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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Autoren: Colleen McCullough
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Kopf, und die Zunge lag ihm stumm und schwer wie ein Stein im Mund.
    »Es wäre für alle Beteiligten besser, wenn du Rom verlassen würdest«, sagte Scaurus schließlich. »Geh nach Spanien. Wie ich höre, könnte Lucius Cornelius Dolabella tatkräftige Hilfe gebrauchen.«
    Sulla riß in übertriebener Überraschung die Augen auf. »Tatsächlich? Ich wußte nicht, daß die Lage so ernst ist! Aber selbst wenn sie es ist, Marcus Aemilius, ich kann hier nicht alles stehen- und liegenlassen und nach Hispania Ulterior gehen. Ich bin jetzt seit neun Jahren Senator, und es wird Zeit, daß ich mich um die Prätur bemühe.«
    Scaurus schluckte, beherrschte sich aber eisern. »Nicht dieses Jahr, Lucius Cornelius«, sagte er freundlich. »Nächstes Jahr, oder das Jahr danach. Für dieses Jahr mußt du Rom den Rücken kehren.«
    »Marcus Aemilius, ich habe nichts Verkehrtes getan!« Doch, das hast du, Sulla! Was du jetzt tust, ist verkehrt! Du trittst ihn mit Füßen! »Ich bin eigentlich schon drei Jahre zu alt für die Prätur, die Zeit läuft mir davon. Ich muß dieses Jahr kandidieren, und deshalb muß ich in Rom bleiben.«
    »Bitte überlege es dir noch einmal.« Scaurus stand auf.
    »Ich kann nicht, Marcus Aemilius.«
    »Wenn du kandidierst, Lucius Cornelius«, sagte Scaurus ruhig, »wirst du es nicht schaffen, das versichere ich dir. Und auch nicht im nächsten Jahr und allen darauffolgenden Jahren. Ich verspreche es dir. Nimm dieses Versprechen ernst! Verlasse Rom.«
    »Ich wiederhole, Marcus Aemilius, es tut mir sehr leid. Aber ich muß in Rom bleiben und für die Prätur kandidieren.«
    Damit war der Kampf zwischen den beiden ausgebrochen. Marcus Aemilius Scaurus mochte an auctoritas, an öffentlichem Einfluß, und an persönlicher Würde eingebüßt haben, aber er konnte immer noch mit Leichtigkeit verhindern, daß Sulla zum Prätor gewählt wurde. Die Namen anderer, geringerer Männer wurden in die fasti, den römischen Amtskalender, eingetragen; es waren Narren, Nullen, Mittelmaß. Aber Prätoren.

    Publius Rutilius Rufus hatte die Geschichte von seiner Nichte Aurelia erfahren und sie Gaius Marius weitererzählt. Daß der Senatsvorsitzende Scaurus nicht wollte, daß Sulla Prätor wurde, war für jedermann leicht erkennbar; der Grund dafür war weniger offensichtlich. Einige behaupteten, es habe damit zu tun, daß die arme Delmatica sich in Sulla verknallt habe, aber nach viel Gerede war man allgemein der Ansicht, dies allein reiche als Erklärung nicht aus. Scaurus verkündete seinen Freunden und auf dem Forum, er habe dem Mädchen genügend Zeit gegeben, sein fehlerhaftes Verhalten selbst einzusehen, und es dann freundlich, aber bestimmt zurechtgewiesen.
    »Armes Ding — irgendwann mußte es ja passieren«, sagte er eifrig zu ein paar Senatoren, nachdem er sich vergewissert hatte, daß noch viele andere Ohren in Hörweite waren. »Ich wünschte nur, sie hätte sich jemand anders ausgesucht als ein bloßes Geschöpf des Gaius Marius. Na ja, er muß ein hübscher Bursche sein.«
    Es war perfekt eingefädelt. So perfekt, daß die Experten vom Forum und die Senatoren zu dem Schluß kamen, der wahre Grund hinter Scaurus’ Widerstand gegen Sullas Kandidatur sei Sullas allseits bekannte Verbindung mit Gaius Marius. Denn nachdem Gaius Marius es geschafft hatte, sechsmal Konsul zu werden, was es noch nie gegeben hatte, war sein Stern im Sinken begriffen. Seine Glanzzeit war vorbei, und er fand nicht einmal mehr genügend Unterstützung für eine Kandidatur als Zensor. Was bedeutete, daß Gaius Marius, der sogenannte dritte Gründer Roms, niemals den Rängen der höchsten Konsulare angehören würde, die alle Zensoren gewesen waren. Gaius Marius war im politischen Leben Roms eine verbrauchte Kraft, mehr eine Kuriosität als eine Bedrohung anderer, ein Mann, dem oberhalb der dritten Klasse niemand mehr zujubelte.
    Rutilius Rufus schenkte sich Wein nach. »Willst du wirklich nach Pessinus reisen?« fragte er Marius.
    »Warum nicht?«
    »Ich frage dich, warum? Ich meine, Delphi könnte ich noch verstehen, auch Olympia oder sogar Dodona. Aber Pessinus? Mitten in Anatolien — in Phrygien! Der rückständigste, unwirtlichste Ort der Welt, wo der Aberglaube herrscht und es im Umkreis von Hunderten von Meilen keinen anständigen Tropfen Wein zu trinken gibt und keine Straße, die besser wäre als ein Saumpfad! Nur rauhe Hirten, wohin man blickt, und an der Grenze Barbaren aus Galatien! Wirklich, Gaius Marius! Willst du Battakes
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