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Moorehawke 02 - Geisterpfade

Moorehawke 02 - Geisterpfade

Titel: Moorehawke 02 - Geisterpfade
Autoren: Kiernan Celine
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er sie ganz neu. »Embla …«, raunte er verwundert. Er streckte den Arm aus, wie um ihr durchsichtiges Gesicht zu berühren, seine dunklen Augen glänzten nun heller, da die gebrochene Spiegelung Emblas blassen Lichts sie erfüllte. »Ich hätte für dich gesorgt«, sagte er. »Warum hast du mir nicht vertraut und hast mich für dich sorgen lassen?«
    Embla senkte die Augenlider und seufzte, als wären Razis Worte Sonnenstrahlen und sie genösse ihre Wärme. Versonnen strich sie ihm über die Brust, ihre Finger hinterließen schimmerndes Geisterfeuer. Schließlich legte sie die Hand auf seine Wange. Bei der Berührung durch die Geisterhaut teilten sich Razis Lippen über zusammengebissenen Zähnen, und ihm entfuhr ein leiser Schmerzenslaut, obschon er gleichzeitig die Wange fester in ihre Hand drückte.
    »Mein guter Mann«, seufzte Embla abermals. »Mein gutes Vorzeichen. Was für ein Segen du für mich warst.«
    Sie fuhr ihm mit dem Daumen über die Lippen, und Razi erschauerte, kleine Ätherwölkchen stiegen von seiner warmen Haut auf. Unter den schweren Lidern rollten seine Augen nach hinten, seine Miene wurde ausdruckslos, der lange Leib neigte sich ganz langsam nach vorn.
    »Embla!«, schrie Wynter. »Gib ihn frei!«
    Erschrocken zog Embla die Hand zurück, und Razi geriet ins Taumeln und riss die Augen auf. Um ihn zu stützen, legte Embla ihm die Finger nochmals auf die Brust, und er starrte sie mit offenem Mund und leerem Blick an.
    Trauriges Begreifen zeichnete sich auf Emblas Miene ab; er war für sie verloren, und sie für ihn.
    Noch einen Moment lang beobachtete sie ihn, während er seine Verwirrung und Benommenheit abschüttelte, dann jedoch verhärtete sich ihr Blick. Sie holte tief Luft, straffte die
Schultern. Als sie wieder sprach, klang ihre Stimme tief und gebieterisch, getragen von all der ihr zu Gebote stehenden Vornehmheit und Würde. »Höre mich, Fürst Razi Königssohn, wichtigster Sohn Jonathons, des Königs. Ich wünsche, zu dir zu sprechen.« Embla wartete, bis sich Razi ausreichend gesammelt hatte, um ihr zu lauschen. »Diese Welt ist dunkel«, sagte sie. »Du fürchtest, bald schon in ihrer Dunkelheit zu ertrinken.« An dieser Stelle hob sie die Hand, berührte ihn aber nicht. »Du darfst nicht ertrinken«, befahl sie. »Es ist deine Pflicht, es nicht zu tun.«
    Mit glitzernden Augen sah Razi sie unglücklich an.
    Embla nickte, als wollte sie den Pakt besiegeln, dann glitten ihre Augen an Razi vorbei zu Úlfnaor. »Es darf kein Blut mehr fließen«, sagte sie. »Dies ist ein Neubeginn.«
    Stirnrunzelnd schüttelte Úlfnaor den Kopf – er verstand nicht.
    »Kein Blut mehr«, wiederholte Embla. »Ashkr und ich, wir sollen die Letzten sein.«
    Aufs Äußerste verstört rief Hallvor etwas auf Merronisch, und Embla betrachtete sie freundlich. »Verzweifle nicht, Hallvor an Fada, Heilerin, Tochter der Ingrid an Fada. Die Brücke ist hier stark. Sie war immer stark. Wir waren Narren, anderes zu glauben, und anmaßend. Hier wie überall schreitet Unser Volk einmütig mit Dem Herzen Der Welt dahin, und Die Brücke brauchte kein Blut, um ihre Tore zu öffnen. Ihre Tore waren stets geöffnet, ihr Pfad für alle zugänglich.« Erneut wandte sich Embla an Úlfnaor. »Dies ist deine Pflicht, Úlfnaor, Hirte Der Welt. Verstehst du mich? Es darf kein Blut mehr fließen. Das musst du lehren. Es ist deine Pflicht.«
    Úlfnaor nickte mit großen Augen. Bedächtig sah Embla von einem Krieger zum anderen, und einer nach dem anderen fielen sie auf die Knie und neigten die Köpfe, als legten
sie einen Eid ab. Embla lächelte zustimmend, dann legte sie Razi eine Hand auf die Schulter. »Sehet«, sagte sie zu den knienden Männern und Frauen. »Euer neuer Caora.«
    Christopher stieß vernehmlich die Luft aus.
    »Christopher?« Wynters Herz hämmerte. »Hat sie gerade …«
    »Pst«, zischte er, die Augen auf Embla gerichtet. »Still.«
    Von einem ungläubigen Merroner zum nächsten blickte Embla. »Caora Nua «, sagte sie. Auf Úlfnaors bestürztem Gesicht verweilte sie etwas länger.
    »Embla«, drang Ashkrs leise Stimme zu seiner Schwester durch. Er kniete immer noch mit ernster Miene an Sólmundrs Seite. »Du musst nun gehen. Du hast deine Pflicht erfüllt.« Kummervoll verzog Embla das Gesicht, doch er lächelte. »Es ist schon gut, mein Herz. Sag Lebewohl, erlöse deinen Mann von seinem Verlust.«
    »Nein«, flüsterte Razi. »Bleib.« Wieder hob er die Hand an Emblas Gesicht, und sie schmiegte die Wange
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