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Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman

Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman

Titel: Mord am Niddaufer - ein Kriminalroman
Autoren: Röschen-Verlag
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es wurde mit einem Ansturm auf die städtischen Bäder gerechnet. Hauptkommissar Tom Bohlan fläzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einem alten Holzstuhl und blickte durch die dunklen Gläser seiner Sonnenbrille. Vor ihm stand ein Latte Macchiato nebst einem Stück Butterstreusel. Das Wasser lief in seinem Mund zusammen. Er schwang die Gabel, trennte die erste Ecke ab und schob das Stück in den Mund. Was für ein Tag, dachte Bohlan. Butterstreusel mochte er für sein Leben gern. Manche Bäcker versuchten, den Kuchen mit einer Puddingschicht aufzupeppen. Er hingegen liebte ihn schlicht und einfach. Ein dünner Hefeteig und drüber schön dick die Streusel. Gerade als Bohlans Gabel zum zweiten Mal in den Kuchen piksen wollte, schrillte sein iPhone. Resignierend, aber immer noch bester Laune, ließ er die Gabel sinken und kramte das Smartphone aus der Innentasche seiner Jacke, die er über die Stuhllehne gehängt hatte.
    „Julia, was gibt’s?“ Ein kurzer Blick auf das Display hatte ihm verraten, dass es seine Kollegin war. Er hoffte inständig, dass sie in irgendeinem Eiscafé saß und das Leben ebenso genoss wie er.
    „Tut mir sehr leid, dass ich dich stören muss, es gibt ein kleines Problem.“
    Wenn es nur ein kleines Problem wäre, würde Julia nicht anrufen, dachte Bohlan und sah seine gute Stimmung dahinkriechen.
    „Jetzt hör mal zu, Schätzchen. Vor mir steht einer der leckersten Streuselkuchen der Stadt. Ich hoffe, du hast einen triftigen Grund, um mich bei diesem Genuss zu stören.“
    „Den habe ich in der Tat, Tom. Ich stehe hier am Ufer der Nidda. Vor mir liegt eine Leiche und um mich herum ist der Teufel los. Lauter Schaulustige, die gerade das Eschersheimer Freibad verlassen.“ Aus Wills Stimme war jegliche Ruhe gewichen. Sie klang ein wenig schrill, überschlug sich beinahe.
    „Tom. Bist du noch dran?“
    „Ja, verdammt! Was soll ich tun?“
    „Lass dir deinen verdammten Kuchen einpacken und beweg deinen Arsch hierher.“
    Das war mehr als deutlich. Deutlicher war Julia Will noch nie geworden. In all den Jahren, die Bohlan mit ihr zusammenarbeitete, war sie eigentlich meist die Ruhe in Person gewesen. Was immer sich vor dem Eschersheimer Freibad zugetragen hatte, es musste Will völlig außer Fassung gebracht haben. Der Kommissar klemmte einen Zehneuroschein unter den Kuchenteller und verließ das Café, nicht ohne sich noch einen großen Bissen vom Kuchen in den Mund zu schieben.
    Als Bohlan am Tatort eintraf, sah er bereits die Meute lauern. Der Anblick ähnelte dem eines Schwarms von Aasgeiern, die über ihrer Beute kreisten. Wer auch immer die These aufgestellt hatte, es gäbe so etwas wie Schwarmintelligenz, er wurde hier Lügen gestraft. Den Schwimmbadbesuchern stand alles andere als Intelligenz ins Gesicht geschrieben. Entsetzen, Angst oder Abscheu trafen eher zu. Eine merkwürdige Stille lag in der Luft, nur aus der Ferne klangen die begeisterten Schreie spielender Kinder herüber, die sich gerade die Rutsche hinab in das kühlende Nass stürzten. Bohlan bahnte sich einen Weg durch die Menge. Schon von Weitem erblickte er Julia Will in einem geblümten Sommerkleid. Eigentlich machte sie immer eine gute Figur, egal ob sie sich im Präsidium bewegte oder auf einem Ball. Selbst auf der Judomatte war sie bestimmt eine Augenweide, dachte Bohlan. Hier aber wirkte das flatternde bunte Kleid ein wenig deplatziert. Offensichtlich hatte sie aber vorbildlich gearbeitet. Ufer und Straße waren durch uniformierte Einsatzkräfte und rot-weiße Bänder weiträumig abgeriegelt. Steinbrecher und Steininger standen mit Julia Will zusammen, der Böschung zur Nidda demonstrativ den Rücken zugekehrt. Plötzlich legte sich eine Hand auf Bohlans Schulter.
    „Na, dass wir mal zeitgleich am Fundort auftauchen, hat Seltenheitswert.“ Bohlan wandte den Kopf zur Seite und blickte in Dr. Spichals Gesicht. Der groß gewachsene Rechtsmediziner grinste ihn an.
    „Soll ja ein ziemlich spektakulärer Fund sein, was man so hört.“
    Bohlan verzog sein Gesicht und murmelte etwas Unverständliches.
    Als sie das Absperrband erreichten, grüßte Bohlan die Einsatzkräfte, während Dr. Spichal das Band anhob und dem Kommissar den Vortritt ließ. Bohlan eilte zu seinen Kollegen. Will, deren Gesicht nichts von der üblichen Lebendigkeit aufwies, fasste ihn am Arm. „Es ist das Schrecklichste, was ich jemals gesehen habe.“ Mit einer leichten Kopfbewegung deutete sie zum Ufer, wo der Kommissar nichts
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