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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen
Autoren: Colleen McCullough
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geworden bist!«
    »Wenn du dir einen kurzgeschorenen Soldaten wünschst, hättest du mit Silanus noch ein paar Jungen zeugen sollen und keine Mädchen.«
    » Ein Sohn ist erschwinglich. Zwei Söhne sind zu kostspielig. Und wenn ich Silanus einen Sohn geschenkt hätte, könntest du nicht zwei Väter beerben.« Sie ging hinüber zum Schreibtisch, an dem er gearbeitet hatte, und wühlte ungeduldig zwischen seinen Papieren herum. »Nun sieh sich einer das Zeug hier an! Kein Wunder, daß du einen krummen Rücken hast. Du solltest nach der Schule mit Cassius und den anderen Jungen aufs Marsfeld gehen und deine Zeit nicht mit dem nutzlosen Versuch vergeuden, den ganzen Thukydides auf einem einzigen Blatt Papier unterzubringen.«
    »Keiner in Rom schreibt bessere Epitome als ich«, antwortete ihr Sohn großspurig.
    Servilia sah ihn amüsiert an. »Thukydides ist nicht verschwenderisch mit Worten umgegangen und hat trotzdem viele Bücher gebraucht, um den Konflikt zwischen Athen und Sparta zu erzählen. Was sollte es für einen Sinn haben, sein wunderschönes Griechisch zu zerpflücken, nur damit ein paar lesefaule Römer sich damit brüsten können, alles über den Peloponnesischen Krieg zu wissen.«
    »Die Literatur ist so umfangreich geworden«, widersprach Brutus, »daß ein einzelner sie ohne Zusammenfassungen gar nicht mehr bewältigen kann.«
    Servilia kehrte zu dem Thema zurück, das sie eigentlich interessierte: »Du bekommst eine schlechte Haut.«
    »Das ist in meinem Alter ganz normal.«
    »Aber ich habe Pläne mit dir.«
    »Wehe allem, das deinen Plänen im Wege steht!« rief er, plötzlich wütend.
    »Zieh dich an. Wir gehen aus.« Ohne ein weiteres Wort verließ sie das Zimmer.
    Als Brutus das Atrium von Silanus’ geräumigem Haus betrat, trug er seine Knabentoga mit der purpurroten Borte, denn offiziell galt er vor dem Fest der Juventas im Dezember nicht als Mann. Seine Mutter wartete bereits und blickte ihm besorgt entgegen.
    Ja, er hatte einen krummen Rücken, kein Zweifel. Und was war er für ein hübscher Knabe gewesen! Noch im Januar, als sie bei Antenor, dem besten Bildhauer in ganz Italien, eine Büste von ihm bestellt hatte. Doch inzwischen machte die Pubertät sich deutlicher bemerkbar. Darunter hatte seine Schönheit gelitten, sogar für ihren voreingenommenen Blick. Noch immer lagen große, dunkle, verträumte Augen unter den markanten Lidern, aber die eindrucksvolle römische Nase, die sie sich so sehr für ihn wünschte, wollte er einfach nicht bekommen; sie blieb klein und knubblig wie ihre eigene. Und seine einst so makellose, olivfarbene Haut erfüllte sie mit tiefer Sorge. Wenn er nun zu den Unglücklichen gehörte, die so schrecklich von Pickeln heimgesucht wurden, daß Narben zurückblieben? Fünfzehn Jahre. Das war viel zu früh. Das deutete auf eine lange Leidenszeit hin. Pickel! Wie ekelhaft und gewöhnlich! Gleich morgen früh würde sie sich bei Ärzten und Kräuterhändlern erkundigen — und ob es ihm nun paßte oder nicht: Ab jetzt würde er jeden Tag auf das Marsfeld gehen, um sich dort zu ertüchtigen und sich in den Kampfsportarten ausbilden zu lassen; schließlich sollte er mit siebzehn in die römischen Legionen aufgenommen werden, und zwar als Offiziersschüler, nicht als gewöhnlicher Soldat; er sollte als Kadett zum persönlichen Stab eines konsularischen Kommandanten gehören, der namentlich nach ihm verlangte. Dazu prädestinierten ihn seine Herkunft und sein Status.
    Der Verwalter ließ sie hinaus in die schmale Seitengasse auf dem Palatin; Servilia ging in Richtung Forum, Brutus mußte sich anstrengen, um mit ihrem zügigen Schritt mithalten zu können.
    »Wohin gehen wir?« wollte er wissen. Er war noch immer verärgert, weil sie ihn von seiner Zusammenfassung des Thukydides weggerissen hatte.
    »Zu Aurelia.«
    Wenn seine Gedanken nicht gar zu sehr mit dem Problem beschäftigt gewesen wären, wie man eine Fülle von Informationen in einen einzigen Satz packt, und wenn es ein etwas kühlerer Tag gewesen wäre, dann hätte sein Herz einen Freudensprung getan. So aber stöhnte er: »O nein, nicht ausgerechnet heute in die Subura hinauf.«
    »Doch.«
    »Das ist so weit. Und in diese trostlose Gegend.«
    »Die Gegend mag trostlos sein, mein Sohn, aber die Frau verfügt über ausgezeichnete Verbindungen. Alle werden sie dort sein.« Sie blieb stehen und warf ihm einen Seitenblick zu. »Alle, Brutus. Alle.«
    Er erwiderte nichts darauf.
    Zwei Sklaven bahnten Servilia einen
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