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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen
Autoren: Colleen McCullough
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bis zum andern.
    Und nicht nur einmal, ganze siebenmal haben Bürgerkriege Italien heimgesucht. Zu meinen Lebzeiten hat ein Römer seine Truppen zum erstenmale gegen Rom, sein Vaterland, geführt, wenngleich auch Lucius Cornelius Sulla nicht der letzte Mann war, der dies wagte. Doch seit ich lebe, hat kein fremder Widersacher seinen Fuß auf italischen Boden gesetzt. Ein mächtiger König, der Rom vierundzwanzig Jahre lang bekämpfte, wurde besiegt und ging zugrunde. Er kostete Rom das Leben von hunderttausend Bürgern — und doch fielen nicht so viele wie in Roms Bürgerkriegen.
    Ich habe tapfere Männer sterben sehen, ich sah sie zitternd, niedergemetzelt, ja gekreuzigt sterben. Und immer rührte mich am meisten das Schicksal der herausragenden Männer.
    Was Rom war, ist und sein wird, hängt von uns Römern selbst ab. Geliebt von unseren Göttern, sind wir das einzige Volk in der Geschichte, das weiß, daß die Macht sich stets zwei Wege sucht — vorwärts und rückwärts, auf und nieder, rechts und links. Und so genießen wir als Römer ein Privileg, das sonst kein anderes Volk besitzt: Wir stehen mit unseren Göttern auf gleicher Stufe. Denn jedem anderen Volke fehlt die Einsicht. Wir sollten deshalb danach trachten, uns selber zu verstehen. Um zu verstehen, was unsere Stellung in der Welt uns abverlangt. Um zu verstehen, daß Bürgerkriege und der verstockte Blick in die Vergangenheit uns scheitern lassen werden.
    In dieser Stunde wende ich mich nun von dem Gipfel meines Lebens, dem Jahr meines Konsulats, neuen Gefilden zu und neuen Höhepunkten, denn nichts bleibt unverändert. Ich bin ein Römer, und meine Wurzeln reichen bis zu den Anfängen der Stadt Rom zurück, und ehe ich mein Werk beschließe, wird die ganze Welt diesen Römer kennen. Ich bete zu Rom, für Rom, ich bin Römer.«
    Er zog den Rand seiner purpurgesäumten Toga über seinen Kopf. »Oh, allmächtiger Jupiter Optimus Maximus — wenn du denn diesen Namen wünschst, da ich dich sonst mit jedem andern Namen begrüßen würde, der dir beliebt — du, der du des Geschlechts bist, das dir gefällt, du, der du Roms Odem bist, ich bete, daß du Rom und alle Römer auch weiterhin mit deiner Lebenskraft erfüllen mögest, ich bete, daß du selbst und Rom an Herrlichkeit gewinnen mögen, ich bete, daß wir stets unsere Verträge mit dir respektieren mögen und daß auch du dich an sie hältst. Lang lebe Rom!«
    Niemand rührte sich. Niemand sprach. Die Gesichter waren unbewegt.
    Caesar trat zurück und nickte Bibulus huldvoll zu.
    »Ich schwöre bei Jupiter Optimus Maximus, Jupiter Peretrius, Sol Indiges, Tellus und Janus Clusivius, daß ich, Marcus Calpurnius Bibulus, meine Pflicht als Zweiter Konsul Roms erfüllt habe; dies tat ich, indem ich mich, auf Weisung der heiligen Bücher, in mein Haus zurückzog und dort den Himmel beobachtete. Ich schwöre aber auch, daß mein Mitkonsul, Gaius Julius Caesar, ruchlos ist, weil er es wagte, gegen meinen Erlaß zu verstoßen...«, begann Bibulus.
    »Veto! Veto!« schrie Clodius. »So lautet der Eid nicht!«
    »Dann werde ich mein Anliegen ohne Eid vortragen!« rief Bibulus zurück.
    »Ich erhebe Einspruch gegen deine Rede, Marcus Calpurnius Bibulus!« brüllte Clodius. »Hiermit enthebe ich dich deines Amtes, ohne dir Gelegenheit zu geben, dich für ein ganzes Jahr der Untätigkeit zu rechtfertigen! Geh nur nach Hause, Marcus Calpurnius Bibulus, und schaue dir den Himmel an! Die Sonne sinkt gerade über einem der schlechtesten Konsuln in der Geschichte dieser Republik! Und danke deinen Sternen, daß ich kein Gesetz erlassen werde, um deinen Namen aus dem Verzeichnis der höchsten Magistrate zu streichen und durch das Konsulat des Julius und des Caesar zu ersetzen!«
    Wie niederträchtig, trostlos und gemein dies alles ist, dachte Caesar angewidert und wandte sich zum Gehen, ohne auf irgend jemanden zu warten. Draußen, vor dem Domus Publica, entlohnte er seine Liktoren mit äußerster Großzügigkeit und dankte ihnen für ihre treuen Dienste im vergangenen Jahr; dann wollte er von Fabius wissen, ob er und die übrigen ihn während seines Prokonsulats in das italische Gallien begleiten wollten. Und Fabius sagte zu, im Namen aller. Der Zufall wollte es, daß Crassus und Pompeius nicht weit entfernt von Caesar aufeinanderstießen und seine hohe Gestalt in der düsteren Stimmung einer diesigen Abenddämmerung entschwinden sahen.
    »Nun, Marcus, wir beide haben ein besseres Konsulnpärchen abgegeben als Bibulus
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