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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter
Autoren: Colleen McCullough
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das seichte Wasser. Eine Stadt wie jede andere, dachte Varro, als er Pompeius folgte. Sonne und Staub, ein paar schattige Bäume, summende Insekten, das Gefühl, daß alles schon immer so gewesen ist, und Menschen, die viel zuviel voneinander wußten. Es gab keine Geheimnisse in Auximum!
    »Ein wilder Menschenschlag«, sagte Varro zu Pompeius, als sie den Marktplatz verließen und zu ihren Pferden gingen.
    »Es sind Sabiner, Varro, genau wie du, auch wenn sie vor Jahrhunderten aus dem Gebiet östlich der Apenninen gekommen sind.«
    »Nicht ganz so wie ich.« Varro ließ sich von einem Stallburschen des Pompeius in den Sattel helfen. »Ich mag zwar Sabiner sein, doch bin ich weder von Natur noch von meiner Ausbildung her Soldat.«
    »Aber du hast doch im Bundesgenossenkrieg gedient.«
    »Schon. Ich war ja bei sechs Feldzügen dabei. Wie schnell das damals ging! Doch seit dem Ende des Krieges habe ich weder Schwert noch Kettenpanzer getragen.«
    Pompeius lachte. »Du redest wie mein Freund Cicero.«
    »Marcus Tullius Cicero? Der geniale Anwalt?«
    »Ja. Er haßte den Krieg. Mein Vater konnte nicht verstehen, daß Cicero einfach nicht dafür geschaffen war. Doch er war trotzdem ein guter Kamerad. So hielten wir meinen Vater bei Laune, ohne ihm zuviel erzählen zu müssen.« Pompeius seufzte. »Als Asculum Picentum fiel, wollte er unbedingt unter Sulla in der Campania dienen. Ich habe ihn vermißt!«

    Innerhalb von zwei Marktwochen hatte Pompeius seine drei Freiwilligenlegionen in einem gut befestigten Lager fünf Meilen von Auximum entfernt am Ufer eines Nebenflusses des Aesis untergebracht. Im Lager wurde streng auf Hygiene geachtet. Pompeius Strabo hatte als Mensch ländlicher Herkunft im Hinblick auf Jauchegruben, Latrinen, Abfallbeseitigung und Abwasserkanalisation immer dasselbe getan: Wenn der Gestank unerträglich wurde, zog er weiter. Deshalb war er vor der römischen Porta Collina am Fieber gestorben, und die Bewohner des Viminal und des Quirinal, deren Quellen von seinen Abfällen verschmutzt waren, hatten seine Leiche aus Rache grausam geschändet.
    Gebannt beobachtete Varro, wie das Heer seines jungen Freundes Gestalt annahm, und er staunte über Pompeius’ Geschick in Fragen der Organisation. Keine Einzelheit, so unbedeutend sie auch sein mochte, wurde übersehen, und trotzdem schritt das große Unternehmen rasch und reibungslos voran. Ich gehöre zum kleinen Kreis der Vertrauten eines wahren Genies, dachte Varro. Pompeius wird den Lauf der Welt und unsere Einstellung zu ihr ändern. Er kennt keine Angst, und sein Selbstbewußtsein ist grenzenlos.
    Allerdings hatten auch schon andere vor Beginn einer Schlacht Großes vollbracht. Was würde Pompeius tun, wenn der Krieg richtig begann, wenn er auf Widerstand stieß, wenn er sich Carbo oder Sertorius, nein, Sulla selbst gegenübersah? Das würde die wahre Prüfung sein! Ob als Parteigänger oder Gegner, das Verhältnis zwischen dem alten und dem jungen Stier würde die Zukunft des jungen bestimmen. Würde er sich beugen? Konnte er sich beugen? Wie sah die Zukunft eines jungen Mannes aus, der so sicher und selbstbewußt war? Gab es irgendeine Kraft oder irgendeinen Menschen auf der Welt, der seinen Willen brechen konnte?
    Nach Pompeius’ Überzeugung bestimmt nicht. Obwohl nicht mystisch veranlagt, hatte er instinktive Vorstellungen von sich selbst. Seine Unbesiegbarkeit, Unverwundbarkeit und Unverletzlichkeit schrieb er seinem glücklichen Schicksal zu. Er glaubte, es fließe nicht nur Götterblut in seinen Adern, sondern es umgebe ihn auch eine Art göttlicher Schutz. Von Kindheit an hatte er von großen Taten geträumt. Im Geist hatte er zehntausend Schlachten geschlagen, war hundert Male im Triumphwagen gefahren und hatte wie ein Mensch gewordener Jupiter über Rom geherrscht, das ihm als dem bedeutendsten Menschen aller Zeiten zu Füßen lag.
    Doch von anderen Träumern unterschied sich Pompeius dadurch, daß er die Welt zugleich mit scharfem Verstand betrachtete, sämtliche Möglichkeiten und Wahrscheinlichkeiten berücksichtigte und keiner Tatsache auswich, ob sie nun so groß war wie ein Berg oder so klein wie ein Tropfen klaren Wassers. Seine großartigen Tagträume waren der geistige Amboß, auf dem er die Wirklichkeit schmiedete und den Gegebenheiten des tatsächlichen Lebens anpaßte.
    Er stellte also Zenturien, Kohorten und Legionen auf, bildete Soldaten aus und inspizierte ihre Ausrüstung. Er sonderte Tragtiere aus, die zu alt waren, und ließ
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