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Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen

Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen

Titel: Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
Autoren: Robin Cook
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von gelegentlichem Babygeschrei, das aber nie lange anhielt. Rund dreißig Meter von der Straße entfernt begegneten sie einer Frau. Sie stieg gerade aus einem fast ausgetrockneten Bachbett, das, dem Geruch nach zu urteilen, als Toilette diente. Veena sprach sie auf Hindi an, und die Frau zeigte mit gestrecktem Zeigefinger in eine Richtung. Nach ein paar weiteren Fragen bedankte sich Veena.
    »Wir haben Glück«, sagte Veena, als die Frau weitergegangen war. »Eine der Hütten ist nicht bewohnt. Das Problem ist, dass sie ziemlich dicht bei der Latrine liegt. Aber dort sind wir sicher.«
    »Also dann, ziehen wir ein«, sagte Jennifer. »Ich glaube, ich kann keinen Meter mehr laufen.«
    Fünf Minuten später saßen sie in ihrer Unterkunft, bestehend aus einer zwischen zwei Bäumen gespannten Schnur, an der ein farbenfroh leuchtendes indisches Tuch befestigt war. An den Ecken war es mit Steinen beschwert, damit es nicht flattern konnte. Der Fußboden bestand aus einem bunten Puzzle aus Teppichresten. Veena hatte sich mit dem Rücken an den einen Baum gelehnt, Jennifer an den anderen. Trotz des widerlichen Gestanks aus dem nahe gelegenen Bachbett fühlten sich die Frauen sicher, sicherer jedenfalls, als wenn sie versucht hätten, auf offener Straße einen Lastwagen oder ein anderes Fahrzeug anzuhalten.
    »Noch nie hat mir das Sitzen so gutgetan«, sagte Jennifer. Sie konnten einander im Halbdunkel kaum erkennen. »Du hast ja immer noch die Kleider in der Hand.«
    Veena hob den Kissenbezug in die Höhe, als sähe sie ihn zum ersten Mal. Sie warf ihn Jennifer zu, und diese holte das Hemd und die Hose hervor. Sie betastete den Stoff. »Ist das eine Jeans?«
    »Ja«, sagte Veena. »Die habe ich mir in Santa Monica gekauft.«
    »Dann hast du also in Santa Monica gelebt?«, entgegnete Jennifer. Vorsichtig schob sie sich zur Baracke hinaus, legte zuerst den Bademantel und dann die Turnschuhe ab und schlüpfte dann vollkommen nackt in die Jeans und das Hemd.
    Anschließend ballte sie den Bademantel zu einem Kissen zusammen und kletterte zurück in die provisorische Unterkunft. Sie warf einen kurzen Blick auf Veena, die regungslos und mit geschlossenen Augen dasaß. Jennifer richtete sich so bequem wie möglich ein und blickte erneut zu Veena. Sie erschrak. Veenas weit aufgerissene Augen funkelten wie Diamanten.
    »Ich dachte schon, du wärst eingeschlafen«, sagte Jennifer.
    »Ich muss mit dir reden«, sagte Veena.
    »Jederzeit«, erwiderte Jennifer. »Ich stehe tief in deiner Schuld, und ich möchte mich von ganzem Herzen dafür bedanken, dass du mich gerettet hast. Aber gleichzeitig frage ich mich natürlich: Was, um alles in der Welt, hast du mit diesen Leuten da zu tun gehabt?«
    »Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte Veena. »Die will ich dir auch auf keinen Fall vorenthalten, aber zuerst muss ich dir etwas über mich und meine Familie erzählen, damit du das andere verstehen kannst.«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Das, was ich dir erzählen muss, bringt große Schande über meine Familie, aber es ist jetzt kein Geheimnis mehr. Als ich Kind war, da hat mein Vater mich missbraucht, und ich habe mich nicht dagegen gewehrt.«
    Jennifer zuckte, als hätte Veena sie ins Gesicht geschlagen.
    »Du fragst dich vielleicht, warum. Das Problem ist, dass ich in zwei verschiedenen Welten lebe, aber überwiegend immer noch in der alten. Im alten Indien bin ich verpflichtet, meinen Vater zu respektieren und ihm zu gehorchen, ganz egal, was er von mir verlangt. Mein Leben gehört nicht mir. Es gehört meiner Familie, und ich darf nicht über Dinge reden, die Schande über die Familie bringen könnten, also auch nicht über sein schändliches Verhalten. Außerdem hat er gesagt, dass er sich an einer meiner Schwestern vergreift, wenn ich ihm nicht gehorche.« Anschließend erzählte sie Jennifer alles über das dubiose Unternehmen Nurses International, das Ausreise-Versprechen und dass sie Patientendaten gestohlen hatte, die leider zu gut waren.
    »An diesem Punkt hat Cal Morgan beschlossen, uns Krankenschwestern eine andere Aufgabe zu übertragen«, erläuterte Veena. »Und er hat gesagt, dass er dafür sorgen kann, dass mein Vater sich nie wieder an mir, meinen Schwestern oder meiner Mutter vergreift, und dass er mich nach Amerika bringen und mir ein neues Leben verschaffen kann … wenn ich etwas ganz Besonderes für ihn erledige.«
    Veena stockte und starrte Jennifer an. Die Pause wurde länger und länger, während sie versuchte, all
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