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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)
Autoren: Bastian Zach
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„Aber er ist keiner von –“
    Ein wuchtiger Fausthieb gegen die Holztür ließ sie eingeschüchtert verstummen. „Hab ich mit dir geredet?“
    Der Greis sprach beruhigend auf den Mann ein. „Jakob, der Bursch war schwer verletzt, der wär noch in derselben Nacht gestorben. Vielleicht kriegen wir ihn ja durch. Außerdem ist er keiner von
denen
. Und in meinem Haus –“
    „In deinem Haus?“ Der andere wurde wütend. „In deinem Haus? Soweit ich weiß, ist das mein Haus, in dem du wohnen
darfst
. Du hättest damals alles verloren gehabt, Herr Vater. Alles!“
    Der Greis senkte den Kopf.
    Der Mann schlug erneut wütend mit der Faust gegen die Tür. Dann überlegte er und grinste hinterhältig. „Von mir aus. Wenn der da wieder gesund ist, wird er für seine Schuld bei mir einstehen, verstanden?“ Er wandte sich zu der Frau. „Und du vernachlässige ja nicht deine Pflichten im Haus!“
    Der Mann verließ die Stube und warf die Tür hinter sich mit einem lauten Knall zu.
    „Nicht alle Kinder sind Gottes Segen“, grantelte der Greis, die junge Frau seufzte resignierend.
    Liebevoll strich er ihr über die Wange. „Nur manche.“
    Johann schloss die Augen.
    Irgendwann in dieser Nacht wachte Johann noch einmal auf: Durch den kleinen Spalt seiner Augen sah er die junge Frau an seiner Seite sitzen. Die schwach leuchtende Ölfunzel neben ihr umgab sie mit einem sanften, beinahe engelsgleichen Schein.
    Johann wollte etwas sagen, konnte aber nur schwach den Mund öffnen. Gluthitze strömte durch seinen Körper, seine Stirn brannte, gleichzeitig fühlte er eiskalten Schweiß auf seinem Rücken.
    Wundfieber
.
    Das Wort dröhnte durch seine Benommenheit.
    Tod
.
    Die Frau beugte sich zu ihm, stützte seinen Kopf und gab ihm zu trinken. Es war heiß und bitter, scheußlich schmeckend, aber gut tat es allemal. Die Frau lächelte und sagte etwas, das Johann nicht verstehen konnte. Dann schwanden ihm die Sinne, und Dunkelheit verschluckte ihn.
    Für lange Zeit.

VII
    Johann erwachte.
    Langsam öffnete er seine Augen, nur einen Spaltbreit. Das dämmrige Licht verursachte einen grellen Schmerz, der sich wellenförmig über seinen ganzen Körper ausbreitete. Fast hätte Johann aufgeschrien, aber er biss die Zähne zusammen und schloss rasch die Augen.
    In der Dunkelheit klang das Pochen in seinem Kopf langsam ab. Der Schmerz verging zwar nicht, aber nun konnte Johann wenigstens einigermaßen klar denken.
    Und auf die Stimme in seinem Inneren hören. Die Stimme von Abt Bernardin.
    Leben und Ruhe schließen einander aus
.
    Nur eine der vielen Weisheiten des Abtes, die er als Junge wie ein Schwamm aufgesogen hatte. Wenn er diese Ratschläge befolgen würde, so könnte er ein rechtschaffenes Leben führen, war er belehrt worden. Leider musste er nur allzu früh erkennen, dass sich die wenigsten seiner Mitmenschen an solche Weisheiten hielten, und deshalb hatte er sie tief in seinem Inneren begraben, um sie nur dann hervorzuholen, wenn er sie brauchte.
    Und wie oft hatten sie ihm schon geholfen, vor allem damals, in den dunkelsten Zeiten, als er …
    Nicht jetzt!
    Johann würgte den Gedanken ab. Vergangenheit war Vergangenheit, und man ließ sie besser ruhen. Im Augenblick hatte er Wichtigeres zu tun. Er musste unter die Lebenden zurückzukehren und herausfinden, was geschehen war.
    Er erinnerte sich an den Kampf mit dem Bauern, an den Schneesturm, an das verlassene Tal, durch das er sich geschleppt hatte. Waren da nicht Lichter im Dunkeln gewesen, ein Dorf? Johann war sich nicht mehr sicher.
    Aber er vermutete, dass er Wundfieber gehabt hatte. Johann kannte das schwarze Fieber und die Gluthitze, die den Körper fast ausbrannte. Er schätzte, dass er auch diesmal tagelang außer Gefecht gewesen war. Er spürte die Nachwirkungen, fühlte sich zerschlagen, als hätte er in einem finsteren, kalten Stollen Grubenhunte eine Ewigkeit lang eigenhändig mit Fels befüllt.
    Die Schwere in seinen Gliedern drückte ihn auf das strohbefüllte Bett.
    Verschaffe dir einen Überblick
.
    Seine Augen konnte Johann nicht öffnen. Er atmete tief ein und versuchte auf diese Weise, seine Umgebung wahrzunehmen.
    Es roch nach altem Holz, nach Tuchent und Stroh, und ganz schwach nach Kräutern und einer bitteren Tinktur, die sich nicht weit entfernt von seinem Kopf befinden konnte, auf der linken Seite. Insgesamt roch es wohltuend, beruhigend, denn Johann kannte die Orte, wo der Tod wohnte, und kannte auch ihren Geruch nach Blut, Metall und Verzweiflung.
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