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Mondscheinjammer

Mondscheinjammer

Titel: Mondscheinjammer
Autoren: Marie Hoehne
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weiteren Widerspruch im Keim.
    Ashley warf mir einen strafenden Blick zu.
    Ich hob abwehrend die Hände. Als hätte ich mich darum gerissen! "Wir müssen uns ja nicht treffen", zischte ich. "Jede macht seinen Anteil."
    Sie nickte.
    "Das wird nicht funktionieren, Lily." Mr. O'Leary hatte mich tatsächlich gehört. "Lest euch in Ruhe die Aufgaben durch, ihr werdet sehen, dass ihr euch zumindest zu zwei oder drei Treffen überwinden müsst. Ich wüsste jedenfalls nicht, wie ihr sonst die Aufgabe zu meiner Zufriedenheit bewältigen wollt und ihr möchtet doch sicher eine gute Note haben, oder?"
    War das ein Grinsen? Grinste dieser gemeine Mensch wirklich?
    Fassungslos sah ich ihn an und was machte er? Er zwinkerte mir zu!
     
    "Ich kann es nicht fassen, dass Mr. O'Leary mir das antut." Seufzend ließ ich mich auf den Beifahrersitz von Vanessas altem Chevy fallen. Ich hatte ihr bereits auf dem Weg über den Parkplatz erzählt, wie Ashley versucht hatte, mich die restliche Biologiestunde über mit Hilfe von Blicken zu töten, oder zumindest für die nächsten Wochen außer Gefecht zu setzen. Glücklicherweise schien das eines der wenigen Dinge zu sein, was sie noch nicht wirklich gut beherrschte.
    Am Ende des Unterrichts war sie ohne ein weiteres Wort mit einem der beiden Hamster aus dem Raum marschiert und hatte dabei so etwas wie: "Du wirst schon sehen, was du davon hast" gezischt.
    "Ashley war gar nicht immer so biestig." Vanessa legte den ersten Gang ein und ließ den Wagen langsam über den Platz rollen. In einiger Entfernung stand Gregs Auto und über den geöffneten Kofferraum beugte sich gerade ein mir wohlbekannter blonder Mädchenkopf.
    "Greg fährt sie nie nach Hause." Vanessa war meinem Blick gefolgt. "Sie will das nicht. Ich glaube, das reizt ihn an ihr. Früher hat Ashley immer viele Partys gegeben, damals hat sie sogar mich ab und zu eingeladen." Sie lächelte versonnen und rückte dabei ihre viel zu große Sonnenbrille zurecht. "Aber seit das mit Xander passiert ist…"
    "Wer ist Xander?" Ich konnte den Blick nicht von den beiden lassen. Ashley hatte sich aufgerichtet und fuhr sich lachend durch ihr blondes langes Haar, während Greg spielerisch versuchte, sie an sich zu ziehen.
    "Ashleys Bruder."
    "Sie hat einen Bruder?" Ich warf Vanessa einen fragenden Blick von der Seite zu. Der Fahrtwind wehte ihr das lange schwarze Haar ins Gesicht. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Schmollmund und sie zögerte, ehe sie antwortete.
    "Hatte… Ashley hatte einen Bruder. Xander war etwas älter als sie, zwanzig, glaube ich… Ein süßer Kerl und echt nett." Sie seufzte schwer.
    "Was ist passiert?"
    "Es war ein Unfall. Nicht hier, in Seattle. Dort hat er studiert. Xander war ein echt cooler Typ. Natürlich auch total sportlich, aber nicht so ein Angeber. Ein bisschen wie Greg. Manchmal frage ich mich, ob Ashley ihren Bruder in ihm sieht."
    "Die Vorstellung ist irgendwie gruselig." Ich konnte mir den Kommentar nicht verkneifen, auch wenn mir Ashley mit einem Mal irgendwie Leid tat. So etwas musste ja verstörend wirken. Unwillkürlich dachte ich an Cal und bekam einen dicken Kloß im Hals. Mein kleiner Bruder konnte schrecklich nervig sein, aber für keinen Preis der Welt hätte ich auf ihn verzichten wollen.
    "So habe ich das nicht gemeint", wehrte Vanessa sofort ab. "Und doch… sie lässt ihn nicht ran. Also Greg. Ich habe Joanne und Kylie darüber reden hören. Ich glaube, das ist es auch, was Greg so anturnt. Jungs sind eben seltsam."
    "Und wann ist das passiert… das mit Xander?", hakte ich neugierig nach.
    "Letztes Jahr im März, denke ich. Meine Eltern waren gerade dabei, sich gegenseitig unsere Einrichtungsgegenstände an den Kopf zu werfen. Dad wohnte schon nicht mehr bei uns und wollte ein paar Möbel mitnehmen, doch Mom… na ja, wollte sie nicht kampflos hergeben." Ein bittersüßer Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. "Ich erinnere mich noch, dass die beiden gerade dabei waren, die Motorsäge im Garten anzuwerfen, als Ashley schreiend zu Greg hinübergerannt kam. Sie weiß nicht, dass ich sie gesehen habe. Ich saß oben an meinem Fenster. Sie hat nicht aufgehört zu weinen. Es war schrecklich."
    Ich nickte verständnisvoll.
    "Seitdem hat sie sich verändert. In der Schule gibt sie das Biest, aber irgendwie… hat sie sich auch zurückgezogen. Ihre Eltern hab ich seitdem auch kaum noch gesehen. Ihr Dad ist Arzt in Milbourne."
    "Traurig." Mehr konnte ich nicht sagen. Ich hatte Xander ja nicht gekannt, und
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