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Monkeewrench 04 - Memento

Monkeewrench 04 - Memento

Titel: Monkeewrench 04 - Memento
Autoren: P.J. Tracy
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von irgendeinem günstig gelegenen See und baute einen Palast. Gab man ihm ein bisschen Schnee, stand kurze Zeit später eine maßstabsgetreue Nachbildung von Mount Rushmore oder dem Weißen Haus in seinem Vorgarten. In Eis- und Schneeskulpturen hatte man es hier zur Meisterschaft gebracht, und die Leute reisten aus aller Welt an, um bei zahllosen Winterfestivals und -Wettbewerben ihre Kräfte zu messen. Aber wer hätte gedacht, dass ein Schneemannwettbewerb, den die städtische Polizei für Kinder ausrichtete, so viel Aufmerksamkeit erregen würde?
    Magozzi bewegte sich millimeterweise einen halben Häuserblock weiter, vorbei am waldigen Teil des Parks, und konnte schließlich einen ersten Blick auf das freie Schneefeld direkt an der Straße werfen. Wie alle Autofahrer vor ihm trat auch er auf die Bremse und starrte fassungslos aus dem Fenster.
    An dieser Stelle bestand der Park aus einer gut zwölf Hektar großen, sanft hügeligen, freien Fläche, die im Sommer durchaus als Golfplatz durchgehen konnte. Heute erinnerte sie eher an ein blendend weißes Schlachtfeld, auf dem ein feindliches Heer von Schneemännern aufmarschiert war. Magozzi betrachtete sie mit offenem Mund. Es mussten Hunderte sein, alle paar Meter ein neuer, und alle starrten sie mit ihren schwarzen, leblosen Augen und ihren albernen Karottennasen zur Straße hin.
    Als er den Park schließlich erreicht hatte, hielt er in der erstbesten illegalen Parklücke, zwischen einem Satellitenwagen von Channel Ten und einem Schild, das auf absolutes Parkverbot hinwies. Er nahm seine Handschuhe und eine Thermosflasche vom Beifahrersitz und stieg gerade rechtzeitig aus, um einen eisigen Windstoß mitten ins Gesicht zu bekommen.
    Im Park waren Hunderte Schaulustige unterwegs und sahen zu, wie die Schneehaufen unter eiskalten Händen Gestalt annahmen, und Magozzi fragte sich, wie er in diesem Meer aus gesichtslosen, von Kopf bis Fuß in Pelz, Daunen und Thinsulate gehüllten Zweibeinern jemals seinen Partner finden sollte.
    Schließlich entdeckte er Gino am anderen Ende des Feldes. Mit seinen bescheidenen Einsachtzig sah er aus wie ein Riese zwischen all den aufgedrehten, kreischenden Knirpsen, die in einem Farbenspiel aus kunterbunten Jacken, Schals und Mützen um ihn herumflitzten.
    Gino seinerseits war ganz in Schwarz, als wäre er in Trauer. Er hatte sich in einen schweren Daunenanorak gezwängt, der so dick war, dass er kaum die Arme bewegen konnte. Auf dem Kopf hatte er irgendein Pelztier, und seine Hände steckten in ledernen Schneemobilhandschuhen, die so groß wie Pizzaschaufeln waren. Seine Laune war offensichtlich noch um einiges schwärzer als seine Kleidung: Gerade versetzte er dem Sockel seines entstehenden Schneemanns ein paar wütende Tritte.
    «Hübscher Anorak, Gino. Wie viele Enten mussten dafür ihr Leben lassen?»
    «Wird auch Zeit, dass du endlich auftauchst. Und was deine Frage betrifft: viel zu wenige. Ich spüre meine Glieder schon nicht mehr. Und ich habe mit Sicherheit Frostbeulen. Und Unterkühlung. Verdammt nochmal, ich hasse den Winter, ich hasse Schnee, ich hasse Kälte. Sag mir doch nochmal kurz, warum ich eigentlich hier lebe.»
    «Weil du auf Stechmücken stehst?»
    «Falsche Antwort.»
    «Dann wird's wohl der klare Wechsel der Jahreszeiten sein.»
    «Nein, es liegt einfach daran, dass die Gehirnzellen, die wissen, wie grässlich das hier ist, im Winter immer einfrieren und sterben. Dann brauchen sie den ganzen Sommer, um nachzuwachsen, und dann ist wieder Winter, und der ganze Scheiß geht von vorne los.»
    «Aber du siehst klasse aus. Wo kann man sich heutzutage sonst schon noch mit Ohrenklappen zeigen?»
    Gino zupfte verlegen an dem Stück Fell, das er auf dem Kopf trug. «Lach nur, Leo, nachher frierst du dir schon noch den Arsch ab. Die gefühlte Temperatur liegt bei etwa fünfzig Grad unter null, und in dem Aufzug da rennst du in fünf Minuten zurück zum Wagen. Gehst du neuerdings mit dem Chief einkaufen? Siehst ja aus wie ein Edelganove.»
    Magozzi strich mit der Hand über seinen neuen Kaschmirmantel, ein Weihnachtsgeschenk von Grace MacBride. «Ich hab gehört, es soll wärmer werden. Siehst du, die Sonne kommt schon raus.»
    «Wenn auf Hawaii die Sonne rauskommt, wird es wärmer. Wenn in Puerto Vallarta die Sonne rauskommt, wird es auch wärmer. Wenn sie im Januar in Minnesota rauskommt, wird man nur schneeblind.»
    «Da hätten wir doch den eigentlichen Grund, warum du hier lebst.»
    «Um schneeblind zu
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