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Mörderischer Blues

Mörderischer Blues

Titel: Mörderischer Blues
Autoren: Carter Brown
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meinte Muscat und schaute überall anders hin, nur nicht in Aprils Gesicht.
»Du bist diejenige, die mir entkommen ist«, fügte er hinzu.
    »Und dies ist Danny Boyd von
Glorias Studio«, fuhr Ellen fort.
    »Der?« Muscat wischte meine
Existenz mit einer einzigen, alles sagenden Bewegung seiner Trompete hinweg.
»Diesen von der Herde ausgestoßenen kastrierten Bullen möchte ich nicht mal
kennenlernen«, ergänzte er taktvoll.
    »Diese beiden Gentlemen«, sagte
Ellen rasch und deutete mit dem Zeigefinger auf Fort Knox und den Jockei, »sind
eigentlich gekommen, um ein Grab zu schaufeln, aber dann sind sie hier
hängengeblieben.«
    Der Muskelmann räusperte sich.
    »Ich bin Murphy«, knirschte er.
»Aber sie nennen mich Fleischklops.« Spielerisch stieß er den Kleinen neben
sich ein wenig in die Seite, daß der krachend gegen eines der dicken
Glasfenster flog. »Und das ist Fingers Malloy . Wir
haben mit diesem Woolrich geschäftlich zu sprechen.«
    Fleischklops war ja genau die
richtige Bezeichnung für diesen muskelstrotzenden Gorilla — aber Fingers? Es
ließ mir keine Ruhe.
    »Wie kommt er zu dem Namen
Fingers?« fragte ich.
    Der Kleine holte eine Geldbörse
aus der Hüfttasche und hielt sie Muscat unter die Nase.
    »Haben Sie die schon mal
gesehen?« fragte er mit seiner Kinderstimme.
    Mullins hatte in seinem Zustand
Mühe, seinen Blick auf den Gegenstand zu konzentrieren, aber nach einer Weile
schaffte er es.
    »He«, knurrte er. »Das ist
meine verdammte Geldbörse!«
    »Stimmt«, meinte Fingers Malloy und grinste mir zu. »Wissen Sie jetzt, warum ich
Fingers heiße?«
    »Sie brauchen noch einen Drink,
Danny«, sagte Ellen süß. »Heute scheint nicht Ihr bester Tag zu sein, oder?«
    Ich trank noch eine ganze Menge
im Verlauf der nächsten Stunde, und die anderen taten es auch, mit Ausnahme von
April Showers . Irgendwann begann Muscat wieder
Trompete zu blasen. Ich erkannte die Improvisation über ein bekanntes Thema,
fand mich aber dann nicht mehr zurecht, als er über seine Improvisation
improvisierte. Aber wen kümmerte das schon, solange er überhaupt spielte?
Zwischendurch trank er immer wieder, und wenn man ihm so dabei zusah, hatte man
den Eindruck, er feiere seine Wiederauferstehung.
    Niemand bemerkte den
Neuankömmling, bevor die Tür des Ruderhauses krachend ins Schloß fiel. Aber
dann wurde es plötzlich still, und jeder, sogar Muscat, starrte ihn an.
    Es war ein großer, athletisch
aussehender Mann in den Mittvierzigern, mit einem gestutztem Schnurrbart und
jener Atmosphäre von Autorität, wie sie Millionäre in der zweiten Generation
und Oberkellner um sich verbreiten. Er trug einen feinen, maßgeschneiderten
grauen Anzug und den dazu passenden grauen Homburg. Wie er so dastand, sah er
aus, als hätte er Klasse, so viel Klasse, wie einer, der keinen Rolls-Royce
mehr kauft, seit die Firma damit begonnen hat, zu annoncieren.
    »Guten Abend«, sagte er
höflich. »Ich suche Mr. Woolrich— Edward Woolrich den Zweiten, genauer gesagt.«
    »Er ist nicht zu Hause,
Partner«, erwiderte Fleischklops Murphy einfühlsam. »Aber sein Whisky ist noch
nicht alle. So nimm einen Drink.«
    »Danke.« Seine Stimme hatte
einen kultivierten Akzent, aber es lag auch was drin, was ich nicht definieren
konnte, und das wurmte mich ein bißchen.
    »Ich bin genau das Mädchen, das
Ihnen einen Drink machen wird«, verkündete Ellen Fitzroy enthusiastisch. »Sie gehören auf Platz Nummer eins in meine
Mann-der-Woche-Tabelle. Sie sind eine Wucht!«
    »Danke sehr«, antwortete er
ernst. »Ich würde einen Old Fashioned vorziehen.« Er
musterte sie. »Sie sind doch sicher Ellen Fitzroy ,
das Mädchen, das im Samba Club singt?«
    »He, Sie müssen einer meiner
Verehrer sein!« Sie schenkte ihm einen heißen Blick und holte gleichzeitig tief
Luft. Eine hoffnungsvolle Sekunde lang glaubte ich, daß der Bikinibüstenhalter
den Druck nicht aushalten und sie sich ihm ganz unverfälscht zeigen würde, aber
verdammt noch mal, er hielt den Druck aus.
    Ellen machte den Old Fashioned zurecht und gab ihm das Glas. Es war ihr
anzusehen, daß der Bursche der Traum ihrer schlaflosen Nächte war; wenigstens
tat sie so.
    »Kommen Sie oft in den Samba
Club?« fragte sie ermunternd.
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nur selten«, antwortete er.
»Aber ich bin der Eigentümer, verstehen Sie?«
    »Der Club gehört Ihnen?« Ellen
blickte ihn erstaunt an. »Aber er gehört doch Edward Woolrich!«
    »Gehörte, und zwar bis gestern nachmittag drei Uhr«,
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