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Mörderische Harzreise (German Edition)

Mörderische Harzreise (German Edition)

Titel: Mörderische Harzreise (German Edition)
Autoren: Helmut Exner
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vielleicht Ställe ausmisten?«
    »Mama, reg dich nicht auf«, warf nun Beate ein, während Lilly erwiderte: »Nun, es gibt sicherlich auch bequemere Jobs in der Landwirtschaft. Buchhaltung, Fördergelder beantragen, Eier reinigen. Und auch gute Vogelscheuchen werden immer gesucht.«
    Während Hans-Ulrich in lautes Gelächter ausbrach, sagte Elvira: »Also, das muss ich mir nicht bieten lassen. Was mein Schwiegersohn und seine Verwandtschaft so für Freunde haben.«
    Elvira konnte ganz gut von dem leben, was ihr Mann ihr hinterlassen hatte. Und Hans-Ulrich hatte sich vor etlichen Jahren als Importeur für Kaviar selbstständig gemacht. Seine drei Angestellten schmissen den Laden auch ohne ihn, sodass er reichlich Urlaub machen konnte. Zwischendurch hatte er mal eine weitere Firma eröffnet: eine Beschimpfungsagentur. Leute, die gern mal mit jemandem Klartext reden wollten, sich selbst aber nicht trauten, konnten die Agentur beauftragen und einen entsprechenden Text vorgeben. Und dann gingen zwei Mitarbeiter zu dem Empfänger der Botschaft, um diese zu übermitteln. Hans-Ulrich hatte sehr freundliche, seriös auftretende Leute engagiert, die diese Arbeit übernahmen. Sie gingen an die Tür des Betreffenden, grüßten freundlich und der eine sagte dann: Wir kommen im Auftrag von Herrn/Frau XYZ, um Ihnen eine Nachricht zu übermitteln. Gegebenenfalls wollte der Auftraggeber auch anonym bleiben, um etwaigen Beleidigungsprozessen aus dem Weg zu gehen. Dann las der Mitarbeiter den Text vor: Sie sind der größte Idiot, der mir je untergekommen ist. Dick, faul, gefräßig, außerdem ein Intrigant und ein Hornochse der Sonderklasse. Und Ihre Frau treibt es übrigens mit Ihrem Chef usw. usw. Während der eine seinen Spruch vorlas, filmte der andere alles, um dem Auftraggeber zu beweisen, dass der Auftrag zur Zufriedenheit ausgeführt worden war. Das war ein lukratives Geschäft, bis es zur ersten Klage wegen Beleidigung kam. Vorher hatte sich ein Mitarbeiter auch schon mal eine kräftige Ohrfeige eingefangen. Die Idee war zwar gut und der Markt überraschend groß für eine solche Dienstleistung. Außerdem hatte Hans-Ulrich einen diebischen Spaß an dieser Arbeit. Aber wenn es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kam, wurde der Gewinn schnell wieder aufgefressen. Da konzentrierte sich Hans-Ulrich lieber wieder auf das Kaviar-Geschäft. Bei den vielen Reichen im Frankfurter Raum, wo er wohnte, war das eine sichere Sache.
    Beate hatte schlichtweg keine Lust zu arbeiten. Sie machte auch gar keinen Hehl daraus. Für sie war es selbstverständlich, dass ihr Mann für sie sorgte. Und dass sich kein Nachwuchs eingestellt hatte, kümmerte sie mittlerweile auch nicht mehr. Abgesehen vom Problem der Langeweile war sie einigermaßen zufrieden.
    Plötzlich erscholl die durchdringende Stimme von Frau Kuhfuß: »Essen ist fertig. Alle reinkommen!«
    Elvira erschrak angesichts des Kommandotons und erhob sich schwerfällig, wobei sie im Hineingehen noch vor sich hin schamfutterte: »Das Personal ist unverschämt, die Freunde beleidigend. Na, das mag ja ein toller Urlaub werden.«
    Frau Kuhfuß hatte einen herrlichen Rinderbraten auf den Tisch gestellt. Dazu Pilze, geschmorte Bohnen und Salat. Elvira fraß wie ein Scheunendrescher. Lilly verabschiedete sich nach dem Essen, um noch Wurstspezialitäten in Braunlage zu besorgen und der Buchhandlung einen Besuch abzustatten. Ferdinand würde sie telefonisch auf dem Laufenden halten.
    Hans-Ulrich begleitete Lilly zum Auto. Bevor sie einstieg, sagte er: »Tante Lilly, ich brauche mal einen Menschen mit klarem Verstand. Zum Reden. Eine neutrale Person sozusagen. Mir fällt niemand ein außer dir.«
    »Meinst du vom klaren Verstand her oder von der Neutralität?«
    »Beides. Außerdem bist du ein ehrlicher Mensch. Du sagst immer frei heraus, was du denkst, auch wenn das vielleicht nicht jeder hören mag.«
    »Du eierst ganz schön rum. Was hast du verbrochen? Eine Jungfrau geschwängert? Und jetzt weißt du nicht, ob du es deiner Frau sagen sollst oder nicht?«
    »Tante Lilly! Woher…? Um Himmels Willen, woher…?«
    »Habe ich also richtig getippt?«
    »Verdammt. Äh!«
    »Willst du jetzt hier am Auto beichten oder in aller Ruhe bei mir zu Hause?«
    »Äh…«
    »Das sagtest du bereits.«
    »Ach Mensch. Wenn es dir Recht ist, komme ich in den nächsten Tagen mal zu dir. Ich rufe an.«
    »Tu das. Nur blöd, dass du mich nicht vorher um Rat gefragt hast. Dann hätte ich dir nämlich empfohlen, die
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