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Mörderische Harzreise (German Edition)

Mörderische Harzreise (German Edition)

Titel: Mörderische Harzreise (German Edition)
Autoren: Helmut Exner
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kleinen Gummidinger, die so praktisch sind…«
    »Tante Lilly, das weiß ich auch. Ich hatte so was ja auch in der Tasche. Aber…«
    »In der Tasche nutzen Kondome leider nichts. Man muss sie sich schon über den Schniedelwutz ziehen.«
    »Mein Gott, ist das peinlich.«
    »Bestimmte Peinlichkeiten können dir jetzt nicht mehr erspart bleiben. Also komm zu mir. Dann analysieren wir den Fall und finden eine Lösung. Aber glaube nicht, dass ich dabei viel Rücksicht auf dich nehme. Viel wichtiger ist es, Rücksicht auf Kind und Mutter zu nehmen.«
    »Ja, natürlich.«
    Sie umarmten sich kurz und Lilly fuhr ins Zentrum des Städtchens. Für Hans-Ulrich war sie stets eine mütterliche Freundin gewesen. Wann immer er seinen Onkel besuchte, musste er Lilly sehen. Mit seiner eigenen Mutter konnte er nicht so offen reden. Sie war eine überforderte Frau, die Anfang der siebziger Jahre mit Hans-Ulrich und Ella aus Mexiko zurück nach Deutschland gekommen war, weil sie mit ihrem Mann nicht mehr leben wollte und von dem fremden Land genug hatte. Und seinen Vater hatte er seitdem nie wieder gesehen. Er starb zehn Jahre später. Es gab Gerüchte, dass er im Drogenhandel tätig gewesen war. Außerdem soll er wieder geheiratet und mit der neuen Frau ein Kind in die Welt gesetzt haben. Ferdinand hatte seine Schwägerin seit dieser Zeit finanziell unterstützt, damit die beiden Kinder nicht unter der Unfähigkeit der Eltern leiden mussten. Sein Onkel war zwar ein gutmütiger Mensch, aber doch irgendwie distanziert. Jedenfalls konnte er mit ihm nicht offen reden. Und gute Freunde, denen er sich anvertrauen konnte, hatte er nicht. Er hatte praktisch nur seine Frau, die sich lieber mit ihren eignen komfortablen Sorgen beschäftigte, und seine dominante, poltrige Schwiegermutter.

Lautenthal: Amadeus und Marie

     
    Als Lilly in die Einfahrt ihres Grundstücks in Lautenthal fuhr, sah sie den Wagen ihres Großneffen Amadeus davor stehen. Na, das ist ja eine Überraschung, dachte sie. Sie freute sich. Amadeus, inzwischen Mitte dreißig, war seit seinem zwölften Lebensjahr von Lilly aufgezogen worden, nachdem seine Eltern spurlos verschwunden waren. Er war ein lebensfroher Mensch mit einem ungewollten Hang zur Komik. Ständig passierten ihm die albernsten Sachen. Seine Tollpatschigkeit war inzwischen legendär. Mal lancierte er einer Lehrerin eine Bratwurst mit Senf in den Ausschnitt, mal fiel er während einer Italienreise – sogar zweimal kurz hintereinander – nackt vom Dach oder verhedderte den Rock einer fremden Frau in seinem Hosenschlitz. Bei seiner Hochzeit fielen die Ringe auf den Boden und er stieß mit der Pastorin beim Suchen mit dem Kopf zusammen. So ging das ständig. Ein Höhepunkt in Amadeus´ langer Liste unfreiwilliger Missgeschicke war zweifelsohne der Abend, als er bei einem festlichen Anlass mit dem Stuhl schaukelte und sich dann beim Fallen an das Tischtuch klammerte, um alles, was sich auf dem Tisch befand, innerhalb von Sekunden klirrend auf den Fußboden zu befördern. Gott sei Dank hatte er eine liebenswerte Frau, Marie, die das alles mit Humor und gelegentlichem Haareraufen nahm. Amadeus war Jurist geworden, und Marie arbeitete in der Hotelbranche. Sie wohnten in Goslar, wo Amadeus inzwischen in einem kleinen, weltweit agierenden Unternehmen arbeitete und sich um die Ausarbeitung internationaler Verträge kümmerte. Vorher war er Provinzanwalt in Clausthal-Zellerfeld gewesen, wie seine Großtante es bezeichnete. Aber er hatte die Schnauze voll von Ehekriegern, zänkischen Nachbarn und Autounfällen. Amadeus war mittelgroß und blond. Er sah aus wie ein großer Junge und benahm sich auch so. Wenn seine berufliche Stellung und seine juristische Ausbildung von ihm Ernsthaftigkeit verlangten, wirkte dies oft ungewollt komisch. Jedes Mal, wenn er anfing zu moralisieren, schmetterte Lilly ihn ab, indem sie ihn zum Beispiel als Chauvinisten, Korinthenkacker oder juristisch verdorbenen Möchtegern-Apostel bezeichnete. Aber sie wusste schon, was sie an ihm hatte. Er war ein feiner Kerl und ihr einziger naher Verwandter. Im Grunde empfand sie für ihn wie für ein eigenes Kind.
    Marie war eine liebenswerte, junge Frau, dunkelhaarig und ein Stück größer als Amadeus. Vor ein paar Jahren war sie an Walpurgis entführt worden. Letztendlich war es dem Einsatz von Lilly zu verdanken gewesen, dass sie in letzter Sekunde gerettet werden konnte.
    Da kamen die beiden ums Haus. Sie hatten wohl im Garten gesessen und
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