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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv
Autoren: John Maddox Roberts
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geschätzten Praetor Peregrinus abgesehen hatten?« Anstatt vulgär mit dem Finger auf mich zu zeigen, machte er bei diesen Worten eine beiläufige Handbewegung in meine Richtung.
    »Was meinst du damit?«, forderte ich ihn zu einer Erklärung auf.
    »Verehrter Praetor«, erwiderte er, »wir alle schätzen dich als einen gerechten und untadeligen Mann. Wer wollte deine Tapferkeit leugnen, mit der du es trotz deiner praetoralen Würde eigenhändig mit den Banditen aufgenommen hast? Aber du entstammst einer berühmten Familie, ja einer Familie, die im öffentlichen Leben Roms seit vielen Generationen eine bedeutende Rolle spielt. Welche derart bedeutende Familie hätte keine Feinde? Deine jedenfalls kann sich über einen Mangel an Feinden nicht beklagen, wie wir alle wissen. Vor ein paar Jahren hast du selber den Tod deines berühmten Verwandten Metellus Celer untersucht. Und hast du es dabei nicht mit einer endlosen Liste von Verdächtigen zu tun gehabt, von denen jeder über ausreichend Motive verfügte, ihn zu ermorden?«
    Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern wandte sich wieder der Menge zu. »Bürger! Rom ist eine gefährliche Stadt!
    Alle schlagen sich auf die Seite einer Partei, die verfeindeten Lager stecken ihre Grenzen ab. In solchen Zeiten leben bedeutende Männer gefährlich, oft reicht schon ihre bloße Familienzugehörigkeit, um den Hass ihrer Gegner zu provozieren. Und ein Caecilius Metellus wie unser verehrter Praetor, Nachkomme einer der bedeutendsten Familien also, die seit Jahrhunderten im Senat vertreten ist, kann sich vor Feinden kaum retten. Deshalb bin ich sicher, dass es sich bei diesem Überfall nicht um einen Anschlag auf den Beschuldigten gehandelt hat, und dass wir diesen bedauerlichen Zwischenfall daher getrost außer Acht lassen können. Wenden wir uns lieber den Umständen des hier zu verhandelnden Mordes zu.«
    Er gebot der Menge mit einer Geste, ruhig zu sein und seinen Überlegungen zu folgen. »Alle Anwesenden wissen, dass Gelon der Anmut und Schönheit Gorgos erlegen war. Doch diese hat seine Annäherungsversuche in keiner Weise erwidert, geschweige denn ihn ermutigt, sich irgendwelche Hoffnungen zu machen. Ihr Vater hat Gelons Werben streng missbilligt, und als brave und pf lichtbewusste Tochter hat sie sich gefügt und ihm versprochen, die unerbetenen Avancen zurückzuweisen.
    Deswegen hat sie sich an dem verhängnisvollen Abend mit Gelon getroffen und ihn aufgefordert, seine Annäherungsversuche einzustellen.« Vibianus ließ seinen Blick ernst über sein Auditorium schweifen. »Und wie es scheint, liebe Mitbürger, hat der Junge diese Zurückweisung nicht akzeptiert.«
    Er richtete sich auf und zog seine Toga zurecht. »Nun, jedem von uns wäre eine derartige Abweisung wohl übel auf gestoßen.
    Ich wage zu behaupten, dass die meisten von uns in jungen Jahren wohl ebenfalls die leidvolle Erfahrung machen mussten, von einer Angebeteten zurückgewiesen zu werden. Und wie haben wir reagiert? Bestimmt mit Verdruss. Vielleicht auch mit Wut und harten Worten. Aber mit Gewalt?
    Niemals! Wir haben uns wie römische Ehrenmänner verhalten! Jedenfalls hoffe ich doch, dass wir uns alle so verhalten haben.«
    Mit seinem beringten Finger zeigte er auf Gelon. »Aber dort seht ihr weder einen Römer noch einen Ehrenmann! Vergesst für einen Augenblick seine anmutige Erscheinung und ihr seht, was er wirklich ist: ein Ausländer! Ein Barbar! Vergesst sein prinzenhaftes Gehabe, und euch wird klar, dass er all seinem Reichtum und seiner prachtvollen Pferde zum Trotz doch nur der Angehörige eines primitiven Stammes ist, der von zivilisierten Umgangsformen nicht mehr versteht als ein im Käfig gehaltenes wildes Tier. Er kann das Benehmen der über ihm stehenden Menschen zwar nachäffen, aber er ist und bleibt der Sohn eines barbarischen Sklavenhändlers! Und so konnte er ohne Schwierigkeiten den wohlerzogenen Jungen aus gutem Hause spielen und mit der gebotenen Grazie einer jungen, wohlgeborenen Dame den Hof machen, doch als sie ihn zurückwies, brach die Wildheit durch, die in ihm steckt: die Wut und der Durst nach Rache, die ihn dazu trieben, jeden, der ihn beleidigt, mit dem Leben zahlen zu lassen!«
    In der Menge erhob sich lautes Geschrei und Gejohle. Meine Liktoren stampften mit den Stielen ihrer fasces auf das Podium, um für Ruhe zu sorgen, doch die Menge schenkte ihnen keinerlei Beachtung. Ich schnippte mit den Fingern, woraufhin einer von Julias persönlichen Sklaven mit einem lituus
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