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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium
Autoren: Lindsey Davis
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Statthalter und seinem Stab, ihr das klar zu machen.
    Petronius Longus überbrachte ich die bittere Nachricht, dass wir ein Verbrechen aufgeklärt, aber seine Zeugin verloren hatten.

LX
     
     
     
    Eine traurige Aufgabe blieb noch zu erledigen: Helena, Petronius und ich nahmen am Begräbnis von Chloris teil. Maia, immer noch erschüttert von ihrer Kraftprobe mit Norbanus, weigerte sich mitzukommen. Sie hatte nur harsche Worte für alle weiblichen Kämpferinnen übrig und noch schlimmere für meine alte Freundin. Sie warf Helena sogar vor, dass sie daran teilnahm.
    »Das ist zwar edel von dir, Helena – aber Edelmut stinkt!«
    »Sie ist zu meinen Füßen gestorben«, wies Helena sie ruhig zurecht.
    Gladiatoren sind von der Gesellschaft ausgeschlossen. Ihre Ehrlosigkeit bedeutet, dass ihre Gräber nicht nur außerhalb der Stadt liegen, wie die aller bestatteten Erwachsenen, sondern auch außerhalb der öffentlichen Friedhöfe. Eingeführte und wohlhabende Gruppen von Kämpfern kaufen sich teilweise eigene Grabstätten, aber Londinium besaß bisher keine Totenstadt mit kunstvollen Mausoleen. Daher beschlossen ihre Freundinnen, Chloris in offenem Gelände mit einem uralten und eigentümlichen nordischen Ritual beizusetzen.
    Der Weg dorthin war inzwischen vertraut. Wir gingen entlang des Decumanus Maximus in westlicher Richtung, überquerten den mittleren Wasserlauf und kamen dann an der Arena und am Badehaus vorbei. Londinium besaß keine Stadtmauern und kein offiziell gepflügtes Pomerium, also keinen Maueranger, als Begrenzung, aber wir wussten, dass wir an der Stadtgrenze waren. Hinter dem Militärbereich kamen wir zu einem Friedhof mit einigen eindrucksvollen Grabdenkmälern. Wir überquerten den Friedhof, wobei uns eine gewaltige Inschrift auffiel. Sie wurde für Julius Classicianus, den vorherigen Finanzprokurator, von dem Hilaris das Amt übernommen hatte, nachdem Classicianus im Dienst gestorben war, von seiner Frau in Auftrag gegeben. Auf der anderen Seite des Hügels kamen wir in abfallendes Gelände, das sich zu einem weiteren Zufluss des Tamesis hin erstreckte. Dort, abseits der offiziellen Gräber und Grabdenkmäler und mit Blick auf das offene Land, trafen sich die Trauernden.
    Chloris war die Gründerin und Leiterin der Gruppe gewesen, niedergestreckt in einem unlauteren Kampf. Das verlangte nach einer besonderen Ehrung. Ihre Leiche wurde bei Tagesanbruch hergebracht, die Totenbahre langsam von Frauen getragen. Ihre Kameradinnen bildeten eine düstere, zeremonielle Eskorte. Andere Trauernde, auch sie hauptsächlich Frauen, waren aus allen Teilen der Stadt gekommen. Unter ihnen befand sich auch eine Priesterin der Isis, deren Kult viele Gladiatoren huldigen. Erstaunlicherweise gab es einen Tempel der ägyptischen Göttin auf dem Südufer des Flusses in Londinium. Ich wusste, dass Chloris ihren eigenen tripolitanischen Göttern kaum gehuldigt hatte, aber einige ihrer Kameradinnen fanden die Teilnahme der Priesterin angemessen. Anubis, der hundeköpfige ägyptische Führer zur Unterwelt, entspricht Rhadamanthus oder Merkur, diesen Boten der Götter, die tote Gladiatoren aus der Arena begleiten. Unter dichten Schwaden von Pinienrauch und begleitet vom Geklingel eines Sistrums, erreichte die Bahre den Begräbnisplatz.
    Außerhalb des Friedhofs fanden wir ein sorgfältig ausgehobenes, geradseitiges Grab. Darüber war ein kunstvoller Scheiterhaufen aus gekreuzten Holzscheiten errichtet worden, in Rechtecken aufgebaut. Die Scheite waren akribisch gestapelt. Sie würden heiß und lange brennen.
    Tief unten im Grab standen neue Lampen und Räuchergefäße, Symbole für Licht und Rituale. Auch ein paar persönliche Schätze und Geschenke ihrer Freundinnen befanden sich dort. Jemand hatte Helenas blaue Stola gewaschen und Chloris darauf gebettet. Falls es Helena auffiel, ließ sie sich weder Zustimmung noch Ablehnung anmerken.
    Chloris sah älter aus, als ich sie in Erinnerung haben wollte. Eine durchtrainierte Frau in der Blüte ihres Lebens, die einen harten, aber spektakulären Beruf gewählt hatte. Wie aussichtslos es auch scheinen mochte, sie hatte vielleicht gehofft, ihre Kämpfe zu gewinnen und bejubelt zu werden, es zu Wohlstand und Ruhm zu bringen. Stattdessen war sie wegen ihres unabhängigen Geistes niedergemetzelt worden. Heute hatte man sie sorgfältig gekleidet und ihre grausigen Wunden verborgen. Sie trug ein langes, dunkles Gewand, auf der Brust überkreuzt von einer kostbaren goldenen Körperkette
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