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Mörderische Harzreise (German Edition)

Mörderische Harzreise (German Edition)

Titel: Mörderische Harzreise (German Edition)
Autoren: Helmut Exner
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Tätigkeit fand überwiegend am Schreibtisch statt, oftmals auch in Besprechungsräumen von Banken oder in Hotelzimmern. Aber er fühlte sich zunehmend unsicher. Leute wie er wurden mehr und mehr von den Großen gefressen. Zu diesem Zweck musste man sie aber erst mal umbringen. Da wurden schon ganz andere Kaliber liquidiert als er. Seine Entscheidung stand fest. Er würde ein neues Leben anfangen. In Deutschland. Also packte er seine wenigen Habseligkeiten, dazu die hundertfünfzigtausend Dollar, die er eigentlich an einen Drogenhändler namens Barreta hätte abliefern müssen, nahm seinen deutschen Reisepass und zog sich die weiße Mönchskutte an, die er sich besorgt hatte, um im Fall eines Falles nicht gleich erkannt zu werden. Auf weiteres Gepäck verzichtete er, um nicht den Anschein zu hinterlassen, er würde fliehen. Dann nahm er ein Taxi zum Flughafen und machte sich auf den Weg nach Deutschland. Mit seinen siebenunddreißig Jahren war er jung genug, um ein neues Leben anzufangen. Er wusste zwar nicht, wo seine Geschwister wohnten, aber immerhin hatte er herausgefunden, dass sein Onkel Ferdinand noch lebte. Und er wusste vor allem, wo. Im Harz. Und zwar in Braunlage, dem Ort, wo seine Familie früher immer die Ferien verbracht hatte. Sein Onkel würde sich bestimmt riesig freuen, ihn kennenzulernen. Vor allem, weil er ja vermutlich gar nicht wusste, dass es ihn überhaupt gab. Verwandte sind doch etwas Wunderbares. Sie tauchen manchmal aus dem Nichts auf, und man ist überglücklich. Man kann jederzeit zu ihnen kommen und fühlt sich wie zu Hause.

Braunlage: Frau Kuhfuß

     
    Frau Kuhfuß hatte heute Kartoffelpuffer gemacht. Dazu gab es frische Heidelbeeren, selbst gepflückt. Hans-Ulrich und Ferdinand hatten großen Appetit. Beate und ihre Mutter waren nur mäßig begeistert. Ein Essen ohne Fleisch war für Elvira einfach zu ärmlich. Sie hatte etwas anderes erwartet. Also fragte sie Frau Kuhfuß:
    »Sagen Sie, wir sind doch hier im Harz. Da müsste es doch möglich sein, mal einen schönen Hirschbraten auf den Tisch zu bekommen.«
    Frau Kuhfuß, die gerade wieder in die Küche gehen wollte, blieb stehen und antwortete: »Natürlich. Das ist meine Spezialität. Nur, dann müssten Sie bis September warten. Denn im Moment ist Schonzeit. Da werden keine Hirsche geschossen.«
    »Aber es gibt doch eingefrorenes Fleisch.«
    »Gibt es. Aber nicht bei mir. Ich bereite nur frisches Fleisch zu.«
    »Gibt es denn keine Möglichkeit, an frischen Hirsch heranzukommen?«
    »Doch. Entweder Sie beauftragen einen Wilddieb. Oder Sie ziehen sich Ihr papageienfarbiges Kleid an und gehen in den Wald. Der erste Hirsch, der Sie in diesem Aufzug sieht, wird sich höchstwahrscheinlich zu Tode erschrecken. Dann bringen Sie mir das Tier, und ich mache einen Braten daraus.«
    Hans-Ulrich prustete vor Lachen. Und auch Ferdinand konnte nicht an sich halten. Beate grinste nur in sich hinein, während Elvira sagte:
    »Wo bin ich hier nur hingeraten? Das Personal ist frech wie Rotz. Und mein Schwiegersohn findet das auch noch lustig.«
    Und an Ferdinands Haushälterin gerichtet: »Sagen Sie, kann man Ihre Klodderschnauze eigentlich auch mieten?«
    Frau Kuhfuß, die gerade wieder hereinkam und einen weiteren Teller Puffer auf den Tisch stellte, antwortete: »Nein. Ich arbeite nur für Herrn Dünnbier. Kochen, putzen, waschen. Die freche Klappe gibt es kostenlos dazu.«
    Sie freute sich darüber, dass sie die Papageiendame offenbar unter der Gürtellinie getroffen hatte. So ein unverschämtes Weibsbild. Sie war extra in den Wald gegangen und hatte drei Stunden lang Heidelbeeren gepflückt, um den Leuten ein schönes Harzer Gericht zuzubereiten. Und diese alte Xantippe meckerte und mäkelte herum, als ob ihr Tütensuppe serviert worden wäre. In der Küche verfiel sie dann in ein Selbstgespräch: »Mach nur so weiter, du albernes Weib. Dann serviere ich dir morgen Katzenfutter aus der Dose. Und wenn du alles runtergeschlungen hast, zeige ich dir die leere Dose, damit du auch weißt, was du gegessen hast.«
    Das war die Art von Frau Kuhfuß, ihrem Ärger Luft zu machen.
     
    Hans-Ulrich hatte heute besonders gute Laune. Am Morgen hatte er einen Anruf von seiner Freundin erhalten, die ihm tränenreich mitteilte, dass alles nur falscher Alarm gewesen war. Sie war doch nicht schwanger. Als Hans-Ulrich sich erleichtert zeigte, titulierte sie ihn als Chauvinistenschwein und wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Es sei aus. Sollte er doch bei
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