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Mondscheinjammer

Mondscheinjammer

Titel: Mondscheinjammer
Autoren: Marie Hoehne
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Ashley… Ashley war ein anderes Kapitel. Ich lehnte mich nachdenklich zurück in den Sitz und schloss die Augen. Der Fahrwind wehte mir um die Nase, und ich genoss für einen Moment die warmen Strahlen der Sonne auf meinem Gesicht. Erst als Vanessa mit quietschenden Reifen in der Einfahrt unseres Hofs zum Stehen kam, öffnete ich sie wieder. Staub wirbelte auf und Jerry, unsere kleine Promenadenmischung, sprang kläffenden um das Auto herum.
    "Was willst du jetzt machen? Ich meine, mit dem da?" Vanessa deutete auf die kleine Kiste auf meinem Schoß. Zwei Schneidezähne erschienen am Rand der kleinen Luftlöcher und dehnten sie gefährlich weit.
    "Als erstes werde ich ihm ein schöneres Zuhause suchen und dann…" Ich zögerte. "Dann werde ich ihn Manfred nennen."
     
    Meine Mutter saß in der Küche und tippte etwas in ihren Laptop, als ich hereinkam und Manfred vor sie auf den Tisch stellte.
    "War's schön?" Sie sah nicht einmal auf.
    "Großartig." Ich wusste, dass ihr meine Ironie nicht entgangen war, doch sie war so vertieft in ihre Arbeit, dass sie nicht nachfragte.
    "Was schreibst du?", wollte ich wissen, während ich einen Blick über ihre Schulter warf.
    "Nichts Besonderes." Sie seufzte. "Dein Vater isst heute übrigens bei den Hudsons, wir können also machen, was wir wollen." Sie sah noch immer nicht auf, sondern tippte munter weiter. Vielleicht schrieb sie wieder an einem ihrer Artikel über das Leben auf dem Land. Seit einiger Zeit verfasste sie eine Art Kolumne. Niemand wusste, ob sie jemals abgedruckt werden würde, aber es war ihre ganz eigene Art mit dem Umgebungswechsel umzugehen.
    "Super, ich hab eh keinen Hunger. Ich hatte so ein Ding in der Schule."
    "Ein Ding?" Nun endlich hob sie den Blick und sah erst mich und dann Manfred an.
    "Ja, irgendetwas Undefinierbares. Keine Ahnung, ich weiß nicht mal, wonach es geschmeckt hat." Ich holte ein Glas aus dem Schrank und goss mir etwas Milch ein. Es wunderte mich nicht, dass mein Dad es vorzog, bei den Hudsons zu essen, Mom konnte wirklich nicht kochen.
    "Du meinst mein Hähnchensandwich?"
    "Ah, das war es also." Ich musste mir ein Lachen verkneifen, doch als ich sah, dass es auch um ihre Mundwinkel verdächtig zuckte, gab ich auf.
    "Wo ist Cal?"
    "Der liegt schon im Bett."
    "Wie bitte? Es ist noch nicht mal fünf!" Alarmiert starrte ich auf die große Wanduhr, die mit stoischer Ruhe gleichmäßig vor sich hin tickte. Cal ging nie vor neun ins Bett.
    "Ich musste ihn heute früher von der Schule abholen. Ihm geht es nicht sonderlich gut. Ich glaube, er hat sich was eingefangen."
    "Was eingefangen? War er wieder im See schwimmen?"
    "Natürlich war er im See schwimmen, Lily. Es ist immer noch Sommer. Nicht jeder sitzt bei dem schönen Wetter den freien Tag über vor seinem Computer."
    "Glashaus." Ich grinste sie an, und sie warf einen zerknirschten Blick auf ihren Laptop, der noch immer aufgeklappt vor ihr stand.
    Meine Mutter sah jünger aus, als sie war. Mit ihren Einundvierzig Jahren hatte sie noch immer eine sehr mädchenhafte Figur. Ihr volles dunkles Haar umrahmte ihr herzförmiges Gesicht, und ich hatte ihre großen mandelförmigen braunen Augen geerbt, ebenso wie die leichten Sommersprossen in meinen sonst recht blassen Gesicht, die sich Dank der intensiven Sonne nun auch unbarmherzig auf meinen Armen und Schultern ausbreiteten.
    "Apropos Computer, ich werde mal sehen, ob Kim online ist." Ich nahm eine eisgekühlte Cola aus dem Kühlschrank und öffnete sie zischend. In New York war es jetzt kurz vor sechs. Kimberly würde sicher schon auf mich warten.
    "Und was ist mit dem da?" Mom wies mit dem Kopf auf Manfred. Der kleine Hamster hockte lautlos in einer Ecke seiner Box, und das schlechte Gewissen traf mich wie ein Schlag. Ich hatte ihn einfach vergessen! "Das ist mein Schulprojekt. Ich geh mal gucken, ob ich in der Scheune nicht irgendwas finde, was zu ihm passt", murmelte ich verschämt und griff nach der Kiste.
    "Oder du fährst zu Dotti und kaufst ihm eine anständige Behausung", schlug Mom vor. "So ein Teil mit Röhrensystem und Laufrad."
    "Fährst du mich hin?" Meine Stimmung hellte sich augenblicklich auf. Manfred würde nicht irgendeine olle Box bewohnen, nein, er würde der Hamster mit dem schönsten Käfig der ganzen Gegend sein. Ach, was sagte ich da? Von ganz Nebraska.
    Ashley würde Augen machen.
     
    "Hast du jetzt noch ein Haustier?" Sam lehnte an der Scheunentür und schob sich lässig seinen Cowboyhut aus dem Gesicht. Obwohl es
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