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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)
Autoren: Bastian Zach
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spitzen Schrei aus. „Er ist doch einer von
ihnen
“, stammelte sie entsetzt, „wir müssen –“
    „Unsinn, Kinderl, das schaut nach einer Blutvergiftung aus. Bring mir noch die Kräuter von unten.“
    Elisabeth verließ den Raum, der Greis säuberte die Wunde, indem er sie mit wassergetränkten Fetzen sorgfältig auswischte. Johann stöhnte auf, doch seine Augen blieben geschlossen.
    Elisabeth kam eilig wieder in die Kammer und reichte ihrem Großvater eine blecherne Schüssel mit verschiedenen Heilkräutern, darunter Kamille und Arnika. Der alte Mann kaute die Kräuter zu einer breiigen Masse und bedeckte damit den Eiterherd. Abschließend legte er noch einen sauberen Flecken Stoff darauf, der sich sofort mit Blut vollsaugte und haften blieb. Elisabeth deckte Johann mit einer dicken Tuchent zu.
    „Mehr können wir heut nicht für ihn tun“, sagte der alte Mann. „Schau lieber, dass du heimkommst, bevor dein Herr Vater wieder ungehalten wird.“
    „Du meinst, mehr als sonst?“, entgegnete Elisabeth. „Danke, Großvater.“ Sie bekreuzigte sich und gab ihm einen Kuss auf die Wange, dann eilte sie davon.
    Der Greis holte einen Krug Wasser und stellte ihn auf den Bretterboden neben den Nachttopf. Er setzte sich neben das Bett auf einen Stuhl und beobachtete den Verletzten. Vitus trottete herein und legte sich mit einem tiefen Grunzen zu Füßen seines Herrn nieder.
    Der alte Mann zündete sich eine Pfeife an und schmauchte sie nachdenklich.
    Schon lange hatte niemand mehr von außerhalb den Weg in das Dorf gefunden, und das war auch gut so. Neue Menschen bedeuteten immer Veränderungen, zum Guten oder zum Schlechten. Dieses Dorf brauchte nichts Neues mehr, es hatte endlich in einen geordneten Alltag gefunden. So dachten jedenfalls die meisten, sein Sohn eingeschlossen.
    Andererseits – wenn man so alt war wie er, dann konnte man sich noch gut – zu gut – daran erinnern, wie sehr dieses Dorf früher einmal von Leben erfüllt gewesen war.
    Bevor
sie
gekommen waren und sich ein Schatten über alles gelegt hatte.
    So gesehen konnte es eigentlich nur besser werden. Der alte Mann nahm einen tiefen Zug aus seiner Pfeife und blickte wieder zu Johann.
    „Mal schaun, was du bringst, Bursche.“

VI
    Eine junge Frau beugte sich über Johann. Ihr Gesicht konnte er nicht genau erkennen, alles war verschwommen wie durch Beinglas, die Helligkeit pulsierte gleich dem Rhythmus seines Herzens. Es war ihm auch unmöglich, ganze Sätze zu hören, geschweige denn zu verstehen, es war, als würde er einer fremden Sprache lauschen, von der er nur wenige Wörter kannte. Trotzdem war ihm, als würde über ihn gesprochen.
    Obwohl Johann nicht wusste, wo er war, fühlte er die Fürsorge, die ihn umgab. Er versuchte sich zu bewegen, aber er spürte seinen Körper nicht. Dann wurde sein Kopf mit einem Mal ganz leicht, er hob ihn langsam, blickte sich um.
    Er stand vor einer Wand aus weißem Pulverdampf, eine Kakophonie aus Geschrei, Explosionen und Trommelwirbel umgab ihn, wurde immer lauter und verstummte in einem gleißenden Blitz
.
    So erdrückend und unerträglich Johann den Lärm empfunden hatte, so grausam schien ihm nun diese absolute Stille
.
    Gestalten zeichneten sich im Nebel ab, die dann genauso schnell verschwanden, wie sie aufgetaucht waren. Johann fühlte sich alleine, aber nicht fremd. All das hatte etwas Vertrautes, etwas, das zu benennen ihm jetzt die Worte fehlten
.
    Er hielt den Atem an
.
    Dann tauchte der Preuße aus dem Nebel auf, rief etwas und winkte ihm warnend zu, aber Johann konnte ihn nicht verstehen. Er versuchte auf ihn zuzulaufen, aber er kam nicht von der Stelle, und

    Plötzlich fegte ein Sturm aus abgerissenen Körperteilen von Tier und Mensch um ihn herum, vermischt mit Holzsplittern, Erdklumpen und scharfkantigen Schrapnells aus Metall. Er war also dort, wo er schon immer gewesen war, mitten im

    „Ich glaub, er kommt zu sich!“
    Johann hörte wieder die Stimme der jungen Frau, sie klang aufgeregt.
    „Großvater!“
    Johann sah den alten Mann hereinhumpeln. Ein zufriedenes Lächeln machte sich auf dem wettergegerbten Gesicht des Greises breit.
    „Das ist zumindest ein Anfang. Wenn er jetzt auch noch –“
    Ein Poltern hinter ihnen ließ ihn mitten im Satz verstummen. Im Türrahmen stand ein bulliger Mann.
    „Hast ihn also doch bei dir aufgenommen, du alter Narr!“ Der Mann spuckte die letzten Worte verächtlich aus.
    Die junge Frau versuchte sich mit gesenktem Haupt zu rechtfertigen.
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