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Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)

Titel: Morbus Dei: Die Ankunft: Roman (German Edition)
Autoren: Bastian Zach
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sah er etwas am Dachfirst und blickte genauer hin. Dort oben war eine geschnitzte Heiligenfigur angebracht, die ihm eine Hand entgegenstreckte. Aber es war keine gütige Geste: Die starren Augen und der weit aufgerissene Mund des Heiligen Leonhard schienen Johann eher eine Warnung zu sein – die er ignorierte. Mit letzter Kraft klopfte er gegen die Tür.
    Zunächst war nichts zu hören, dann drangen Stimmen nach außen, polternde Schritte kamen näher. Mit einem heftigen Ruck wurde die Türe aufgerissen, ein grobschlächtiger Mann stand Johann gegenüber.
    „Was ist?“, bellte er ungehalten.
    Johanns Kräfte verließen ihn endgültig, er kippte rückwärts die Holzstufen hinunter und blieb im Schnee liegen.
    Der Mann musterte den reglosen Körper, dann murmelte er abschätzig: „Von mir aus.“ Er schloss die Tür wieder.
    Johann konnte sich nicht mehr rühren. Eine dünne Schneeschicht deckte ihn langsam zu.
    Und doch – die Wortfetzen, die aus dem Haus drangen, nahm er noch wahr. Es schien ein Streit entbrannt zu sein. Eine Frauenstimme wollte wissen, wer da draußen sei und was er wollte, Gebote wie „christliche Nächstenliebe“ und „tue keinem anderen“ wischte der Mann, der Johann geöffnet hatte, vom Tisch.
    „Was, wenn er einer von
ihnen
ist? So einer kommt mir nicht unter mein Dach.“
    Der Streit verstummte, jemand polterte eine Treppe hinauf, dann war nichts mehr zu hören.
    Johanns Körper wurde eins mit dem weichen Flockenbett, in dem er lag. Von den Fingerspitzen kroch die Kälte in den Körper, aber Johann hatte ihr nichts mehr entgegenzusetzen, jede Kraft war aufgebraucht.
    Dann wurde aus dem Schmerz Wärme, beruhigend und endgültig.
    So sei es
. Johann schloss die Augen.
    Das Ächzen einer sich öffnenden Türe.
    Hastige Schritte.
    Eine junge Frau und ein Greis beugten sich über Johann, die Frau wischte den Schnee von seinem Gesicht und musterte ihn durchdringend.
    Johann fiel endgültig in Ohnmacht.
    „Er sieht nicht aus wie einer von
denen
“, sagte die junge Frau leise zu dem alten Mann.
    „Hat er irgendwelche Anzeichen?“, fragte dieser skeptisch.
    Die Frau sah sich Johanns Hals genauer an, dann öffnete sie seinen Mantel. Das Blut hatte sich mittlerweile auch durch sein Hemd gesogen und nahezu die gesamte linke Seite tiefrot, fast schwarz gefärbt.
    „Er ist verletzt, Großvater.“
    Der Greis sah sich Johann nun ebenfalls genauer an, dann nickte er entschlossen. „Wir bringen ihn besser zu mir, dort stirbt er wenigstens im Warmen.“ Er packte Johann am Kragen seines Ledermantels.
    Die junge Frau zögerte plötzlich. „Was, wenn er ein Protestant ist?“ Sie hatte den Satz kaum hörbar geflüstert.
    „Unsinn“, entgegnete ihr Großvater „und wenn, dann muss das keiner wissen. Komm jetzt, Elisabeth.“
    Gemeinsam schafften sie den Bewusstlosen auf die andere Seite des Dorfes, durch das sich ein breiter Weg zog. Nur in wenigen Häusern brannte noch Licht, Bewohner waren keine zu sehen. Kein Wunder bei dem Sturm, dachte Elisabeth.
    Der alte Mann öffnete die Tür eines kleinen Hauses. Ein Bellen war zu hören, dann tauchte ein Schäferhund auf, der fast ebenso viele Lenze auf dem Buckel zu haben schien wie der Greis selbst. Als der Hund erkannte, wen er vor sich hatte, begann er mit dem Schwanz zu wedeln, dann schnüffelte er neugierig an Johann. „Ruhig, Vitus, ruhig!“, beruhigte der alte Mann seinen Hund. „Legen wir ihn rauf in die Kammer“, sagte er dann zu Elisabeth.
    Elisabeth blickte auf die steile Treppe, die in den Söller führte, und nickte zögernd. Mit aller Kraft schleiften die beiden Johann durch das enge Stiegenhaus hinauf, darauf bedacht, dass sein Kopf nicht auf den abgetretenen Stufenkanten aufschlug.
    Schließlich hatten sie es geschafft, der alte Mann stieß die Tür zu einer Kammer auf. Der kleine Raum war karg eingerichtet, strömte aber eine behagliche Atmosphäre aus. Sie wuchteten Johann auf das Bett und zogen ihm Mantel, Stiefel und die nasse Kleidung aus.
    „Bring mir die Lavoir mit Wasser und sauberen Stoff.“
    Elisabeth eilte hinaus, der Greis zog einen Feitel aus der Lederscheide an seinem Gürtel und schnitt den verkrusteten Verband von Johanns Wunde. Die Entzündung war sehr stark, einige von der Wunde wegführende Adern hatten sich schwarz gefärbt. Der alte Mann betrachtete die Verwundung mit Sorge.
    Elisabeth kam mit den georderten Gegenständen und stellte sie neben das Bett. Als sie die dunklen Adern sah, stieß sie einen kurzen,
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