebhafter, rot-grüner Papagei auf einer Schaukel in der anderen.
    Heute trägt sie nicht die grauen Papageien, die einfachen grauen Schuhe, die so träge über das Straßenpflaster stampfen, als wären sie mit Blei gefüllt. Wie blauäugig bist du eigentlich, Kate? Du hast doch die Grafiken an ihrer Wand gesehen. Sie hat mit Gewichten trainiert.
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