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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Autoren: Colleen McCullough
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die miteinander verfeindet sind, außer wenn dieser Status einen Krieg zwischen den beiden verhindern würde. Im Fall von Bithynien und Pontus hat der Senat entschieden, wenn der Status beiden Königen verliehen würde, würde das ihr Verhältnis zueinander nur verschlechtern. Also wurde Nikomedes von Bithynien der Vorzug gegeben, denn Bithynien hat einen besseren Ruf als Pontus.«
    »Ach, Nikomedes ist ein alter Narr!« sagte Marius ungeduldig. »Seit über fünfzig Jahren regiert er schon, und als er seinen Vater vom Thron stieß, war er auch kein Kind mehr. Ich glaube, er ist schon über achtzig. Und er bringt in Anatolien alles durcheinander!«
    »Indem er sich wie ein dummes altes Huhn aufführt, willst du wahrscheinlich sagen.« Rutilius Rufus begleitete diese Bemerkung mit strengem Blick, der sehr an seine Nichte Aurelia erinnerte, auch wenn er nicht ganz so direkt war. »Meinst du nicht auch, Gaius Marius, daß du und ich bald in dem Alter sind, in dem man uns auch dumme alte Hühner nennen kann?«
    »Nun regt euch bloß nicht auf!« sagte Sulla grinsend. »Ich weiß schon, was du meinst, Gaius Marius. Nikomedes ist längst ein Greis, ob er nun noch regieren kann oder nicht. Und man muß wohl davon ausgehen, daß er es noch kann. Zwar ist kein orientalischer Königshof so stark hellenisiert wie seiner, aber orientalisch ist er trotzdem noch. Nikomedes braucht nur eine einzige Unachtsamkeit zu begehen, und schon würde sein Sohn ihn vom Thron jagen. Er ist also nach wie vor wachsam und verschlagen. Aber er ist nörgelig und mißgünstig geworden. Jenseits der Grenze dagegen, in Pontus, steht ein Dreißigjähriger — vital, intelligent, aggressiv und selbstsicher. Nein, wir können kaum erwarten, daß Nikomedes Mithridates in Schach hält.«
    »Stimmt«, meinte Marius. »Wir müssen damit rechnen, daß es ein ungleicher Wettstreit wird, falls es zum offenen Schlagabtausch kommt. Nikomedes hat lediglich geschafft, zu behalten, was er schon zu Beginn seiner Regentschaft hatte; Mithridates dagegen ist ein Eroberer. Oh ja, Lucius Cornelius, ich muß diesen Mithridates kennenlernen!« Er lehnte sich auf seinen linken Ellbogen und sah Sulla erwartungsvoll an. »Komm mit mir, Lucius Cornelius, ich bitte dich darum! Hast du eine Alternative? Noch ein langweiliges Jahr in Rom. Schweinebacke schwafelt im Senat, und Metellus das Ferkel sonnt sich in dem Ruhm, seinen Papa heimgeholt zu haben.«
    Aber Sulla schüttelte den Kopf. »Nein, Gaius Marius.«
    Rutilius Rufus knabberte nachdenklich an seinem Fingernagel. »Wißt ihr, wer den offiziellen Brief unterschrieben hat, der Quintus Caecilius Metellus Numidicus Schweinebacke aus dem Exil auf Rhodos zurückrief? Wie ich gehört habe, Konsul Metellus Nepos und — man stelle sich vor — kein anderer als das Ferkel selbst! Nicht unterschrieben hat dagegen Quintus Calidius, der Volkstribun, der den Rückruferlaß durchsetzte! Unterschrieben von einem blutjungen Senator, der obendrein ein privatus ist!«
    Marius lachte. »Armer Quintus Calidius! Hoffentlich hat das Ferkel ihn für seine Mühe anständig bezahlt.« Er sah Rutilius Rufus an. »Sie bleiben sich treu, die Meteller, was? Als ich Volkstribun war, haben sie mich auch immer wie den letzten Dreck behandelt.«
    »Das hattest du auch nicht anders verdient«, sagte Rutilius Rufus. »Damals hattest du doch nichts anderes im Sinn, als jedem Meteller, der Politiker war, das Leben schwer zu machen! Auch dann noch, als sie meinten, dich in die Pflicht genommen zu haben. Wie wütend Delmaticus war!«
    Bei diesem Namen zuckte Sulla zusammen und merkte, wie er rot wurde. Delmaticus, Schweinebackes verstorbener älterer Bruder, war Delmaticas Vater. Wie ging es Delmatica? Was hatte Scaurus mit ihr gemacht? Sulla hatte sie seit Scaurus’ Besuch nie mehr zu Gesicht bekommen. Es ging das Gerücht, sie dürfe Scaurus’ Haus nie mehr verlassen. Sulla sagte laut: »Ich habe übrigens aus zuverlässiger Quelle erfahren, daß dem Ferkel eine gute Heirat bevorsteht.«
    Sofort wurden die Erinnerungen durch die Gegenwart verdrängt.
    »Davon weiß ich nichts!« sagte Rutilius Rufus leicht beleidigt. Er hielt seine Quellen für die besten in ganz Rom.
    »Aber es stimmt trotzdem, Publius Rutilius.«
    »Dann sag schon!«
    Sulla steckte eine Mandel in den Mund und kaute eine Weile darauf herum, bevor er weitersprach. »Ein guter Wein, Gaius Marius«, sagte er und füllte seinen Becher aus dem Krug, der in Reichweite hingestellt worden war, als
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