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Mörderischer Auftritt

Mörderischer Auftritt

Titel: Mörderischer Auftritt
Autoren: Anne George
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der Treppe, war das riesige Foyer mit dem Kamin und den runden Samtbänken, in dem Schwesterherz und ich so viel von unserer Bildung erfahren hatten. Nach drei Vierteln des Weges abwärts machte die Treppe jedoch eine Biege. Dort befand sich ein Absatz mit einer Tür. Ich hatte sie bislang nicht wahrgenommen. Aber heute stand diese Tür offen, und der Gang, der von ihr abführte, war erleuchtet.
    »Hier lang«, sagte Schwesterherz. »Ich kann mich nicht erinnern, dass das hier war. Du?« Ich gab zu, dass es mir genauso ging.
    Sie hielt an und blickte sich um. »Lass mal sehen. Letztes Mal kamen wir von der Bühne, sodass es da hinten am Ende des Gangs sein sollte. Kommt dir hier irgendetwas vertraut vor?«
    Ich schüttelte den Kopf. Es sah einfach nach einem Gang mit einem Haufen Türen aus. »Vielleicht sind hier die Garderoben der Stars. Als das Gebäude gebaut wurde, hatten sie ja auch noch ein Varité.« Ich klopfte leise an einer Tür und öffnete sie. Eine Besenkammer.
    »Sie dürften weiter hinten sein, näher an der Bühne.«
    Ich schloss die Tür und folgte Schwesterherz ohne die leiseste Angst. Über uns war Anna dabei, jemanden zu heiraten. Hoffentlich jedenfalls. Es war mit Sicherheit eine hübsche Szene auf dieser Bühne, mit all diesen Mädchen in ihren pastellfarbenen Vorkriegskleidern und -hüten. Was wohl die Männer trugen? Ihr Vater hatte einen schmucklosen Smoking angehabt. Ich war schon einmal auf einer dieser altertümlichen Südstaatenhochzeiten gewesen, auf der die Brautführer nachgemachte Konföderiertenuniformen trugen, die manchmal blau waren, weil Grau so farblos wirkte. Aber sie hatten immer Schwerter gehabt. Die Frischvermählten marschiertenunter den Schwertern hindurch, während die Fotografen Bilder machten. Echte Schwerter. Was mich wahnsinnig nervös machte. Ein unachtsamer Brautführer, und die Hochzeit wäre nur von kurzer Dauer.
    »Hier.« Schwesterherz stoppte, und ich lief direkt in sie hinein. »Verdammt, Maus. Pass auf, wohin du gehst.« Sie zog ihren Schuh zurück, auf den ich getreten war. »Ich denke, es ist einer von diesen Räumen.« Sie deutete mit dem Finger. »Da sind die Treppen, die wir neulich heruntergekommen sind.«
    »Vielleicht gibt es da immer noch ein Polizeiabsperrband«, sagte ich.
    »Oh, das bezweifle ich. Abgesehen davon schauen wir uns ja nur auf dem Fußboden um.«
    Ich nieste. »Himmel, sie sollten hier mal mit Staubentferner über diese Böden gehen. Schau dir diese lustigen Staubmäuse an.« Ich trat beiläufig gegen eines der größeren Staubknäuel, die sich an der Wand breitgemacht hatten. Es flog aber nicht beiseite, wie es eigentlich hätte der Fall sein sollen. Ich beugte mich vor und sah es an.
    »Was ist los?«, fragte Schwesterherz.
    Ich stieß erneut gegen den gräulichen Staub. Das ganze Ding bewegte sich.
    »Was ist das? Eine tote Maus?«, fragte sie. »Gott, da bekomme ich Gänsehaut.«
    Ich hockte mich hin und untersuchte, was ich da für eine Staubmaus gehalten hatte. Lange graue Haare, stellte ich fest, die an einem kleinen Stück getrockneter Haut hingen.
    »Hast du eine Pinzette dabei?«, fragte ich.
    »Wofür? Was hast du vor?«
    »Das hier aufzulesen.«
    »Warum? Hast du den Verstand verloren?«
    »Nein, verdammt. Aber das sieht nach einem Stück von Maurice aus.«
    »Dem Grizzlybären?«
    »Gib mir eine Pinzette.«
    Sie tastete in ihrer Handtasche herum, während sie jammerte, ich hätte nicht mehr alle beisammen, und dass ich die Beulenpest bekäme, weil die von Ratten übertragen würde. Und ich solle sie besser nicht damit anstecken. Gleichwohl reichte sie mir eine Pinzette, wich aber zurück, während ich den Fetzen aufhob und untersuchte. Es würde keines Forensikers bedürfen, um sagen zu können, dass dies ein Stück getrocknetes Fell mit langen, grauen, an den Spitzen silbernen Haaren war.
    »Schau«, sagte ich und hielt Schwesterherz die Pinzette hin. »Ich bin mir sicher, dass das Maurice ist.«
    Sie fuhr zurück. »Vielleicht wurde jemand skalpiert. Oder das Fell ist von einem Kostüm abgerissen.«
    Aber ich wusste, wonach es aussah. Ich stand auf und sah mich um. Das meiste von dem, was ich für Staub gehalten hatte, waren Tierhaare. Es waren auch ein paar Teile dabei, die dem ähnelten, das ich mit der Pinzette hielt.
    »Wir müssen die Polizei anrufen«, sagte ich. »Wenn Maurice umgestoßen wurde, als Dusk entführt wurde, dann könnte sie hier irgendwo sein.«
    »Du sagtest doch, laut Bernice habe er ausgesehen,
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