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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)
Autoren: Bastian Zach
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hinaus und schloss die knarrende Tür hinter sich.
    Er freute sich darauf, die Bewohner des Hauses ausfindig zu machen. Sie konnten keine Unmenschen sein. Sie hatten ihn gesund gepflegt, hielten ihr Haus in Ordnung und waren offenbar gut zu ihrem Wachhund, wenn man das freundliche Tier in der Küche so nennen konnte.
    Johann ging durch die dunkle Labe nach vorne zur Haustür und öffnete sie. Eisige Kälte umgab ihn plötzlich, und jede Müdigkeit, die in ihm gewesen war, fiel schlagartig von ihm ab. Seine Augen brauchten einen Moment, um sich an die Helligkeit der Umgebung anzupassen.
    Er machte einen Schritt nach draußen.

VIII
    Ein kleines, tief verschneites Dorf tat sich vor Johann auf, wie eins dieser tragbaren Dioramen, die er einmal bei einem Schausteller gesehen hatte, vor langer Zeit.
    Die Höfe des Dorfes waren alt und verwittert, rußgeschwärzt und schmucklos, und sie schienen sich vor der klirrenden Kälte und den weißen, schroffen Bergen, die sie umgaben, zu ducken. Die massiven Eiszapfen zeugten davon, dass der Winter mittlerweile alles fest im Griff hatte. Rauch quoll aus den Schornsteinen, aber keine Menschenseele war zu sehen, und über allem lag Stille, noch unmittelbarer als in der Kammer, noch beunruhigender.
    Johann sah sich um: Die Wälder hinter dem Dorf kletterten steil den Berg hinauf, die Baumgrenze war wegen der tief hängenden Wolken nicht auszumachen. Der Talkessel wirkte bedrückend, Johann kam sich vor wie in einer Falle. Nur Menschen wählen einen solchen Platz, dachte er, kein Tier würde sich freiwillig in die Ecke zwängen.
    Langsam ging er den Weg entlang, der zwischen den Häusern hindurchführte. Seine Schritte knirschten auf dem hart gefrorenen Schnee, ein Geräusch, unnatürlich laut, fast störend.
    Als Johann die Häuser auf beiden Seiten näher betrachtete, blieb er unwillkürlich stehen: Wieder starrten ihn Symbole an – dieselben wie an der Decke der Kammer und am Heustadl –, tief in die Balken über Türen und Fenster geschnitten, manchmal mit roter Farbe verstärkt.
    Sie zogen ihn geradezu hypnotisch an, ließen ihn den eisigen Wind, der plötzlich aufkam, nicht spüren, obwohl er sein Gesicht brennen und seinen Atem gefrieren ließ …
    Johann musste sich fast gewaltsam losreißen, zwang sich weiterzugehen.
    Mittlerweile wurde es dunkler, die letzten Sonnenstrahlen verschwanden hinter den schroffen Bergen. Johann beschleunigte seine Schritte; irgendetwas an diesem Dorf, an den Bergen, an der Stille war unheimlich. Er hatte sich immer auf seine Sinne und seinen Instinkt verlassen können, und sie sagten ihm nur eines, seit er durch das Dorf schritt.
    Verlass diesen Ort so schnell wie möglich
.
    Aber er beschloss, nicht darauf zu hören. Das mindeste war, dass er seine Retter ausfindig machte und ihnen als Dank seine Dienste anbot. Wenn sie überhaupt Bedarf hatten für einen –
    Schmied. Du bist jetzt Schmiedgeselle, vergiss das nicht
.
    Für einen Schmiedgesellen. Johann musste unwillkürlich lächeln.
    Dann hörte der Weg mit einem Male auf, Johann stand vor einer düsteren Kirche und einem Friedhof, der sie ringförmig umgab. An vielen der verschneiten Gräber waren kleine Leuchten angebracht, die schwache Lichtkegel über den alten Friedhof warfen. Sogar einige verwitterte Lichtersteine lagen an der heruntergekommenen Außenwand der Kirche, wie Johann sie seit Jahren nicht mehr gesehen hatte. Er ging zu den Steinen und beugte sich hinunter: Die Dochte in den Wachsmulden der flachen Steinplatten waren zerfleddert, der Lichtschein nur schwach – und doch schienen die alten Steine zu diesem Tal zu passen.
    Die Kirche und der Friedhof markierten das Ende des Dorfes, dahinter erhob sich nur mehr der Wald.
    Es war dunkel geworden, einzig die Leuchten am Friedhof spendeten ihr schwaches Licht, flackerten im kalten Wind. Johann fror, er fühlte sich wieder schwächer. Es musste doch jemand in diesem Dorf sein, und sei es nur, um die Kerzen am Friedhof anzuzünden. Johann sehnte sich nach einem Gespräch, einem guten Essen, nach der Wärme eine Frau – all die einfachen Freuden, die er früher so selbstverständlich genossen hatte.
    Die Kälte fuhr ihm in die Glieder. Johann beschloss, wieder ins Haus zurückzukehren. Er konnte Feuer machen und noch etwas schlafen und am nächsten Tag weitersuchen.
    Gerade als er sich umdrehte, um sich auf den Rückweg zu machen, hörte er leises Gemurmel, wie von menschlichen Stimmen. Es schien aus einem wuchtigen Bauernhaus links
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