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Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Morbus Konstantin: Ein Steampunk-Roman (German Edition)
Autoren: T. Aaron Payton
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vorn rollten.
    Viele Menschen schrien auf, einige Damen fielen in Ohnmacht. Unter den wenigen Regierungsbeamten in ihrem erhöhten Sitzbereich herrschte Aufregung. „Fürchtet euch nicht!“, rief Oswald. Seine dröhnende Stimme war so kraftvoll, dass die Menge ihm bemerkenswerterweise zu gehorchen schien, zumindest der Teil von ihnen, der bei Bewusstsein geblieben war. „Das Geschöpf ist in sicherem Gewahrsam.“
    Das Geschöpf ähnelte weitgehend dem, das Pimm im Lagerhaus bekämpft hatte, obwohl es wesentlich kleiner war, etwa so groß wie eine Kuh und nicht wie ein Elefant. Es hatte eine ekelhaft gelbliche Farbe, und neben den Tentakeln wies es knöcherne Ausbuchtungen auf, die wie die Schnäbel von Raubvögeln aussahen. Das Geschöpf schlug wie rasend mit seinen Tentakeln gegen die gläsernen Wände des Behälters und versuchte, alles und jeden anzugreifen. Oswalds gewaltige Stimme musste es in den Wahnsinn getrieben haben, weil sie aus allen Richtungen zu kommen schien. Oswald klopfte mit der Faust gegen den Behälter. „Ich habe Methoden entwickelt, um diese Geschöpfe zu töten, obwohl sie erschreckend widerstandsfähig sind.“
    Ein Ruf erklang aus der Menge, Pimm verstand nur das Wort „Fluss“. Oswald schien es ebenfalls gehört zu haben. Er nickte. „Ja! Ja, bei den seltsamen Geschöpfe, die in den letzten Monaten in der Themse gesichtet wurden, handelt es sich höchstwahrscheinlich um weitere Späher vom Mars. Sie könnten die Vorhut einer Expedition sein – oder einer Invasion. Meine Kollegen drängten mich, diese Entdeckungen geheim zu halten oder allenfalls eine private Vorführung für einige Mitglieder der Königlichen Gesellschaft zu geben. Doch ich bin überzeugt, dass das Volk unseres großen Reiches verdient hat, zu wissen, welchen Gefahren wir entgegensehen. Eure Königin teilt meine Überzeugung. Uns steht die Macht der Technik zur Verfügung, und wir können unsere Stadt vor jeder Bedrohung schützen, mag sie auch noch so schrecklich sein. Die meisten Wunderwerke, die ich heute Nacht enthüllen muss, sind Waffen, mit denen man diese Bestien zerstören kann. Man kann sie sogar beherrschen, sodass die Eindringlinge selbst zu Waffen werden, die unserer Seite dienen. Wenn diese Wesen aus dem All wirklich versuchen, in unsere Welt einzufallen, werden sie feststellen, dass wir einem Pack zappelnder Bestien mehr als gewachsen sind. Gott schütze die Königin, und Gott schütze England!“
    Die Menge jubelte, allerdings etwas unsicher. Wer konnte ihnen das schon verübeln? Oswald war kein allzu begnadeter Redner, und das Thema war in höchstem Maße verwirrend. Die Leute waren gekommen, um Blitze und schwebende Männer zu sehen. Stattdessen hatte man ihnen ein Monster in einem Glas vorgeführt und ihnen verrückte Geschichten über eine Invasion von einem benachbarten Planeten erzählt. Möglicherweise war es doch nicht so einfach, die Bewohner Londons durch ihre Furcht zu lenken, wie Oswald geglaubt hatte.
    Einer von Oswalds Bühnenhelfern führte an einem Strick eine Ziege heran. „Doch täuscht euch nicht“, sagte Oswald. „Diese Geschöpfe sind wild und grausam. Der Geruch von frischem Blut treibt sie in einen mörderischen Rausch. Um euch schützen zu können, müsst ihr das Ausmaß der Bedrohung verstehen, die euch bevorsteht. Gestattet, dass ich sie euch vorführe.“ Der Bühnenhelfer reichte Oswald einen Gehstock, und Pimm runzelte die Stirn. Hatte der Mann etwa vor, die Ziege tot zu prügeln und sie dann an das Ding im Behälter verfüttern? So etwas nannte man wohl Bühnentalent, dachte Pimm.
    Doch in dem Stock war ein Schwert verborgen. Oswald zog die Klinge heraus und warf die Scheide weg. Ehe Pimm protestieren konnte – nicht dass es etwas gebracht hätte – hatte Oswald die Klinge gegen den Hals der Ziege geschwungen, sodass ein Strahl von Blut über die Bühne spritzte und ihr Kopf in die Menge rollte.
    Das Geschöpf im Glaskasten tobte wirklich, wenn auch nicht unbedingt mehr als zuvor. Ein schreckliches, surrendes Geräusch hob an, wesentlich lauter als das ähnliche Geräusch, das sie zuvor im Lagerhaus gehört hatten. Wind kam auf, begann durch den Park zu fegen und ließ Oswalds Jacke wild flattern. Dieser hob die Arme über den Kopf und brüllte, ein Laut, der selbst die Schreie der Menschen im Park übert önte, von denen die meisten nun in Panik weglaufen wollten. „Habt keine Angst!“, rief Oswald. „Das ist die atmosphärische Störung, die das Erscheinen
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