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Mondlicht steht dir gut

Mondlicht steht dir gut

Titel: Mondlicht steht dir gut
Autoren: Mary Higgins Clark
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mit Erde zu bedecken?
Ja, er war eindeutig so geisteskrank.
Neil begann, kreuz und quer über den Bauplatz zu laufen und dabei laut nach Maggie zu rufen. Bei einem offenen Grab rutschte er aus, stürzte hinein und vergeudete kostbare Minuten mit der Anstrengung, irgendwie Fuß zu fassen, um wieder herauszuklettern. Doch selbst dabei brüllte er weiter ohne Unterlaß: »Maggie … Maggie … Maggie …«
    Träumte sie? Maggie zwang sich, die Augen aufzuschlagen. Sie war so müde. Es war eine zu große Anstrengung. Sie wollte nur noch schlafen.
    Sie konnte ihre Hand nicht mehr bewegen; sie war so steif und geschwollen. Sie konnte nicht mehr schreien, aber das war egal. Da war niemand, der sie hören konnte.
    Maggie … Maggie … Maggie …
Sie glaubte, ihren Namen zu hören. Es klang wie Neils Stimme. Aber er kam zu spät.
    Sie versuchte zu rufen, aber kein Ton kam aus ihrer Kehle. Es gab nur noch eins, was sie versuchen konnte. Mit qualvoller Mühe ergriff sie mit den Fingern der rechten Hand ihre linke und zwang sie, sich auf und ab zu bewegen, auf und ab …
    Undeutlich spürte sie an dem Ziehen der Schnur, daß die Glocke sich bewegen mußte.
Maggie … Maggie … Maggie …
Wiederum glaubte sie zu hören, wie jemand ihren Namen rief, nur schien es jetzt schwächer zu sein und so furchtbar weit weg …
Neil schluchzte inzwischen. Sie war hier. Maggie war hier! Er war sich absolut sicher! Er konnte ihre Anwesen heit spüren. Aber wo? Wo war sie? War es zu spät? Er hatte fast das gesamte aufgebaggerte Gelände abgesucht. Sie konnte unter irgendeinem dieser Erdhügel begraben sein. Maschinen wären dazu nötig, sie aufzugraben und beiseite zu räumen. Es gab so viele davon.
Seine Zeit lief ab. Und ihre genauso. Das spürte er einfach.
»Maggie … Maggie …«
Er blieb stehen und blickte sich verzweifelt um. Plötzlich fiel ihm etwas auf.
Die Nacht war still. Es regte sich nicht mal ein Lüftchen, um ein einziges Blatt in Bewegung zu versetzen. Doch dort drüben ganz hinten an der Ecke der Baustelle, fast versteckt hinter einem der riesigen Erdhaufen, schimmerte etwas im Mondlicht. Und es bewegte sich.
Eine Glocke. Sie bewegte sich hin und her. Jemand versuchte vom Grab aus ein Zeichen zu geben. Maggie!
Neil rannte drauflos, stolperte um offene Gruben herum, erreichte die Glocke und sah, daß sie an einem Rohr befestigt war, dessen Öffnung fast vollkommen mit feuchter Erde verstopft war.
Mit den Händen fing er an, den Dreck ringsum abzukratzen, er kratzte und grub und schluchzte.
Vor seinen Augen kam die Glocke zum Stillstand.
    Chief Brower und Detective Haggerty saßen im Streifenwagen, als ihnen der Anruf von Robert Stephens übermittelt wurde. »Zwei von unsern Leuten haben die Verfolgung des Jaguars aufgenommen«, erklärte die Beamtin an der Zentrale. »Aber Stephens glaubt, daß die Vermißte möglicherweise auf dem Gelände von diesem Freiluftmuseum vergraben worden ist.«
    »Wir sind fast da«, sagte Brower. »Schicken Sie sofort einen Rettungswagen und das nötige Gerät für einen Noteinsatz dorthin. Mit ein bißchen Glück brauchen wir beides.« Er beugte sich vor. »Sirene anstellen«, befahl er.
    Als sie eintrafen, stießen sie auf Neil, wie er seine Hände wie Schaufeln benutzte und in dem feuchten Lehmboden grub und kratzte. Einen Moment später waren Brower und Haggerty an seiner Seite, und ihre kräftigen Hände schlossen sich der Anstrengung an, und sie gruben und gruben und gruben.
    Unterhalb der Oberfläche wurde die Erde etwas lockerer, war weniger dicht zusammengedrückt. Endlich drangen sie zu dem glänzenden Seidenholz vor. Neil sprang in die Grube hinein, schabte den Dreck von der Sargoberfläche ab und schleuderte ihn beiseite. Endlich riß er das verstopfte Lüftungsrohr heraus und wischte die Öffnungsstelle frei.
    Während er sich an die Seite des breiten Grabs schob, schaffte er es, seine Finger unter den Sargdeckel zu zwängen, und mit übermenschlicher Anstrengung wuchtete er ihn teilweise hoch. Mit seiner linken Schulter hielt er ihn in dieser Position, während er hineingriff, Maggies leblosen Körper packte und ihn zu den eifrigen Händen hochhob, die sich ihm von oben entgegenstreckten.
    Als ihr Gesicht das seine streifte, sah er, daß sich ihre Lippen bewegten, und dann hörte er ein schwaches Flüstern:
    »Neil … Neil …«
»Ich bin ja da, Liebling«, sagte er, »und ich lasse dich nie wieder los.«

SONNTAG, 13. OKTOBER

93
    Fünf Tage später fuhren Maggie und Neil zum
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