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Mord in Oxford

Mord in Oxford

Titel: Mord in Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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Aber eben nicht nur in ihrem eigenen Studio, sondern auch während der Gruppenläufe. Kein Wunder, dass ihre Beine immer wie Baumstämme wirkten. Unter ihren Jogginghosen schleppte sie vermutlich einige Kilo Gewichte mit sich herum.
    Kate stolperte über ein Grasbüschel, aber Sophie riss sie sofort wieder hoch. Kate stöhnte vor Schmerz auf. Sie sah die Härchen auf Sophies Armen; dunkel und weich lagen sie auf der schweißbedeckten Haut. Einen Augenblick lang spielte sie mit dem Gedanken, ihre Zähne in diesen Arm zu schlagen, aber wahrscheinlich wäre das ungefähr so ausgegangen, als hätte sie versucht, in eine Metallstange zu beißen. Am Griff, mit dem ihr Hals und ihr Handgelenk festgehalten wurden, erkannte Kate, dass Sophie unter ihrer Fettschicht über die Muskelpakete eines Arnold Schwarzenegger verfügte. Wahrscheinlich hatte sie auch Gewichte an den Handgelenken getragen, dachte Kate. Klar, dass wir unter ihren sackförmigen Jogginganzügen nie etwas bemerkt haben.
    Sophie schubste sie unsanft in Richtung der Häuser, die Kate vor einiger Zeit besucht hatte. Sie hoffte inständig, dass sich Judas und Beck noch dort aufhielten. Oder zumindest die verrückte Alte aus dem Endhaus. Aber kein verflohter Köter kam ihnen entgegen; weder aggressives Bellen noch unfreundliche Stimmen waren zu hören. Wenn sie Sophie entkommen wollte, musste sie sich allein aus der Affäre ziehen. Kate rekapitulierte die Bewegungen, die sie vor zehn Jahren in einem Selbstverteidigungskurs gelernt hatte, und wünschte, sie hätte häufiger geübt. Doch selbst, wenn sie das getan hätte, wäre es ihr unmöglich gewesen, diesem eisenharten Griff zu entkommen. Sophie war ungleich stärker als sie. Vielleicht könnte sie in einem unaufmerksamen Moment mit einem Sprint entkommen, aber selbst dabei wäre Sophie ihr vermutlich überlegen.
    Kate versuchte sich zu entspannen und wenigstens ein paar Schritte lang zu kooperieren, um Sophie in Sicherheit zu wiegen. Doch sofort verstärkte Sophie den Druck, was nur noch mehr Schmerzen zur Folge hatte.
    »Verdammt nochmal, Sophie!«, krächzte sie in den erstickenden, verschwitzten Arm. Mit ihren Laufschuhen versuchte sie, gegen Sophies Schienbein zu treten, aber Sophie grunzte nur und versetzte Kate einen heftigen Tritt in ihr verlängertes Rückgrat, der sie auf die verlassenen Häuser zukatapultierte.
    Kate bekam Magenkrämpfe. Alles Blut wich aus ihrem Kopf; ihre Haut wurde klamm und kalt. Sie erkannte die Angst-Symptome sofort und wusste, woher sie kamen: Sie fürchtete den körperlichen Schmerz.
    Sie war ihrer Gegnerin körperlich unterlegen, daran gab es nichts zu rütteln. Die einzige Möglichkeit, die ihr blieb, war ihr Intellekt. Sie musste alles daransetzen, mit dem Kopf gegen Sophie anzugehen. Kate wusste, dass Sophie sie auf keinen Fall lebend entkommen lassen würde. Aber sie verfügte nur noch über diese eine Waffe, die sie in einem Kampf auf Leben und Tod einsetzen konnte.
    Inzwischen hatten sie das Haus erreicht, in dem Judas und Beck gewohnt hatten. Die Fenster waren vernagelt, und die Tür schwang in den Angeln. Holzsplinte zeugten davon, dass kürzlich jemand das Schloss gewaltsam herausgebrochen haben musste.
    »Sie haben alles zerstört, um Mr. Grant und seinen Bautrupps auch nicht den geringsten Wert zu hinterlassen«, sagte Sophie und stieß Kate in das Haus. Kate erinnerte sich vage an eine Äußerung von Judas, der etwas Derartiges angekündigt hatte. Das Haus roch nach Schimmel und fauligem Wasser mit einer Kopfnote von Hundehaufen. Nur durch die halb offene Tür drang ein wenig Tageslicht ins Innere.
    »Und jetzt?«, fragte Kate. Sie hörte die Angst in ihrer Stimme. Immer noch drehte Sophie ihr mit eisernem Griff den Arm auf den Rücken.
    »Wir müssen ein kleines bisschen warten. Ich bin nämlich ein Stück früher rechts abgebogen und über die Schafsweide gelaufen. Das ist ein gutes Stück kürzer«, sagte Sophie und klang dabei so phlegmatisch wie immer. »Camilla und du, ihr seid ziemlich weit vor den anderen gewesen. Vor allem vor Barbara. Sie hat in der letzten Zeit nicht besonders viel trainiert, weißt du? Eigentlich habe ich gar nicht damit gerechnet, dass sie beim Club-Rennen mitmacht, aber da es nun einmal so ist, müssen wir warten, bis sie vorbei ist. Danach nehme ich die Abkürzung über die andere Brücke und laufe an Camilla vorbei. Ich glaube, ich werde ihr Gesellschaft leisten und mich wegen ihres kleinen Magenproblems äußerst mitfühlend
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