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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter
Autoren: Jack McDevitt
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sechs Astronauten fotografiert werden und den Start verfolgen würde. Hunderttausende von Vorschlägen gingen daraufhin ein, Namen in allen Sprachen der Erde. Eine Armee aus Sekretärinnen, untergeordneten Mitarbeitern und Assistenten sichtete die Flut und gab die Vorschläge, die originell und atmosphärisch reizvoll schienen, an ein Komitee aus Preisrichtern weiter. Gerüchte von Animositäten und einer Blockade kursierten, und tatsächlich trat einer der Preisrichter zurück, aber das Komitee ging schließlich mit dem Ergebnis seiner Wahl an die Öffentlichkeit: die Percival Lowell.
    Es hatte etwas Ironisches an sich, das Mars-Schiff nach jemandem zu benennen, der sich sowohl monumental geirrt hatte als auch diesem Irrtum bis zum Tod standhaft treu geblieben war. Aber er hat, sagte der Gewinner, stellvertretend für uns alle geträumt. Ohne ihn hätten wir weder Barsoom noch Die Mars-Chroniken. Der unwiderstehliche Drang, der uns hinaustreibt, wurde mit Percival Lowell geboren. Diese Worte waren in Rachels Gedächtnis haftengeblieben. Sie stimmte der Aussage nicht zu, aber man konnte plausibel zu ihren Gunsten argumentieren.
    Das Kind, ein chinesischer Oberschüler aus Kanton, sollte in zwei Wochen mit dem Rest der Besatzung eintreffen. Bislang war außer Rachel nur der Geologe und Flugingenieur Lee Cochran an Bord.
    Rachel war egal, welcher Name auf den Rumpf geschrieben wurde, solange das Schiff nur startbereit war. Und zum ersten Mal in ihrer ganzen Erfahrung mit staatlichen Projekten schien alles so geplant zu sein, daß noch zeitliche Reserven blieben.
    Die Lowell bestand aus einem langen Zentralstiel mit dem Flugdeck und den Besatzungsunterkünften vorne und dem Nukleartriebwerk am Heck. Die Unterkünfte, nicht jedoch das Flugdeck, konnte man in Rotation versetzen, um eine Schwerkraft von 0,07 g zu simulieren. Das reichte zwar nicht, um die Reise bequem zu gestalten, aber es entsprach fast der Schwerkraft, wie sie auf der Station selbst herrschte, und betrug beinahe die Hälfte der Mondgravitation. Ein Landungsboot war am Bauch des Schiffes befestigt. Sensorenschüsseln, Teleskope, Zuleitungsluken und Antennen ragten aus dem Rumpf hervor.
    Das Raumschiff verfügte über einen Plasmaantrieb auf der Basis des Variablen Spezifischen Impulses. Diese Technik, bei der ein Plasmastrom aus Ionen und Elektronen ohne Elektroden, elektrothermisch, radiofrequenzgeheizt und magnetisch ausgerichtet wurde, war in den späten 1990ern entworfen, aber erst aktiv entwickelt worden, als Präsident Culpepper entschied, wirklich in eine Marserkundung einzusteigen, als logischen Schritt nach der Errichtung der Mondbasis.
    Vor Jahren hatte Rachel einen Prototypen geflogen, einen Mondbus, angetrieben von pulverisiertem Aluminium und Flüssigsauerstoff. Jetzt saß sie in der Spitze eines nuklearen Monstrums, das sie durch die interplanetare Leere tragen würde.
    Es war ein schönes Gefühl.
    Die Luke zum Flugdeck ging auf, und Lee steckte den Kopf herein. »Hallo, Rachel. Was machst du denn hier?«
    Sie saß auf dem Pilotenstuhl. Die täglichen Simulationen waren beendet, und sie empfand fast ein Schuldgefühl, als hätte man sie dabei erwischt, wie sie am Computer Patiencen legte. »Ich genieße es einfach, hier zu sein«, sagte sie.
    Es schien ihr, als wäre ihr ganzes Leben auf diesen Augenblick hin verlaufen. Und sie legte Wert darauf, ihn zu genießen. Sie hatte sich das schon mit zehn Jahren gewünscht, als sie forschend durch Opas Teleskop blickte. Sie hatte es im Hinterkopf gehabt, als sie auf die Pilotenschule ging, als sie Patrouillenflüge über Zagreb durchführte und als sie damit anfing, die Busse zwischen den Anlagen auf dem Mond und L1 zu steuern. Als Culpepper vor neun Jahren verkündete, daß die Nation zum Mars fliegen würde, jagte Rachel Quinn noch vor dem Schluß seiner Rede eine Bewerbung los.
    »Wo sollte ich denn sonst sein?« fragte sie Lee.
    »Es ist Montag. Frühstück beim Direktor.«
    Sie hatte es vergessen. Gestern hatte sie mit dem Vizepräsidenten zu Mittag gegessen; er war auf der Durchreise gewesen, um heute nachmittag die Einweihungszeremonie auf der Mondbasis durchzuführen. Heute waren eigentlich Eier mit Speck beim Stationsdirektor angesagt. Morgen stand ein weiteres Mittagessen auf dem Programm, diesmal mit einer chinesischen Delegation aus Diplomaten und Industriellen. Rachel hatte den Eindruck, daß sie in ihrem Job die meiste Zeit damit zubringen mußte, jeden VIP zu empfangen, der auf L1
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