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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter
Autoren: Jack McDevitt
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Charlie Haskell zum Mond gereist.
    Die Journalisten erwarteten ihn schon in der Ankunftshalle. Sie machten Aufnahmen davon, wie er Evelyn Hampton, der Generaldirektorin von Mondbasis International, die Hand schüttelte; sie brüllten ein paar Fragen zur Wahl und wollten wissen, warum der Präsident nicht erschienen war. Vielleicht deshalb, weil der Präsident sich nicht um eine zweite Amtszeit bewarb und Charlie einen Vorteil gegenüber anderen möglichen Kandidaten verschaffen wollte?
    Charlie wies darauf hin, daß überhaupt kein Staatsoberhaupt zugegen war, daß es sich bei der Mondbasis um ein kommerzielles Unternehmen handelte und er deshalb gekommen war, weil sich ihm hier vielleicht die letzte Gelegenheit bot, einen Freiflug zum Mond zu erhalten. (Diese letzte Bemerkung bezog sich auf die Tatsache, daß nur wenige mit Charlies Berufung zum Kandidaten seiner Partei rechneten.) »Aber«, fügte er hinzu und schlug dabei einen ernsten Ton an, »die Vereinigten Staaten sind der größte Anteilseigner an diesem Unternehmen, und die Raumfahrt war schon immer das besondere Fachgebiet des Vizepräsidenten. Das geht bis auf Lyndon Johnson zurück.«
    Um die Wahrheit zu sagen: Der Präsident konnte Charlie nicht besonders leiden und hatte ihn vor vier Jahren nur deshalb mit ins Boot genommen, weil Charlie ihm Neuengland verschaffte. Von Washington aus erschien die Mondbasis als Fehlinvestition, und Henry Kolladner wollte nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden, auch wenn er sich aus dem Wahlkampf verabschiedet hatte. »Er wußte, wieviel mir dieses Programm bedeutet«, fuhr Charlie fort und beugte dabei die Wahrheit beträchtlich, »also bat er mich, ihn zu vertreten. Ich bin sehr froh, hier zu sein.« Er drehte sich um und strahlte Evelyn Hampton an, die bescheiden nickte.
    Hinter der Schar der Reporter bot ein Fenster Ausblick über den Verwitterungsboden. Die Landschaft war flach und grau und lief in einem sehr nahen Horizont aus. TR hätte das toll gefunden, dachte Charlie.
    Teddy Roosevelt war Charlies Vorbild. Zäher Bursche. Unnachgiebig, wenn er fand, daß er im Recht war. Penibel ehrlich. Fasziniert von der Welt um ihn herum. Was hätte der alte Rough Rider wohl darum gegeben, über diese Landschaft hinwegblicken zu können?
    Hampton führte ihn zu seinem Quartier, wobei ihn vier Secret-Service-Agenten begleiteten. Den Agenten gefiel nicht, daß sie die regulären Bewohner nicht schon vor Charlies Ankunft hatten entfernen können. Aber die Mondbasis bot noch nicht viel Raum, und es war einfach nicht möglich, ganze Scharen von Menschen auszuquartieren und woanders unterzubringen. Darüber hinaus erhielten Bekloppte keinen Zutritt zum Mond, wie Charlie dem ranghöchsten Agenten erklärte.
    Evelyn Hampton war eine aufregend attraktive Senegalesin, die Englisch mit der Spur eines Oxford-Akzentes sprach. Sie hatte leuchtende, dunkle Augen und legte ein gebieterisches Verhalten an den Tag, das bei ihren Untergebenen keinen Zweifel erlaubte, wer das Sagen hatte.
    »Wir freuen uns, daß Sie kommen konnten, Herr Vizepräsident«, sagte sie vor der Tür zu seinem Quartier. »Wir hoffen, daß Sie Ihren Aufenthalt bei uns zufriedenstellend finden werden.« Für einen Augenblick schienen ihre Augen etwas mehr zu versprechen. »Ihre Leute haben meine Nummer«, sagte sie. »Bitte geben Sie mir Bescheid, wenn ich helfen kann.«
    »Das werde ich«, sagte Charlie. Er war Junggeselle, und was er an seinem politischen Erfolg wirklich bedauerte, war die Aufmerksamkeit der Medien, die es ihm beinahe unmöglich machte, ein normales Leben zu führen.
    Evelyn Hampton trug die förmliche Version einer Uniform der Mondbasis – weiße Bluse, marineblaue Jacke, Hose und Halstuch. Auf den Schmucksaum einer Tasche waren ihr Name und das Emblem der Mondbasis gestickt, das Armstrong Memorial. »Wir geben nach der Zeremonie ein Mittagsbankett«, sagte sie. »Wir hoffen, daß Ihr Zeitplan Ihnen erlaubt, daran teilzunehmen.«
    »Natürlich«, sagte Charlie. »Das möchte ich nicht versäumen.«
    Seine Wohnung befand sich in Grissom Country, der für ranghohes Personal und auf Besuch weilende VIPs reservierten Sektion. Das Quartier war geräumiger, als Charlie erwartet hatte: Ihm standen zwei ziemlich große Zimmer zur Verfügung, dazu ein Bad und eine kleine Küche. Zur Ausstattung gehörten ein Schreibtisch, ein kompakter Konferenztisch, zwei kleine Stühle, ein Bücherschrank (jemand war so aufmerksam gewesen, ihn mit aktuellen Romanen
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